Leitsatz (redaktionell)

Für die Zeit bis zum 30.6.1977 können die über den Beitragssatz von 3 vH hinausgehenden Beiträge, die ein Mitglied der knappschaftlichen Krankenversicherung der Rentner zur zusätzlichen freiwilligen Krankenversicherung ohne ausreichende Rechtsgrundlage gezahlt hat, auch dann nicht zurückgefordert werden, wenn der Beitragsbescheid nicht bindend geworden ist (Fortführung von BSG 1980-06-26 5 RKn 5/78 = SozR 2600 § 121 Nr 3).

 

Normenkette

RKG § 20 Fassung: 1969-07-28, § 120 Fassung: 1969-07-28, § 119 Fassung: 1969-07-28, § 121 Fassung: 1969-07-28; RVO § 1424 Fassung: 1957-02-23; SGB IV § 26 Fassung 1976-12-23

 

Verfahrensgang

LSG Nordrhein-Westfalen (Entscheidung vom 18.11.1980; Aktenzeichen L 15 Kn 32/80)

SG Köln (Entscheidung vom 30.01.1980; Aktenzeichen S 17 Kn 22/78)

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten im Revisionsverfahren darüber, ob die Beklagte dem Kläger die für die Zeit vom 1. Januar 1977 bis zum 30. Juni 1977 entrichteten Beiträge zur freiwilligen knappschaftlichen Krankenversicherung teilweise zu erstatten hat.

Der Kläger gehört seit dem 1. Januar 1975 der knappschaftlichen Krankenversicherung der Rentner an und ist außerdem freiwilliges Mitglied der knappschaftlichen Krankenversicherung. Für seine freiwillige Versicherung leistete er für die streitige Zeit den er damaligen Satzung der Beklagten entsprechenden Beitragssatz von 12,1 vH seines Gesamteinkommens. Mit Rücksicht auf ein Urteil des erkennenden Senats vom 30. März 1977 (5 RKn 19/76, SozR 2600 § 120 Nr 1) änderte die Beklagte den § 152 Nr 2 Buchst h ihrer Satzung mit Wirkung vom 1. Juli 1977 dahin, daß diejenigen Mitglieder der knappschaftlichen Krankenversicherung der Rentner, die außerdem der knappschaftlichen Krankenversicherung als freiwilliges Mitglied angehören, für ihre freiwillige Versicherung einen Beitragssatz von 3 vH ihres Gesamteinkommens zu zahlen haben, wenn sie zunächst die Leistungen der knappschaftlichen Krankenversicherung der Rentner und ihre freiwillige Versicherung nur dann und insoweit in Anspruch nehmen, als die aus der freiwilligen Versicherung zu gewährenden Leistungen wesentlich günstiger sind als die Leistungen der knappschaftlichen Krankenversicherungen der Rentner.

Nachdem der Kläger auf einen entsprechenden Hinweis der Beklagten vom 26. Mai 1977 erklärt hatte, er wolle sich auch künftig das Recht vorbehalten, in jedem Versicherungsfall zu wählen, ob er die Leistungen aus der freiwilligen Krankenversicherung oder aus der Krankenversicherung der Rentner in Anspruch nehme, setzte die Beklagte mit Bescheid vom 25. Juli 1977 für die Zeit vom 1. Juli 1977 an den Beitragssatz auf 12,1 vH in Höhe von monatlich 308,55 DM fest. Im September 1977 entschied sich der Kläger für den mit dem ermäßigten Beitragssatz verbundenen Versicherungsschutz der freiwilligen Krankenversicherung. Daraufhin setzte die Beklagte den Beitragssatz für die Zeit vom 1. Oktober 1977 an auf 3 vH und den Beitrag auf monatlich 76,50 DM fest. Mit Bescheid vom 14. Dezember 1977 lehnte die Beklagte den Antrag des Klägers vom 10. November 1977 ab, auch für die zurückliegende Zeit seit dem 1. Januar 1975 den ermäßigten Beitragssatz zugrunde zu legen und die zuviel gezahlten Beiträge zu erstatten. Mit ihrem Widerspruchsbescheid vom 12. April 1978 legte die Beklagte den ermäßigten Beitragssatz bereits für die Zeit vom 1. Juli 1977 an zugrunde; der weitergehende Widerspruch des Klägers wurde zurückgewiesen.

