Als Grundlage der ergonomischen Gestaltung von Arbeitsplätzen dienen einerseits die arbeitswissenschaftlichen Erkenntnisse mit den daraus resultierenden Gestaltungsempfehlungen und andererseits die Analyse der vorherrschenden ergonomischen Bedingungen. Den Ausgangspunkt einer solchen Analyse bildet in der überwiegenden Zahl der Fälle die Gefährdungsbeurteilung. Diese gehört gemäß § 5 Abs. 1 Arbeitsschutzgesetz zu den Pflichten des Arbeitgebers. Er soll ermitteln, welche für die Beschäftigten mit ihrer Arbeit verbundenen Gesundheitsgefährdungen vorliegen und welche Maßnahmen des Arbeitsschutzes dementsprechend erforderlich sind. Infolgedessen ist die Gefährdungsbeurteilung eine wichtige Grundlage zur ergonomischen Gestaltung der Arbeit und zur Entscheidung über betriebliche Präventionsmaßnahmen.

Zur Durchführung einer Gefährdungsbeurteilung in Bezug auf mögliche Belastungen des Muskel-Skelett-Systems der Beschäftigten, empfiehlt sich das folgende mehrstufige Vorgehen.[1]

[1] DGUV-I 208-033 "Belastungen für Rücken und Gelenke – was geht mich das an?"

3.1 Stufe 1 – Orientierende Gefährdungsbeurteilung

Die erste Stufe bilden sog. Grob-Screening-Verfahren, mit deren Hilfe eine orientierende Erfassung und Bewertung körperlicher Belastungsfaktoren möglich ist. Das in Deutschland am häufigsten verwendete Verfahren der ersten Ebene ist die im Zusammenhang mit der arbeitsmedizinischen Vorsorge nach dem Berufsgenossenschaftlichen Grundsatz G 46 empfohlene Checkliste DGUV-I 250-453.[1]

Die Checkliste bietet folgende Vorteile:

  • Sie ist zur Anwendung durch betriebliche Praktiker geeignet.
  • Sie ist übersichtlich aufgebaut und kann schnell und einfach ausgefüllt werden.
  • Das Ergebnis gibt dem Betrieb einen ersten Überblick über mögliche Gefährdungen.

Mithilfe von Orientierungsfragen können die Tätigkeiten typischer Arbeitsschichten im Hinblick auf erhöhte Belastungen und Beschwerden überprüft werden. Wird dabei eine Orientierungsfrage zu mindestens einer Belastungsart mit "Ja" beantwortet, so ist

  1. den Beschäftigten eine arbeitsmedizinische Vorsorge nach G 46 (kollektive und individuelle Beratung, ggf. ärztliche Untersuchung) anzubieten und in Zweifelsfällen
  2. die anerkannte Gefährdung durch geeignete Maßnahmen zu reduzieren und in Zweifelsfällen
  3. eine vertiefende Gefährdungsbeurteilung durchzuführen.

Können mithilfe der Checkliste Belastungen nicht eindeutig erkannt bzw. mit den ergriffenen Maßnahmen nicht wirksam gemindert werden, so ist eine vertiefende Gefährdungsbeurteilung nach Stufe 2 erforderlich.

[1] DGUV-I 250-453: Handlungsanleitung für die arbeitsmedizinische Vorsorge nach dem Berufsgenossenschaftlichen Grundsatz G 46 "Belastungen des Muskel- und Skelettsystems einschließlich Vibrationen".

3.2 Stufe 2 – Vertiefende Gefährdungsbeurteilung

In den Fällen einer vertiefenden Gefährdungsbeurteilung stehen mehrere Verfahren zur Verfügung, die eine Bewertung entsprechender Risikofaktoren erlauben. In Deutschland sind in dieser Kategorie die von der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin (BAuA) entwickelten Leitmerkmalmethoden sehr verbreitet. Sie ermöglichen eine einfache, schnelle und praxisorientierte Anwendung. Im Rahmen der Beurteilung manueller Lastenhandhabungen stehen derzeit zur Verfügung:

Im Ergebnis bilden die Verfahren der Leitmerkmalmethode aus verschiedenen Belastungskriterien jeweils einen Punktwert zur Beurteilung gesundheitlicher Beeinträchtigungen. Anhand einer Bewertungstabelle kann schließlich das jeweilige Gefährdungspotenzial unter Beachtung der individuellen Belastbarkeit abgelesen werden.

Auf der Stufe der vertiefenden Gefährdungsbeurteilung existieren sowohl Verfahren zur Anwendung durch betriebliche Praktiker als auch Verfahren, die nur mit Unterstützung durch Betriebsärzte und Fachkräfte für Arbeitssicherheit durchgeführt werden können.

3.3 Stufe 3 – Unterstützung durch externe Spezialisten

Die in dieser Stufe anzuwendenden Verfahren der vertiefenden Gefährdungsbeurteilung sind gemeinhin so komplex, dass eine Zusammenarbeit mit arbeitswissenschaftlichen Experten, Arbeitsgestaltern, Konstrukteuren und dergleichen absolut notwendig ist. Gemeinhin können folgende Punkte eine Gefährdungsbeurteilung nach Stufe 3 erforderlich machen:

  • Bei der Durchführung der Gefährdungsbeurteilung entstehen Fragen, die vor Ort nicht geklärt werden können.
  • Nach der durchgeführten Gefährdungsbeurteilung entstehen Fragen in Bezug auf die Auswahl wirksamer Maßnahmen zur Belastungsreduzierung, die vor Ort nicht geklärt werden können.

3.4 Ablaufplan

Der Ablaufplan in Abb. 2 zeigt zusammenfassend das 3-stufige Vorgehen im Rahmen der Gefährdungsbeurteilung bei Belastungen des Muskel-Skelett-Systems.

Abb. 2: Gefährdungsbeurteilung bei Belastungen des Muskel-Skelett-Systems[1]

[1] Quelle: DGUV-I 208-033 "Belastungen für Rücken und Gelenke – was geht mich das an?"

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