§ 5 Nr. 2 GeschGehG behandelt den sog. Whistleblower-Schutz. Danach dürfen Geschäftsgeheimnisse offenbart, erlangt oder genutzt werden, wenn dies zur Aufdeckung einer rechtswidrigen Handlung oder eines beruflichen oder sonstigen Fehlverhaltens erfolgt und wenn die Erlangung, Nutzung oder Offenlegung geeignet ist, das allgemeine öffentliche Interesse zu schützen. Problematisch ist, dass die vom EGMR in der Sache "Heinisch" und die vom BAG entwickelten Voraussetzungen für den Whistleblower-Schutz[1] speziell das Erfordernis eines innerbetrieblichen Klärungsversuchs sowie die Berücksichtigung der Motivation keine Berücksichtigung finden. Dadurch stellt sich die Frage, ob die weiteren Voraussetzungen für den Whistleblower-Schutz gemäß § 5 GeschGehG auch außerhalb des GeschGehG Anwendung finden.[2]

Gegen die Ausweitung des Anwendungsbereichs und für die kontinuierliche Weitergeltung der "Heinisch"-Grundsätze spricht die Erfassung der Pflichten aus dem Arbeitsverhältnis gemäß § 1 Abs. 3 Nr. 4 GeschGehG, unter die auch das Erfordernis eines innerbetrieblichen Klärungsversuchs als Nebenpflicht aus § 241 Abs. 2 BGB fällt.

 
Wichtig

Umgang mit Geschäftsgeheimnissen nach dem Hinweisgeberschutzgesetz

Eine speziellere Regelung hat der Bundestag in Form des Hinweisgeberschutzgesetzes (HinSchG) beschlossen, welches am 2.7.2023 in Kraft getreten ist.

Das HinSchG sieht in § 6 Abs. 1 vor, dass im Zuge des Whistleblowings auch die Weitergabe von Geschäftsgeheimnissen an eine zuständige Meldestelle oder die Offenlegung des Geschäftsgeheimnisses unter bestimmten Voraussetzungen gestattet ist. Die Weitergabe des Geschäftsgeheimnisses muss jedoch an sich und auch in dem konkreten Umfang zur Meldung eines Rechtsverstoßes[3] erforderlich sein. Liegen diese Voraussetzungen vor, ist die Weitergabe von Geschäftsgeheimnissen auch nach § 3 Abs. 2 GeschGehG gestattet. Dabei ist es unerheblich, aufgrund welcher persönlichen Motivation der Hinweisgeber die Geschäftsgeheimnisse weitergibt. Im Übrigen bleibt § 5 Nr. 2 GeschGehG aber ausweislich der Gesetzesbegründung neben dem Hinweisgeberschutzgesetz bestehen. § 5 Nr. 2 GeschGehG ist einerseits enger als § 6 Abs. 1 HinSchG, da ein allgemeines öffentliches Interesse an der Erlangung, Nutzung oder Offenlegung erforderlich ist, zum anderen aber weiter, da keine festen Meldestellen vorgesehen sind. Das Hinweisgeberschutzgesetz legt zudem in §§ 36 Abs. 1, 37 Abs. 1, 40 Abs. 2 Nr. 3 unter Androhung von Schadensersatz und Bußgeld fest, dass Whistleblower keinerlei "Repressalien" erleiden dürfen. Hierzu zählen laut Gesetzesbegründung z. B. die Kündigung, Rüge oder Nichtverlängerung eines befristeten Arbeitsverhältnisses und sogar gemäß § 36 Abs. 1 Satz 2 HinSchG bereits die Androhung und der Versuch solcher Maßnahmen.

Dem Whistleblower steht ein Wahlrecht zwischen Nutzung eines internen oder externen Hinweisgebersystems zu.[4] Der Whistleblower "soll" sich zwar primär an die interne Meldestelle wenden, ein zwingender Vorrang besteht aber nicht. Der Whistleblower kann sich auch direkt an die externe Meldestelle wenden. Eine anonyme Meldung "soll" ebenfalls möglich sein. Trotzdem gilt für die Praxis weiterhin, dass ein internes Whistleblowing-System nach aktuellem Stand eingerichtet werden sollte. Ein internes Whistleblowing kann die Weitergabe von Geschäftsgeheimnissen an externe Meldestellen verhindern und sollte daher möglichst attraktiv gestaltet werden.

 
Hinweis

Errichtung eines Whistleblowing-Systems

Grundfunktionen:

  • Beitrag zur Rechtstreue im Unternehmen / Aufdeckung und Beseitigung von Missständen
  • "Abfangen" möglicher Offenlegung von Interna an Externe durch ein internes System

Wesentliche Anforderung: Vorrangiger betrieblicher Klärungsversuch muss zumutbar und so leicht wie möglich sein. Dies bedeutet insbesondere:

  • Schutz des Whistleblowers vor Gefahr etwaiger Repressionen (z. B. aktive Zusage, dass aus Hinweisen keine arbeitsrechtlichen Konsequenzen folgen; Möglichkeit anonymer Hinweise)
  • Bekanntheit und Erreichbarkeit der internen Stellen
  • Anonyme Meldung "sollte" möglich sein
  • Effektivität der internen Klärung
[2] Naber/Peukert/Seeger, NZA 2019, 586.

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