Das Sozialgericht (SG) hat mit Urteil vom 30. Januar 1980 die Klage abgewiesen. Das Landessozialgericht (LSG) hat mit Urteil vom 18. November 1980 unter teilweiser Abänderung des erstinstanzlichen Urteils und teilweiser Aufhebung der Bescheide vom 25. Januar 1977 und 14. Dezember 1977 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12. April 1978 die Beklagte verurteilt, dem Kläger die in der Zeit vom 1. Januar 1977 bis zum 30. Juni 1977 erhobenen Krankenversicherungsbeiträge unter Verrechnung der in diesem Zeitraum zuviel erbrachten Leistungen insoweit zu erstatten, als die Beiträge einen Betrag von 3 % übersteigen. Im übrigen hat das LSG die Berufung des Klägers zurückgewiesen. Zur Begründung hat es im wesentlichen ausgeführt, für die Zeit vom 1. Oktober 1975 bis zum 31. Dezember 1976 habe der Kläger keinen Anspruch auf Beitragserstattung, denn Rechtsgrundlage für die geleisteten Beiträge seien die bindend gewordenen Beitragsbescheide der Beklagten. Dagegen habe die Beklagte die über den Beitragssatz von 3 vH hinausgehenden Beiträge für die Zeit vom 1. Januar 1977 bis zum 30. Juni 1977 zu erstatten, weil sie zu Unrecht geleistet worden seien. Der Beitragsbescheid vom 25. Januar 1977 sei nicht bindend geworden, denn bei Einlegung des Widerspruchs sei die mangels einer Rechtsmittelbelehrung geltende Jahresfrist noch nicht verstrichen gewesen. Dieser Bescheid sowie die späteren Bescheide vom 14. Dezember 1977 und der Widerspruchsbescheid vom 12. April 1978 seien insoweit rechtswidrig, als sie den Beitragssatz höher als 3 vH festgesetzt hätten, denn sie beruhten auf einer Satzungsvorschrift über die Beitragsbemessung doppelt versicherter Differenzierung verstoße. Der teilweisen Aufhebung dieser rechtswidrigen Bescheide stehe das Verbot einer nachträglichen rückwirkenden Umgestaltung in der Vergangenheit abgeschlossen zurückliegender Versicherungsverhältnisse nicht entgegen. Das Versicherungsverhältnis könne schon deshalb nicht als abgeschlossen abgewickelt angesehen werden, weil der Kläger sich bereits zu Beginn des Jahres 1977 gegen die undifferenzierte Beitragsheranziehung gewandt habe. Die Beklagte sei im Rahmen der ihr obliegenden Betreuungs- und Beratungspflichten verpflichtet, dem Kläger schon für die Zeit vor der Mitteilung der Entscheidungsgründe des Urteils des Bundessozialgerichts (BSG) vom 30. März 1977 aufgrund einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) aus dem Jahre 1975 die wesentlich kostengünstigere Beitragsklasse einzuräumen. Sie habe daher die zu Unrecht geleisteten Beiträge zu erstatten. Allerdings sei der Kläger verpflichtet, sich die von der Beklagten im streitigen Zeitraum ohne Rechtsgrund erhaltenen Leistungen auf seinen Rückzahlungsanspruch anrechnen zu lassen.

