rechtskräftig

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Schätzungsbefugnis hinsichtlich eines Resaurants bei unglaubwürdigen Aufzeichnungen. kein Betriebsausgabenabzug bei Leistung an inländische Scheingesellschaft

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Wird ein Restaurant aufgegeben und ein neues Restaurant eröffnet, ist eine Aufgabebilanz zu erstellen, wenn keine bloße Betriebsverlegung anzunehmen ist, weil sich die Betriebssitze in unterschiedlichen Ortslagen befinden, ein völlig anderer Kundenkreis angesprochen wird und keine organisatorischen, finanziellen oder wirtschaftlichen Beziehung zwischen den Restaurants bestehen. Dies ergibt sich zweifelsfrei bereits aus den von der Klägerin selbst ausgefüllten amtlichen Gewerbeunterlagen „Gewerbeabmeldung”, „Gewerbeanmeldung”, „Betriebsaufgabe”, „Neuerrichtung des Betriebs”) und aus der Verwendung unterschiedlicher Namen für die Restaurantbetriebe. Die bloße Mitnahme von Küchengeräten ist nicht als Fortführung des Aktivvermögens anzusehen.

2. Allein die Tatsache, dass der Rohgewinnaufschlag den Richtwerten entspricht, verleiht den für ein Restaurant geführten Aufzeichnungen nicht die – einer Schätzung entgegenstehende – Glaubwürdigkeit der Buchführung (hier: Fertigung der Zusammenstellung der Tagesumsätze erstmals während des Klageverfahrens, Ausweis sehr hoher, im unvereinbaren Gegensatz zu den jeweiligen Tageskasseneinnahmen stehender und der Vermeidung von Kassenfehlbeträgen dienender Kassenbestände; unplausible Einlagen und Entnahmen; drei Belege mit geringen zweistelligen DM-Werten über den Einkauf von Obst und Gemüse in einem Monat bei täglichem Salatbuffet; Restaurant in exponierter Innenstadtlage mit Tagesumsätzen von weniger als 200 DM, häufig aber auch weniger als 100 DM).

3. Leistet ein Unternehmer Zahlungen, die vorgeblich der Sanierung seines Unternehmens dienen, – ohne gem. § 160 AO den tatsächlicher Empfänger von Zahlungen zu benennen – an eine inländische Scheinfirma, scheidet ein Betriebsausgabenabzug aus. Eine Scheingesellschaft lässt sich vermuten, wenn neben der Rechnungsstellung ohne detaillierte Leistungsbeschreibung auch die Arbeitsabwicklung ohne Leistungsnachweise sowie die Zahlungsweise in bar und ohne Abschlagzahlungen erfolgt.

 

Normenkette

AO §§ 162, 158, 160; EStG § 4 Abs. 3, § 16 Abs. 3, 2 S. 2, § 4 Abs. 4, § 12 Nr. 1 S. 2; FGO § 96 Abs. 1 S. 1

 

Tenor

1. Die Klage wird als unbegründet abgewiesen.

2. Die Kosten des Verfahrens werden der Klägerin auferlegt.

 

Tatbestand

Die Klägerin betrieb in den Streitjahren nacheinander zwei Restaurants:

  • ▹ vom 26. Januar bis zum 9. Oktober 1996 in einem Stadtteil von X das Restaurant „A”. Die Räume mietete sie von ihrem Schwager. Ein Mietvertrag wurde nicht vorgelegt.
  • ▹ vom 28. September 1996 bis Oktober 2001 in der Innenstadt von X das Restaurant „B”. Die Räume mietete sie von ihrem Ehemann. Der Betrieb wurde am 26. Oktober 2001 zum selben Tage abgemeldet und vom Bruder der Klägerin unter anderem Namen fortgeführt.

Die Klägerin gab in der Gewerbeabmeldung für die „Speisewirtschaft A” als „Datum der Betriebsaufgabe” den 9. Oktober 1996 an. Am 27. September 1996 meldete sie das Gewerbe für das Restaurant „B” mit Beginn am 28. September 1996 an. Die Gewerbeanmeldung erfolgte „wegen Neuerrichtung des Betriebes”. Sie reichte für 1996 zwei Gewinnermittlungen nach § 4 Abs. 3 EStG ein – eine für das Restaurant A und eine das Restaurant B. In beiden Restaurants waren – wie die Klägerin vorträgt – außer ihr selbst (Theke, Küche), zwei Verwandte (Küche und Bedienung) und ihr Ehemann (gelegentlich an Wochenenden) beschäftigt. Weder für das Restaurant A noch für das Restaurant B hat sie 1996 bzw. 2001 Aufgabebilanzen vorgelegt.

Der Familienwohnsitz befand sich in der Großstadt K außerhalb des Saarlandes. Beide Eheleute pendelten ihren Angaben zufolge jeweils zwischen beiden Städten. Die Klägerin bewohnte mit ihren Kindern (* 1993, 1994 und 1997) während ihres Aufenthaltes in X Räume im selben Gebäude, in dem die Restaurants betrieben wurden. Der Ehemann erzielte Einkünfte aus einer selbständigen Tätigkeit als Arzt in der Großstadt K außerhalb des Saarlandes (zu versteuerndes Einkommen ca. 300.000 DM).

Die Klägerin ermittelte in Eigenarbeit – zusammen mit ihrem Ehemann – ihre Einkünfte aus dem Betrieb der Restaurants nach § 4 Abs. 3 EStG. 1996 erstellte sie für jedes der Restaurants eine Gewinnermittlung. Die Gewinnermittlungen enthielten folgende Daten:

1996

1997

1998

1999

2000

2001

A

B

Umsatz

22.054

21.483

56.213

65.497

77.750

88.102

59.574

Waren u.ä.

13.991

12.241

25.229

27.161

20.400

28.372

22.902

Raumkosten

41.551

52.643

29.631

42.920

30.908

32.190

19.866

Abschreibungen

7.535

4.269

10.764

5.920

6.215

12.774

658

Personalkosten

0

0

0

0

0

17.518

16.809

Verlust

69.303

63.100

18.668

31.024

28.690

24.294

8.996

Vom 8. Oktober bis 27. November 2001 fand bei der Klägerin für 1996 bis 1999 eine Betriebsprüfung statt, in deren Vorbereitung am 28. September 2001 eine Ortsbegehung durchgeführt wurde. Mit Schreiben vom 30. Oktober 2001 versuchte der Prüfe...

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