Überblick

Verglichen mit dem deutschen Betriebsverfassungsrecht steht die europäische Betriebsverfassung noch am Anfang der Entwicklung. Obwohl die Mitwirkung von Arbeitnehmern bei Unternehmensentscheidungen bereits seit über 25 Jahren Gegenstand unionsrechtlicher Diskussionen ist, ist es bisher nur punktuell zum Erlass von Rechtsakten gekommen, die Mitwirkungsvorschriften enthalten. Eine auch nur annähernd umfassende Mitwirkungsregelung fehlt auch weiterhin. Zu unterscheiden von dem Recht der Europäischen Betriebsräte sind die europäischen Vorschriften über die Mitwirkung der Arbeitnehmer in Aufsichtsorganen (Unternehmensmitbestimmung).

 
Gesetze, Vorschriften und Rechtsprechung

Seit 1994 gilt die Richtlinie 94/45/EG über die Einsetzung eines Europäischen Betriebsrats in unionsweit operierenden Unternehmen und Unternehmensgruppen (Europäische Betriebsräte-Richtlinie).[1] Diese Richtlinie wurde durch das Gesetz über Europäische Betriebsräte (EBRG) vom 28.10.1996[2] in deutsches Recht umgesetzt. Die Richtlinie galt jedoch nur noch bis zum 6.6.2011. An ihre Stelle tritt die Richtlinie 2009/38/EG vom 6.5.2009[3], die bis zum 5.6.2011 von den Mitgliedsstaaten umzusetzen war.[4] Im April 2011 gab es europaweit 978 Unternehmen mit Euro-Betriebsräten, die Anzahl ist seitdem nur noch geringfügig angestiegen.[5]

[1] Richtlinie 94/45/EG des Rates v. 22.9.1994 über die Einsetzung eines Europäischen Betriebsrats oder die Schaffung eines Verfahrens zur Unterrichtung und Anhörung der Arbeitnehmer in unionsweit operierenden Unternehmen und Unternehmensgruppen, ABl. 1994 Nr. L 254, S. 64. Die Änderungsrichtlinien 97/74/EG (zur Ausdehnung auf Großbritannien) und 2006/109/EG (anlässlich der EU-Osterweiterung) bringen inhaltlich keine Änderungen mit sich. Spezielle Unterrichtungs- und Anhörungspflichten bei Umstrukturierungen finden sich aber in der Richtlinie 2002/14/EG vom 11.3.2002 (ABl. EG Nr. L 80, S. 29). Es handelt sich hierbei um eine Rahmenrichtlinie, die nur die Grundsätze, Begriffe und Modalitäten der Unterrichtung und Anhörung festlegen, die Ausfüllung dieses Rahmens und die Anpassung an die mitgliedstaatlichen Gegebenheiten aber den Mitgliedstaaten überlassen will (vgl. Erwägungsgrund 23). Art. 4 Abs. 2 sieht eine Unterrichtung über die jüngste Entwicklung und die wahrscheinliche Weiterentwicklung von Tätigkeit und wirtschaftlicher Situation des Unternehmens (Buchst. a), zur Beschäftigungssituation, -struktur und wahrscheinlicher -entwicklung, insbesondere hinsichtlich geplanter Maßnahmen, die die Beschäftigung bedrohen können (Buchst. b), sowie zu Entscheidungen über wesentliche Veränderungen der Arbeitsorganisation (Buchst. c) vor (vgl. ausführlich Thüsing, Europäisches Arbeitsrecht, 3. Aufl. 2017, § 10 Rzn. 46 ff.).
[2] Gesetz über Europäische Betriebsräte – EBRG v. 28.10.1996, BGBl. 1996 I, S. 1548, 2022.
[3] ABl. Nr. L 122 v. 16.5.2009, S. 28.
[4] Vgl. Regierungsentwurf, BT-Drucks. 17/4808 v. 17.2.2011.
[5] Vgl. DKW-Däubler, 17. Aufl. 2020, Vorbem. EBRG Rz. 25 mit weiteren Daten und Nachweisen.

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