rechtskräftig

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Aufzeichnungs- und Aufbewahrungspflichten eines Überschussrechners bei bargeldintensivem Betrieb. Schätzung der Betriebseinnahmen eines Kosmetikstudios. steuerrechtliche Anerkennung eines Ehegattenarbeitsverhältnisses

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Auch bei einer Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 3 EStG sind die Betriebseinnahmen und -ausgaben nachzuweisen. Für bargeldintensive Betriebe, wie einem Kosmetikstudio ist ein detailliertes Kassenkonto oder Kassenbuch zu führen. Dem genügen die nicht mit Kassenendbons o.ä. belegten Aufzeichnungen auf dem handschriftlichen Formblatt „Kasse” der Fa. DATEV bzw. dessen elektronische Form (Kassenerfassung für Office der Fa. DATEV) nicht, wenn diese lediglich die Tageseinnahmen als Summenzahlen und nur rechnerische – nicht mit dem IST-Stand abgeglichene – Beträge ausweisen.

2. Die Schätzung des Beklagten ist nicht zu beanstanden, wenn der Prüfer die Schätzung auf der Grundlage einer möglichst betriebsnahen Methode unter Zugrundelegung einer Reihe begünstigenden Annahmen ordnungsgemäß durchgeführt.

3. Lohnzahlungen einer Kosmetikerin an ihren Ehegatten sind nicht als Betriebsausgaben abzugsfähig, wenn die – lediglich dem Zweck der Schaffung von Betriebsausgaben dienenden – gegenseitigen, zu gleichen Konditionen abgeschlossenen Ehegattenarbeitsverträge unterschiedliche Tätigkeiten beinhalten und der Lohn nicht ausgezahlt, sondern zu 100 % auf einem Zeitwertkonto gutgeschrieben wird.

 

Normenkette

EStG § 4 Abs. 3-4; AO § 162 Abs. 2 S. 2, §§ 145, 146 Abs. 1, §§ 147, 158; UStG § 22; UStDV § 63 Abs. 3 S. 1 Nr. 1

 

Tenor

Die Klage wird als unbegründet abgewiesen.

Die Kosten des Verfahrens werden der Klägerin auferlegt.

 

Tatbestand

Die Klägerin betrieb ein Kosmetikinstitut. …

Die Klägerin ermittelte ihren Gewinn nach § 4 Abs. 3 EStG. Die Gewinnermittlungen wiesen folgende Daten aus (alle Beträge in EUR):

2001

2002

2003

2004

2005

Einnahmen aus Verkauf

41.006

47.599

67.011

45.430

44.504

Einn. aus Behandlung

28.573

28.483

30.073

28.128

26.731

Gehälter

3.776

4.335

4.339

8.331

11.702

Soz. Aufwendungen

3.294

6.086

5.503

24.182

35.454

Gewinn/Verlust

+ 2.909

- 51.524

- 47.649

- 77.024

- 152.637

2007 fand bei der Klägerin für 2003 bis 2005 eine Betriebsprüfung statt. Der Prüfer beanstandete die Aufzeichnungen und nahm erhebliche Zuschätzungen zu den Betriebseinnahmen vor (…). Zudem erkannte er den Lohn des Ehemannes nicht als Betriebsausgaben an (…). Wegen Einzelheiten wird auf den Prüfungsbericht vom 7. Juli 2008 Bezug genommen.

Der Beklagte wertete den Prüfungsbericht aus und erließ am 9. April 2009 geänderte Umsatz- und Gewerbesteuermessbescheide, sowie Bescheide über die gesonderte Feststellung des vortragsfähigen Gewerbeverlustes für 2003 bis 2005. Am 20. April 2009 legte die Klägerin Einspruch gegen die Bescheide ein, den der Beklagte mit Entscheidung vom 25. Januar 2010 als unbegründet zurückwies.

Am 24. Februar 2010 hat die Klägerin Klage erhoben. Sie beantragt,

unter Änderung der Umsatzsteuerbescheide 2003 – 2005 sowie der Bescheide über den vortragsfähigen Gewerbeverlust zum 31. Dezember 2003 – 2005, alle vom 9. April 2009 und in Form der Einspruchsentscheidung vom 25. Januar 2010,

  • ▸ die Umsatzsteuer ohne Zuschätzungen (…) und
  • ▸ den vortragsfähigen Gewerbeverlust ohne die vorgenannten Zuschätzungen und unter Anerkennung der Lohnzahlungen für den Ehemann als Betriebsausgaben (…)

festzusetzen.

Zur Begründung trägt sie Folgendes vor:

Schätzungsbefugnis

Das Finanzamt sei nicht zur Zuschätzung befugt gewesen. Es lege an die Aufzeichnungspflichten des Überschussrechners zu strenge Maßstäbe an. Anders als beim Betriebsvermögensvergleich (§§ 145 ff. AO) fehlten für die Überschussrechnung ausdrückliche Aufzeichnungs- und Aufbewahrungspflichten. Abgesehen von zahlreichen Einzelaufzeichnungspflichten innerhalb und außerhalb des EStG, habe der Überschussrechner bei der Aufzeichnung freie Hand.

Die Finanzverwaltung könne bei nicht ordnungsgemäßen Aufzeichnungen grundsätzlich schätzen (§ 162 Abs. 2 Satz 2 AO). Dies gelte nicht, wenn es – wie für die § 4 Abs. 3-Rechnung – keine Aufzeichnungs- und Aufbewahrungspflicht gebe. Die Aufbewahrung der Einnahmeursprungsbelege sei nicht erforderlich, wenn deren Inhalt unmittelbar nach Auszählung der Tageskasse ins Kassenbuch übertragen werde und die Einzeleinnahmen zumindest den Tagen zugeordnet werden können. Dies sei hier der Fall. Die Klägerin zeichne die täglichen Bareinnahmen mit Hilfe eines elektronischen Kassenbuchs (DATEV) auf. Die Tageseinnahmen würden in einer Summe erfasst (BFH vom 13. Juli 1971 VIII 1/65, BStBl II 1971, 729). Änderungen der Eintragungen seien über das Programm nachvollziehbar.

Besondere Aufzeichnungspflichten würden für Überschussrechner nur nach § 22 UStG gelten (BFH vom 16. Februar 2002 X B 57/05; vom 2. März 1982 VIII R 225/80). Diese Aufzeichnungspflichten seien aber nur für die Einkommensteuer maßgeblich, wenn die Verpflichtung nach dem UStG bestehe. Dies sei vorliegend aber nicht der Fall. Nach § 22 Abs....

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