Die Beklagte hat dieses Urteil mit der - vom LSG zugelassenen - Revision angefochten. Sie ist der Ansicht, der Kläger habe auch für die streitige Zeit keinen Anspruch auf Erstattung eines Teils der geleisteten Beiträge, denn in der Vergangenheit abgeschlossene, zurückliegende Versicherungsverhältnisse könnten nicht nachträglich umgestaltet werden. Das gelte auch dann, wenn der Beitragsbescheid noch nicht bindend geworden sei. Der Kläger könne nachträglich nicht so gestellt werden, wie für die Zeit vom 1. Juli 1977 an. Eine nachträgliche Durchführung der knappschaftlichen Krankenversicherung der Rentner sei nicht mehr möglich, weil der Kläger bis zum 30. Juni 1977 unabhängig von seiner Mitgliedschaft in der knappschaftlichen Krankenversicherung der Rentner wie ein normales freiwilliges Mitglied in der knappschaftlichen Krankenversicherung behandelt worden sei. Das Wahlrecht, das die Satzung für die Zeit seit dem 1. Juli 1977 vorsehe, könne nicht rückwirkend ausgeübt werden. Der für die Zeit vom 1. Juli 1977 an geltende Beitragssatz von 3 vH könne auch nicht rückwirkend eingeführt werden, weil es an den Grundlagen für die Feststellung fehle, welcher Beitragssatz für die Zeit vor dem 1. Juli 1977 erforderlich gewesen sei, um die Differenz zwischen den Leistungen aus der knappschaftlichen Krankenversicherung der Rentner und der freiwilligen Versicherung zu finanzieren. Im übrigen ergebe sich aus § 48 Abs 2 des 10. Buches des Sozialgesetzbuches (SGB 10), daß ein Verwaltungsakt mit Dauerwirkung, wozu auch der Beitragsbescheid gehöre, nur mit Wirkung für die Zukunft aufzuheben sei, wenn durch die höchstrichterliche Rechtsprechung nachträglich das Recht anders ausgelegt werde, als die Behörde es bei Erlaß des Verwaltungsakts getan habe und sich dieses zugunsten des Berechtigten auswirke.

Die Beklagte beantragt,

das angefochtene Urteil abzuändern mit der

Maßgabe, daß die Klage auch abgewiesen wird,

soweit sie die Erstattung der in der Zeit

vom 1. Januar 1977 bis zum 30. Juni 1977

gezahlten Beiträge betrifft.

Der Kläger beantragt,

die Revision der Beklagten zurückzuweisen.

Er hält das angefochtene Urteil im Ergebnis und in der Begründung für richtig und ist der Ansicht, die Revision der Beklagten sei unbegründet. Zusätzlich trägt er vor, aus § 48 Abs 2 SGB 10, der lediglich bindend gewordene Verwaltungsakte betreffe, könne nicht hergeleitet werden, daß auch ein nicht bindend gewordener Beitragsbescheid nur mit Wirkung für die Zukunft aufzuheben sei.

Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.

 

Entscheidungsgründe

Die zulässige Revision der Beklagten ist auch begründet. Das Berufungsgericht hat die Beklagte zu Unrecht zur Erstattung der über den Beitragssatz von 3 vH hinausgehenden Beiträge für die Zeit vom 1. Januar 1977 bis zum 30. Juni 1977 unter Verrechnung der in diesem Zeitraum zuviel erbrachten Leistungen verurteilt.

Es kann dahingestellt bleiben, ob der die Erstattung zu Unrecht entrichteter Beiträge regelnde § 26 des 4. Buches des Sozialgesetzbuches (SGB 4) auf solche Beiträge anwendbar ist, die vor seinem Inkrafttreten (1. Juli 1977) entrichtet wurden (verneinend Urteil des erkennenden Senats vom 28. Mai 1980 - SozR 2600 § 121 Nr 2 -). Die in dieser Vorschrift enthaltenen Rechtsgrundsätze fanden vor Inkrafttreten des SGB 4 in § 1424 der Reichsversicherungsordnung (RVO) aF und § 186 des Arbeitsförderungsgesetzes (AFG) jeweils in der bis dahin gültigen Fassung (aF) ihren Niederschlag und wurden mangels einer ausdrücklichen Vorschrift im Recht der gesetzlichen Krankenversicherung entsprechend angewendet (vgl BSG SozR 2600 § 121 Nrn 2 und 3 mwN). Danach sind die zur gesetzlichen Krankenversicherung zu Unrecht entrichteten Beiträge zu erstatten, es sei denn, daß der Versicherungsträger bis zur Geltendmachung des Erstattungsanspruchs aufgrund dieser Beiträge oder für einen Zeitraum, für den die Beiträge zu Unrecht entrichtet worden sind, Leistungen erbracht oder zu erbringen hat (vgl § 1424 Abs 3 RVO aF).

