Entscheidungsstichwort (Thema)

Unionsbürgerschaft. Recht auf Freizügigkeit und auf freien Aufenthalt. Ausbildungsförderung, die den Staatsangehörigen eines Mitgliedstaats für ein Studium in einem anderen Mitgliedstaat gewährt wird. Mindestens dreijährige Residenzpflicht im Herkunftsmitgliedstaat vor Beginn des Studiums

 

Normenkette

AEUV Art. 20-21

 

Beteiligte

Prinz

Laurence Prinz

Philipp Seeberger

Region Hannover

Studentenwerk Heidelberg

 

Tenor

Die Art. 20 AEUV und 21 AEUV sind dahin auszulegen, dass sie einer Regelung eines Mitgliedstaats entgegenstehen, nach der die über einen Zeitraum von einem Jahr hinausgehende Gewährung einer Ausbildungsförderung für ein Studium in einem anderen Mitgliedstaat allein davon abhängt, dass eine Voraussetzung wie die in § 16 Abs. 3 des Bundesgesetzes über individuelle Förderung der Ausbildung (Bundesausbildungsförderungsgesetz) in der Fassung des am 1. Januar 2008 in Kraft getretenen Zweiundzwanzigsten Gesetzes zur Änderung des Bundesausbildungsförderungsgesetzes vorgesehene erfüllt ist, die vom Antragsteller verlangt, dass er während eines Zeitraums von mindestens drei Jahren vor Beginn dieses Studiums einen ständigen Wohnsitz im Sinne dieses Gesetzes im Inland hatte.

 

Tatbestand

In den verbundenen Rechtssachen

betreffend Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 267 AEUV, eingereicht vom Verwaltungsgericht Hannover (Deutschland) und vom Verwaltungsgericht Karlsruhe (Deutschland) mit Entscheidungen vom 5. Oktober und vom 16. November 2011, beim Gerichtshof eingegangen am 13. Oktober und am 24. November 2011, in den Verfahren

Laurence Prinz

gegen

Region Hannover (C-523/11)

und

Philipp Seeberger

gegen

Studentenwerk Heidelberg (C-585/11)

erlässt

DER GERICHTSHOF (Dritte Kammer)

unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten M. Ilešič, des Vizepräsidenten des Gerichtshofs K. Lenaerts in Wahrnehmung der Aufgaben eines Richters der Dritten Kammer sowie der Richter E. Jarašiūunas, A. Ó Caoimh (Berichterstatter) und C. G. Fernlund,

Generalanwältin: E. Sharpston,

Kanzler: A. Impellizzeri, Verwaltungsrätin,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 29. November 2012,

unter Berücksichtigung der Erklärungen

  • von Herrn Seeberger, vertreten durch Rechtsanwalt M. Y. Popper,
  • der deutschen Regierung, vertreten durch T. Henze und J. Möller als Bevollmächtigte,
  • der dänischen Regierung, vertreten durch V. Pasternak Jørgensen und C. Thorning als Bevollmächtigte,
  • der griechischen Regierung, vertreten durch G. Papagianni als Bevollmächtigte,
  • der niederländischen Regierung, vertreten durch B. Koopman und C. Wissels als Bevollmächtigte,
  • der österreichischen Regierung, vertreten durch C. Pesendorfer und G. Eberhard als Bevollmächtigte,
  • der finnischen Regierung, vertreten durch M. Pere und J. Leppo als Bevollmächtigte,
  • der schwedischen Regierung, vertreten durch A. Falk, C. Stege und U. Persson als Bevollmächtigte,
  • der Europäischen Kommission, vertreten durch S. Grünheid, D. Roussanov und V. Kreuschitz als Bevollmächtigte,

nach Anhörung der Schlussanträge der Generalanwältin in der Sitzung vom 21. Februar 2013

folgendes

Urteil

 

Entscheidungsgründe

Rz. 1

Die Vorabentscheidungsersuchen betreffen die Auslegung der Art. 20 AEUV und 21 AEUV.

Rz. 2

Diese Ersuchen ergehen im Rahmen von Rechtsstreitigkeiten zwischen Frau Prinz, die deutsche Staatsangehörige ist, und der Region Hannover (Team BAföG) sowie zwischen Herrn Seeberger, der ebenfalls deutscher Staatsangehöriger ist, und dem Studentenwerk Heidelberg, Amt für Ausbildungsförderung (im Folgenden: Studentenwerk), wegen des Anspruchs auf Ausbildungsförderung für eine Ausbildung an einer in einem anderen Mitgliedstaat als der Bundesrepublik Deutschland gelegenen Ausbildungsstätte.

Rechtlicher Rahmen

Rz. 3

§ 5 („Ausbildung im Ausland”) des Bundesgesetzes über individuelle Förderung der Ausbildung (Bundesausbildungsförderungsgesetz) in der Fassung des am 1. Januar 2008 in Kraft getretenen Zweiundzwanzigsten Gesetzes zur Änderung des Bundesausbildungsförderungsgesetzes (22. BAföGÄndG, BGBl. I S. 3254) (im Folgenden BAföG) sieht vor:

„(1) Der ständige Wohnsitz im Sinne dieses Gesetzes ist an dem Ort begründet, der nicht nur vorübergehend Mittelpunkt der Lebensbeziehungen ist, ohne dass es auf den Willen zur ständigen Niederlassung ankommt; wer sich lediglich zum Zwecke der Ausbildung an einem Ort aufhält, hat dort nicht seinen ständigen Wohnsitz begründet.

(2) Auszubildenden, die ihren ständigen Wohnsitz im Inland haben, wird Ausbildungsförderung geleistet für den Besuch einer im Ausland gelegenen Ausbildungsstätte, wenn

3. eine Ausbildung an einer Ausbildungsstätte in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union oder in der Schweiz aufgenommen oder fortgesetzt wird.

…”

Rz. 4

§ 6 („Förderung der Deutschen im Ausland”) BAföG sieht vor, dass deutschen Staatsangehörigen, die ihren ständigen Wohnsitz in einem ausländischen Staat haben und dort oder von dort aus in einem Nachbarstaat eine Ausbildungsstätte besuchen, Ausbildungsförderung geleistet werden kann, wenn die besonderen Ums...

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