Entscheidungsstichwort (Thema)

Vorlage zur Vorabentscheidung. Schutz der Sicherheit und der Gesundheit der Arbeitnehmenden. Arbeitszeitgestaltung. Mitglieder der Streitkräfte. Anwendbarkeit des Unionsrechts. Geltungsbereich. Tätigkeiten der Militärangehörigen. Begriff ‚Arbeitszeit’. Bereitschaftszeit. Rechtsstreit über das Arbeitsentgelt des Arbeitnehmers

 

Normenkette

EUV Art. 4 Abs. 2; Richtlinie 89/391/EWG Art. 2 Abs. 2; Richtlinie 2003/88/EG Art. 1 Abs. 3

 

Beteiligte

Ministrstvo za obrambo

B. K

Republika Slovenija (Ministrstvo za obrambo)

 

Tenor

1. Art. 1 Abs. 3 der Richtlinie 2003/88/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 4. November 2003 über bestimmte Aspekte der Arbeitszeitgestaltung im Licht von Art. 4 Abs. 2 EUV ist dahin auszulegen, dass eine von einem Militärangehörigen verrichtete Wachdiensttätigkeit vom Anwendungsbereich dieser Richtlinie ausgeschlossen ist,

  • wenn diese Tätigkeit im Rahmen seiner Grundausbildung, einer Trainingsoperation oder einer eigentlichen Militäroperation erfolgt,
  • oder wenn sie eine Tätigkeit darstellt, die so speziell ist, dass sie sich nicht für ein Personalrotationssystem eignet, mit dem die Einhaltung der Anforderungen dieser Richtlinie gewährleistet werden kann,
  • oder wenn angesichts aller relevanten Umstände offensichtlich ist, dass diese Tätigkeit im Rahmen außergewöhnlicher Situationen erfolgt, deren Schwere und Ausmaß den Erlass von Maßnahmen erfordern, die zum Schutz des Lebens, der Gesundheit und der Sicherheit der Allgemeinheit unerlässlich sind und deren ordnungsgemäße Durchführung gefährdet wäre, wenn sämtliche Vorschriften der genannten Richtlinie eingehalten werden müssten,
  • oder wenn die Anwendung der genannten Richtlinie auf eine solche Tätigkeit aufgrund der Tatsache, dass sie den betreffenden Behörden die Einführung eines Rotations- oder Arbeitszeitplanungssystems vorschreibt, nur zulasten der ordnungsgemäßen Durchführung der eigentlichen Militäroperationen erfolgen könnte.

2. Art. 2 der Richtlinie 2003/88 ist dahin auszulegen, dass er dem nicht entgegensteht, dass eine Bereitschaftszeit, in der ein Militärangehöriger innerhalb der Kaserne bleiben muss, in der er eingesetzt wird, dort aber keinen effektiven Dienst verrichtet, anders vergütet wird als eine Bereitschaftszeit, in der er Leistungen eines effektiven Dienstes erbringt.

 

Tatbestand

In der Rechtssache

betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 267 AEUV, eingereicht vom Vrhovno sodišče (Oberster Gerichtshof, Slowenien) mit Entscheidung vom 10. September 2019, beim Gerichtshof eingegangen am 10. Oktober 2019, in dem Verfahren

B. K.

gegen

Republika Slovenija (Ministrstvo za obrambo)

erlässt

DER GERICHTSHOF (Große Kammer)

unter Mitwirkung des Präsidenten K. Lenaerts, der Vizepräsidentin R. Silva de Lapuerta, der Kammerpräsidenten J.-C. Bonichot, M. Vilaras, E. Regan und N. Piçarra sowie der Richter T. von Danwitz, M. Safjan, D. Šváby und S. Rodin, der Richterin K. Jürimäe, der Richter C. Lycourgos (Berichterstatter) und P. G. Xuereb, der Richterin L. S. Rossi und des Richters I. Jarukaitis,

Generalanwalt: H. Saugmandsgaard Øe,

Kanzler: R. Şereş, Verwaltungsrätin,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 21. September 2020,

unter Berücksichtigung der Erklärungen

  • von B. K., vertreten durch M. Pukšič, odvetnik,
  • der slowenischen Regierung, vertreten durch A. Grum und A. Dežman Mušič als Bevollmächtigte,
  • der deutschen Regierung, vertreten durch J. Möller und S. Eisenberg als Bevollmächtigte,
  • der spanischen Regierung, vertreten durch S. Jiménez García als Bevollmächtigten,
  • der französischen Regierung, vertreten durch A.-L. Desjonquères, E. de Moustier, N. Vincent, T. Stehelin und A. Ferrand als Bevollmächtigte,
  • der Europäischen Kommission, vertreten durch B. Rous Demiri, N. Ruiz García und M. van Beek als Bevollmächtigte,

nach Anhörung der Schlussanträge des Generalanwalts in der Sitzung vom 28. Januar 2021

folgendes

Urteil

 

Entscheidungsgründe

Rz. 1

Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung von Art. 2 der Richtlinie 2003/88/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 4. November 2003 über bestimmte Aspekte der Arbeitszeitgestaltung (ABl. 2003, L 299, S. 9).

Rz. 2

Es ergeht im Rahmen eines Rechtsstreits zwischen B. K. und der Republika Slovenija (Ministrstvo za obrambo) (Republik Slowenien [Verteidigungsministerium]) wegen einer Zusatzvergütung für Überstunden.

Rechtlicher Rahmen

Unionsrecht

Richtlinie 76/207/EWG

Rz. 3

Art. 3 Abs. 1 der Richtlinie 76/207/EWG des Rates vom 9. Februar 1976 zur Verwirklichung des Grundsatzes der Gleichbehandlung von Männern und Frauen hinsichtlich des Zugangs zur Beschäftigung, zur Berufsbildung und zum beruflichen Aufstieg sowie in Bezug auf die Arbeitsbedingungen (ABl. 1976, L 39, S. 40) lautete:

„Die Anwendung des Grundsatzes der Gleichbehandlung beinhaltet, dass bei den Bedingungen des Zugangs – einschließlich der Auswahlkriterien – zu den Beschäftigungen oder Arbeitsplätzen – unabhängig vom Tätigkeitsbereich oder Wirtschaftszweig ...

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