Nach der Rechtsprechung des erkennenden Senats sind zwar solche Beiträge nicht zu Unrecht erbracht und damit ohnehin nicht zu erstatten, denen ein bindend gewordener Beitragsbescheid zugrunde liegt (vgl SozR 2600 § 121 Nrn 2 und 3). Der Erstattungsanspruch des Klägers scheitert aber nicht schon daran. Die den streitigen Zeitraum betreffenden Beitragsbescheide der Beklagten, die keine Rechtsmittelbelehrung enthielten, sind vom Kläger innerhalb der nach § 66 Abs 2 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) geltenden Jahresfrist angefochten worden, so daß sie nicht nach § 77 SGG bindend wurden. Sie können daher nur dann ausreichende Rechtsgrundlage für die erbrachten Beiträge sein, wenn sie mit der materiellen Rechtslage in Einklang stehen, also rechtmäßig sind. Der erkennende Senat hat in seinem Urteil vom 30. März 1977 (SozR 2600 § 120 Nr 1) im Anschluß an die Entscheidung des BVerfG vom 9. Juni 1975 (SozR 2200 § 205 Nr 4) die undifferenzierte Beitragsbemessung auf 12,1 vH durch die Satzung der Beklagten für solche freiwillig Versicherte als mit dem Gleichheitsgrundsatz des Art 3 Abs 1 des Grundgesetzes (GG) unvereinbar gehalten, die nach Ausübung eines entsprechenden Wahlrechts im Leistungsfall zunächst die knappschaftliche Krankenversicherung der Rentner und ihre zusätzliche freiwillige Krankenversicherung nur insoweit in Anspruch nehmen, als die Leistungen daraus wesentlich günstiger sind. Für solche Versicherte kann die Satzung der Beklagten jedenfalls keine ausreichende Rechtsgrundlage für die Beitragsbemessung auf 12,1 vH gewesen sein (vgl BSG SozR 2600 § 121 Nr 2). Gleichwohl hat der Kläger keinen Anspruch auf anteilige Erstattung der geleisteten Beiträge. Sowohl nach § 26 SGB 4 als auch nach den vor seinem Inkrafttreten geltenden Rechtsgrundsätzen sind zu Unrecht entrichtete Beiträge dann nicht zu erstatten, wenn aufgrund dieser Beiträge oder für ihren Geltungszeitraum Leistungen erbracht worden oder zu erbringen sind. Dies trifft hier zu, weil nach dem angefochtenen Berufungsurteil davon auszugehen ist, daß die Beklagte aufgrund der freiwilligen Versicherung des Klägers für die streitige Zeit "Mehrleistungen" der knappschaftlichen Krankenversicherung erbracht hat. Nun mag zwar eine Beitragserstattung trotz erbrachter Leistungen dann nicht ausgeschlossen sein, wenn die Leistungen ohne Rücksicht auf die zu Unrecht entrichteten Beiträge zu erbringen waren (so Meydam, Bl für Steuern und Sozialrecht 1977, 92, 94 f; anderer Ansicht Hauck-Haines, Sozialgesetzbuch 4, § 26 RdNr 7 am Ende). Das angefochtene Urteil wäre allerdings unverständlich, wenn die erbrachten "Mehrleistungen" von der Beklagten unabhängig von der streitigen Beitragsdifferenz zu erbringen gewesen wären. Zwar sind Grundlage der Leistungen aus der gesetzlichen Krankenversicherung nicht die Beiträge, sondern die Mitgliedschaft. Die Beiträge sind aber iS des § 26 SGB 4 und der vorher geltenden entsprechenden Grundsätze Grundlage der Leistungen auch in der gesetzlichen Krankenversicherung jedenfalls dann, wenn - wie nach § 20 des Reichsknappschaftsgesetzes (RKG), § 314 RVO - die Mitgliedschaft ihrerseits beitragsabhängig ist.

