Rz. 107

Wenn eine Prüfung nicht bereits nach der Personenbefragung abgeschlossen wird, prüft der Zoll die Geschäftsunterlagen des Arbeitgebers der angetroffenen Arbeitnehmer. Befragung der Arbeitnehmer und Prüfung der Unterlagen im Betrieb gehören bei einer Prüfung nach § 2 SchwarzArbG in der Regel zusammen. § 4 SchwarzArbG regelt die Befugnis des Zolls bei Geschäftsunterlagenprüfungen.

4.4.1 Betretensrecht

 

Rz. 108

Zur Durchführung der Prüfung von Geschäftsunterlagen dürfen nach § 4 Abs. 1 SchwarzArbG Geschäftsräume und Grundstücke des Arbeitgebers, Auftraggebers von Dienst- oder Werkleistungen, des Entleihers sowie des Selbstständigen betreten werden. Die nach § 2 Abs. 2 SchwarzArbG unterstützenden Stellen dürfen die Befugnisse nicht eigenständig, sondern nur im Rahmen gemeinsamer Prüfungen unter Federführung des Zolls ausüben, da sie an einer Geschäftsunterlagenprüfung lediglich beteiligt werden.[1]

 

Rz. 109

Das Betretensrecht ist zeitlich beschränkt auf die Geschäftszeit. Was Geschäftszeit ist, hängt vom Einzelfall ab. Da es um die Prüfung von Geschäftsunterlagen geht, kann Geschäftszeit nicht mit den Ladenöffnungszeiten oder den Öffnungszeiten eines Gaststättenbetriebs gleichgesetzt werden. Auch wenn zu diesen Zeiten Personen angetroffen werden, die dort arbeiten, ist es nicht zwingend, dass auch Bürokräfte, die Geschäftsunterlagen zur Verfügung stellen können, angetroffen werden.

 
Praxis-Beispiel

In einem Bäckereifilialbetrieb sind die Filialen bereits ab 6:30 Uhr geöffnet. Sie schließen um 19:00 Uhr. Die Verwaltung des Betriebs nimmt jedoch erst um 8:00 Uhr die Arbeit auf und beendet sie um 17:30 Uhr. Geschäftszeit ist die Zeit von 8:00 Uhr bis 17:30 Uhr.

[1] BT-Drucks. 15/2573 S. 23.

4.4.2 Befugnis der nach Landesrecht zuständigen Schwarzarbeitsbekämpfungsbehörden zur Prüfung von Geschäftsunterlagen

 

Rz. 110

§ 4 Abs. 2 SchwarzArbG räumt den nach Landesrecht für die Bekämpfung von Schwarzarbeit zuständigen Behörden die Befugnis ein, Geschäftsräume und Grundstücke einer selbstständig tätigen Person, des Arbeitgebers und des Auftraggebers während der Arbeitszeit der dort tätigen Personen zu betreten und dort Einsicht in Unterlagen zu nehmen, von denen anzunehmen ist, dass aus ihnen Umfang, Art oder Dauer der Ausübung eines Gewerbes, eines Reisegewerbes oder eines zulassungspflichtigen Handwerks oder der Beschäftigungsverhältnisse hervorgehen oder abgeleitet werden können. Voraussetzung ist wie nach § 3 Abs. 6 SchwarzArbG, dass Anhaltspunkte für Schwarzarbeit im Sinne von § 1 Abs. 2 Nr. 4 und 5 SchwarzArbG vorliegen.

4.4.3 Einsichtsrecht

 

Rz. 111

Nach § 4 Abs. 1 SchwarzArbG darf der Zoll Einsicht in alle Lohn- und Meldeunterlagen, Bücher und andere Geschäftsunterlagen, aus denen Umfang, Art oder Dauer von tatsächlich bestehenden oder vorgespiegelten Beschäftigungsverhältnissen oder Tätigkeiten hervorgehen oder abgeleitet werden, nehmen. Da der Begriff des Beschäftigungsverhältnisses ein sozialversicherungsrechtlicher Begriff ist, wie die §§ 7, 8 und 8a SGB IV zeigen, ist das Einsichtsrecht durch Satz 1 Nr. 1 um die Einsicht in Arbeitsverträge, Niederschriften nach § 2 NachwG und andere Geschäftsunterlagen, die mittelbar oder unmittelbar Auskunft über die Einhaltung des Mindestlohns nach § 20 geben können, ergänzt.

 

Rz. 112

§ 4 SchwarzArbG gibt lediglich ein Einsichtsrecht. Der Zoll darf nicht gezielt nach Unterlagen suchen. Dies ist nur im Rahmen eines Bußgeld- oder strafrechtlichen Ermittlungsverfahrens bei Vorliegen eines Durchsuchungsbeschlusses nach den §§ 102, 103 StPO oder ohne richterlichen Beschluss in sehr engen Grenzen bei Gefahr im Verzug zulässig. Nach Auffassung des FG Münster[1] kommt der Erlass eines Durchsuchungsbeschlusses im Prüfverfahren nicht in Betracht, weil § 4 Abs. 1 SchwarzArbG den Behörden der Zollverwaltung nicht die Befugnis einräumt, die dort bezeichneten Räumlichkeiten zu durchsuchen. Die Vorschrift räume ihnen lediglich die Befugnis ein, die dort bezeichneten Räume "zu betreten".[2]

 
Praxis-Beispiel

Bei einer Geschäftsunterlagenprüfung in einem Betrieb bitten die Zollbeamten den Geschäftsführer, ihnen die Arbeitsverträge und die Lohnabrechnungen der in den letzten 12 Monaten beschäftigten Arbeitnehmer herauszusuchen. Wenn dieser sich weigert, dürfen die Zollbeamten diese Unterlagen im Rahmen der Prüfung nicht selbst suchen, d. h. sie dürfen nicht Schränke oder Schreibtische öffnen, um zu schauen, ob sich die für die Prüfung relevanten Unterlagen dort befinden. Sie können allerdings dem Geschäftsführer ein Zwangsgeld androhen oder ein Bußgeldverfahren wegen fehlender Mitwirkung bei der Prüfung einleiten.

 

Rz. 113

Ein Einsichtsrecht besteht auch gegenüber Auftraggebern von Dienst- und Werkleistungen sowie Selbstständigen. Der Zoll darf bei Prüfungen Einsicht in die Unterlagen nehmen, aus denen die Vergütung der Dienst- oder Werkleistungen hervorgeht, die natürliche oder juristische Personen oder Personenvereinigungen in Auftrag gegeben haben. Dies gilt im Rahmen der Durchführung der Prüfung nach § 2 Abs. 1 Nr. 5 SchwarzArbG auch für Unterlagen wie die Verleiherlaubnis nach § 1 Abs. 1 AÜG oder den Überlassungsvertrag zwischen Verleiher und Entleiher.

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