Entscheidungsstichwort (Thema)

Vorlage zur Vorabentscheidung. Sozialpolitik. Massenentlassungen. Begriff ‚Massenentlassung’. Methode zur Berechnung der Zahl der Entlassungen. Zu berücksichtigender Referenzzeitraum

 

Normenkette

Richtlinie 98/59/EG Art. 1 Abs. 1 Unterabs. 1 Buchst. a

 

Beteiligte

Marclean Technologies

UQ

Marclean Technologies SLU

 

Tenor

Art. 1 Abs. 1 Unterabs. 1 Buchst. a der Richtlinie 98/59/EG des Rates vom 20. Juli 1998 zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über Massenentlassungen ist dahin auszulegen, dass für die Beurteilung der Frage, ob eine beanstandete Einzelentlassung Teil einer Massenentlassung ist, der in dieser Bestimmung für die Feststellung des Vorliegens einer Massenentlassung vorgesehene Referenzzeitraum unter Berücksichtigung eines beliebigen Zeitraums von 30 bzw. 90 aufeinanderfolgenden Tagen zu berechnen ist, in dem diese Einzelentlassung erfolgt ist und in dem der Arbeitgeber die meisten Entlassungen aus einem oder mehreren Gründen, die nicht in der Person der Arbeitnehmer liegen, im Sinne dieser Bestimmung vorgenommen hat.

 

Tatbestand

In der Rechtssache

betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 267 AEUV, eingereicht vom Juzgado de lo Social n° 3 de Barcelona (Arbeits- und Sozialgericht Nr. 3 Barcelona, Spanien) mit Entscheidung vom 25. März 2019, beim Gerichtshof eingegangen am 12. April 2019, in dem Verfahren

UQ

gegen

Marclean Technologies SLU,

Beteiligte:

Ministerio Fiscal,

Fondo de Garantía Salarial,

erlässt

DER GERICHTSHOF (Erste Kammer)

unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten J.-C. Bonichot, des Richters L. Bay Larsen, der Richterin C. Toader sowie der Richter M. Safjan (Berichterstatter) und N. Jääskinen,

Generalanwalt: M. Bobek,

Kanzler: A. Calot Escobar,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens,

unter Berücksichtigung der Erklärungen

  • der polnischen Regierung, vertreten durch B. Majczyna als Bevollmächtigten,
  • der Europäischen Kommission, vertreten durch B.-R. Killmann und S. Pardo Quintillán als Bevollmächtigte,

nach Anhörung der Schlussanträge des Generalanwalts in der Sitzung vom 11. Juni 2020

folgendes

Urteil

 

Entscheidungsgründe

Rz. 1

Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung von Art. 1 Abs. 1 Unterabs. 1 Buchst. a der Richtlinie 98/59/EG des Rates vom 20. Juli 1998 zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über Massenentlassungen (ABl. 1998, L 225, S. 16).

Rz. 2

Es ergeht im Rahmen eines Rechtsstreits zwischen UQ und der Marclean Technologies SLU über die Rechtmäßigkeit ihrer Einzelentlassung.

Rechtlicher Rahmen

Unionsrecht

Rz. 3

Die Erwägungsgründe 2 bis 4, 7 und 8 der Richtlinie 98/59 lauten:

„(2) Unter Berücksichtigung der Notwendigkeit einer ausgewogenen wirtschaftlichen und sozialen Entwicklung in der Gemeinschaft ist es wichtig, den Schutz der Arbeitnehmer bei Massenentlassungen zu verstärken.

(3) Trotz einer konvergierenden Entwicklung bestehen weiterhin Unterschiede zwischen den in den Mitgliedstaaten geltenden Bestimmungen hinsichtlich der Voraussetzungen und des Verfahrens für Massenentlassungen sowie hinsichtlich der Maßnahmen, die die Folgen dieser Entlassungen für die Arbeitnehmer mildern könnten.

(4) Diese Unterschiede können sich auf das Funktionieren des Binnenmarktes unmittelbar auswirken.

(7) Daher muss auf diese Angleichung auf dem Wege des Fortschritts im Sinne des Artikels 117 EG-Vertrag hingewirkt werden.

(8) Es empfiehlt sich, im Hinblick auf die Berechnung der Zahl der Entlassungen gemäß der Definition der Massenentlassungen im Sinne dieser Richtlinie den Entlassungen andere Arten einer Beendigung des Arbeitsverhältnisses, die auf Veranlassung des Arbeitgebers erfolgt, gleichzustellen, sofern die Zahl der Entlassungen mindestens fünf beträgt.”

Rz. 4

Teil I („Begriffsbestimmungen und Anwendungsbereich”) dieser Richtlinie besteht aus deren Art. 1, in dessen Abs. 1 es heißt:

„Für die Durchführung dieser Richtlinie gelten folgende Begriffsbestimmungen:

  1. ‚Massenentlassungen’ sind Entlassungen, die ein Arbeitgeber aus einem oder mehreren Gründen, die nicht in der Person der Arbeitnehmer liegen, vornimmt und bei denen – nach Wahl der Mitgliedstaaten – die Zahl der Entlassungen

    i) entweder innerhalb eines Zeitraums von 30 Tagen

    • mindestens 10 in Betrieben mit in der Regel mehr als 20 und weniger als 100 Arbeitnehmern,
    • mindestens 10 v. H. der Arbeitnehmer in Betrieben mit in der Regel mindestens 100 und weniger als 300 Arbeitnehmern,
    • mindestens 30 in Betrieben mit in der Regel mindestens 300 Arbeitnehmern,

    ii) oder innerhalb eines Zeitraums von 90 Tagen mindestens 20, und zwar unabhängig davon, wie viele Arbeitnehmer in der Regel in dem betreffenden Betrieb beschäftigt sind,

    beträgt;

  2. Für die Berechnung der Zahl der Entlassungen gemäß Absatz 1 Buchstabe a) werden diesen Entlassungen Beendigungen des Arbeitsvertrags gleichgestellt, die auf Veranlassung des Arbeitgebers und aus einem oder mehreren Gründen, die nicht in der Person der Arbeitnehmer liegen, erfolgen, sofern die Zahl der Entlassungen mindestens fünf beträgt.”

Spanisches Re...

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