Selbst wenn der Kläger während der streitigen Zeit keine Leistungen aus seiner freiwilligen knappschaftlichen Krankenversicherung erhalten hätte, könnte er die Erstattung der geltend gemachten Beitragsdifferenz nicht verlangen. Wie in der Entscheidung des erkennenden Senats vom 30. März 1977 (SozR 2600 § 120 Nr 1) zum Ausdruck kommt, tritt der Leistungsanspruch aus der freiwilligen Krankenversicherung nur dann im Umfang des Leistungsanspruchs aus der knappschaftlichen Krankenversicherung der Rentner zurück, wenn der Versicherte ein entsprechendes Wahlrecht ausgeübt hat. Das ist während der streitigen Zeit nicht geschehen. Dabei ist es ohne Bedeutung, daß der Kläger mangels der Kenntnisse von dem Bestehen eines solchen Wahlrechts und mangels einer entsprechenden satzungsmäßigen Ausgestaltung keine Möglichkeit hatte, dieses Wahlrecht auszuüben. Die Beklagte hat jedenfalls effektiv das Risiko getragen, die Leistungen in vollem Umfang aus der freiwilligen Krankenversicherung des Klägers erbringen zu müssen. Bei der autonomen Bemessung der Beiträge nach den §§ 119, 121 RKG hat die Beklagte den zu erwartenden Leistungsaufwand zu berücksichtigen; sie mußte also auch in Fällen der vorliegenden Art die voraussichtlichen Leistungen bei der Beitragsgestaltung einkalkulieren. Dem kann nicht entgegengehalten werden, daß sie das volle Leistungsrisiko auch dann zu tragen hat, wenn zunächst die Leistungen der knappschaftlichen Krankenversicherung der Rentner in Anspruch genommen werden. Für die Beitragsbemessung in der knappschaftlichen Krankenversicherung ist es von großer Bedeutung, ob die Leistungen aus der knappschaftlichen Krankenversicherung der Rentner oder aus der sonstigen knappschaftlichen Krankenversicherung zu erbringen sind. Während nach § 120 RKG die Kosten in vollem Umfang von der knappschaftlichen Rentenversicherung erstattet werden, so daß die Leistungen der knappschaftlichen Krankenversicherung der Rentner bei der Beitragsgestaltung für die übrigen Mitglieder der knappschaftlichen Krankenversicherung unberücksichtigt zu lassen sind, ist der Beitrag für die übrigen Mitglieder der knappschaftlichen Krankenversicherung kostendeckend festzusetzen (vgl BSG SozR 2600 § 120 Nr 1). Mußte die Beklagte aber in der streitigen Zeit wegen der fehlenden Möglichkeit einer Ausübung des Wahlrechts durch die Versicherten davon ausgehen, daß sie die Leistungen für die doppelt Versicherten in vollem Umfang aus der freiwilligen Versicherung zu erbringen hat, so steht dieses Kostenrisiko einer rückwirkenden Änderung des Versicherungsverhältnisses ganz allgemein entgegen. Abgesehen davon, daß die im angefochtenen Urteil vorgesehene Rückgewähr erbrachter Sozialversicherungsleistungen insbesondere bei vielen Sachleistungen gar nicht möglich ist, könnte wegen des Solidarcharakters der Beiträge ein Austausch von Leistungen und Beiträgen nicht auf den Einzelfall beschränkt werden, sondern müßte man sich auf die gesamte Zahl der Versicherten beziehen, die für die Beitragsgestaltung von Bedeutung waren. Die Satzungsautonomie der Beklagten bei der Beitragsgestaltung verbietet indes der Rechtsprechung, der Beklagten einen bestimmten Beitragssatz vorzuschreiben. Dagegen würde es verstoßen, wenn man mit dem LSG im Rahmen einer Beitragsrückforderung und damit für einen Einzelfall die rückwirkende Abwicklung eines in der Vergangenheit liegenden Versicherungsverhältnisses zu einem bestimmten, in der Satzung für diese Zeit nicht vorgesehenen Beitragssatz vorschreibt.

Der Beitragserstattungsanspruch des Klägers kann auch nicht aus dem Rechtsinstitut des sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs wegen Verletzung von Betreuungspflichten hergeleitet werden. Der Herstellungsanspruch ist nicht geeignet, ein Rückzahlungsbegehren zu begründen, dem spezielle gesetzliche Regelungen - im vorliegenden Fall § 26 SGB 4 bzw die entsprechende Anwendbarkeit des § 1424 Abs 3 RVO - entgegenstehen (vgl BSGE 49, 76, 80, 81; 50, 88, 91; 51, 89, 94 jeweils mwN).

Die Beklagte ist nach alledem auch für die Zeit vom 1. Januar bis 30. Juni 1977 nicht zur Erstattung der Beitragsdifferenz zwischen 12,1 vH und 3 vH verpflichtet. Der Senat hat auf die danach begründete Berufung der Beklagten das angefochtene Urteil aufgehoben und die unbegründete Berufung des Klägers gegen das klageabweisende Urteil des SG zurückgewiesen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

 

Fundstellen

Haufe-Index 60390

RegNr, 9592

KVRS, A-3500/2 (LT1)

USK, 82136 (LT1)

EzS, 60/37

SozR 2600 § 121, Nr 4 (LT1)

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