Leitsatz (amtlich)

1. Für die Förderungsfähigkeit einer Maßnahme der beruflichen Fortbildung nach AFG § 41 ist nicht nur deren Inhalt (Lehrstoff) maßgebend, sondern ebenso das von ihr angestrebte Ziel (ihr Zweck).

2. Kosten für eine notwendig außerhalb der eigentlichen Fortbildungsmaßnahme erworbene Bedingung als Voraussetzung für den Zugang zu der die Maßnahme anschließenden Prüfung (hier: Kosten der Führerscheine Klasse 1 und 2 als Voraussetzung für die Ablegung der Meisterprüfung im Kfz-Handwerk) sind nur dann als unmittelbar durch die Maßnahme iS von AFG § 45 entstanden anzusehen, wenn sie die Vermittlung nur auf das Maßnahmeziel gerichteter und spezifisch berufsbezogener Fähigkeiten betreffen.

3. Für die Förderung einer beruflichen Fortbildung oder Umschulung ist mit Ausnahme der ermächtigungskonformen Regelung in AFuU § 2 Abs 7 Fassung: 1969-12-18 eine Beschränkung nach der Staatsangehörigkeit nicht vorgenommen worden.

 

Leitsatz (redaktionell)

Bei der Fortbildung zum Kraftfahrzeug-Meister ist Bezüglich der Kosten für die Beschaffung der Führerscheine der Klassen 1 und 2 die Unmittelbarkeit iS von AFG § 45, AFuU Fassung: 1969-12-18 zu bejahen.

 

Normenkette

AFG § 41 Fassung: 1969-06-25, § 42 Fassung: 1969-06-25, § 45 Fassung: 1969-06-25; AFuU § 2 Abs. 7 Fassung: 1969-12-18, § 12 Fassung: 1969-12-18, § 18 Fassung: 1969-12-18

 

Tenor

Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des Landessozialgerichts Hamburg vom 16. März 1973 aufgehoben. Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung an das Landessozialgericht zurückverwiesen.

 

Tatbestand

Der Kläger begehrt von der Beklagten die Erstattung von Aufwendungen für die Beschaffung von Führerscheinen der Klassen I und II als notwendige Kosten einer Fortbildungsmaßnahme.

Der Kläger ist indischer Staatsangehöriger; seit 1963 ist er in der Bundesrepublik Deutschland als Kraftfahrzeugmechaniker berufstätig. Von November 1970 bis November 1972 nahm er berufsbegleitend an einem Meisterkurs für Kraftfahrzeugmechaniker teil, den die Gewerbeförderungsanstalt der Handwerkskammer ... veranstaltete. Auf seinen Antrag vom 15. September 1970 bewilligte ihm die Beklagte für die Teilnahme an diesem Lehrgang Lehrgangsgebühren, Lernmittel, Fahrkosten und die Prüfungsgebühren in Höhe von 200,- DM (Bescheid vom 17. Februar 1971). In seinem Antrag vom 15. September 1970 hatte der Kläger bereits darauf hingewiesen, daß ihm durch die Teilnahme an der Maßnahme die Kosten für die Beschaffung von Führerscheinen der Klassen I, II und III entstehen werden. Der Bescheid vom 17. Februar 1971 enthält hierüber keine Entscheidung. Am 7. September 1971 beantragte der Kläger erneut, die Kosten für den Erwerb der Führerscheine der Klassen I, II und III zu übernehmen. Nach den Feststellungen des Landessozialgerichts (LSG) hat sich der Kläger im Laufe des Jahres 1971 praktisch und theoretisch auf die Führerscheinprüfung der Klassen I, II und III vorbereitet und hierfür insgesamt, einschließlich der Fahrprüfung, 1.649,- DM aufgewendet. Die Beklagte lehnte die Übernahme der Kosten für den Erwerb der Führerscheine mit der Begründung ab, daß es sich hierbei nicht um notwendige Kosten handele, die durch die Fortbildungsmaßnahme unmittelbar entstanden seien (Bescheid vom 20. Oktober 1971/Widerspruchsbescheid vom 30. November 1971).

Mit Urteil vom 29. August 1972 hat das Sozialgericht (SG) ... die Beklagte antragsgemäß verurteilt, die anfallenden Kosten für die Führerscheine der Klassen I und II zu übernehmen. Das SG hat die Führerscheinkosten als notwendige Kosten i.S. des § 45 des Arbeitsförderungsgesetzes (AFG) angesehen. Maßgebend hierfür sei das Ziel einer Maßnahme. Davon sei auch die Beklagte mit der Bewilligung der Kosten für die Meisterprüfung ausgegangen. Unter Hinweis auf Auskünfte der Handwerkskammer ..., auf die Meisterprüfungsordnung der Handwerkskammer ... und auf Fachliche Vorschriften für die Meisterprüfung im Kfz-Mechanikerhandwerk hat das SG festgestellt, daß Voraussetzung für die Meisterprüfung der Besitz der Führerscheine der Klassen I und II sei. Aus der Abhängigkeit zwischen dem Bestehen der Meisterprüfung als Maßnahmeziel und dem Besitz der Führerscheine der Klassen I und II als Voraussetzung für die Zulassung zu dieser Prüfung folge, daß die Kosten für den Erwerb der Führerscheine nicht nur mittelbar, sondern unmittelbar durch die Maßnahme, den Fortbildungslehrgang für Kfz-Meister, verursacht worden seien.

Auf die - zugelassene - Berufung der Beklagten hat das LSG ... mit Urteil vom 16. März 1973 das Urteil des SG aufgehoben und die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat das LSG insbesondere ausgeführt: Die vom Kläger für die Fahrschule und die Führerscheinprüfung aufgewendeten Kosten seien zwar für die Prüfung als Kfz-Meister notwendig gewesen. Sie seien aber nicht unmittelbar durch eine Maßnahme der Fortbildung oder Umschulung entstanden. Der Meisterkurs und die Fahrschule seien rechtlich zwei verschiedene Ausbildungsveranstaltungen gewesen. Einmal seien sie organisatorisch, zeitlich und wirtschaftlich unabhängig voneinander abgelaufen. Zum anderen hätten sie jede für sich selbständige Ausbildungsinhalte besessen. Die Lehrpläne beider Ausbildungsstätten setzten nicht den erfolgreichen Abschluß der anderen Ausbildung voraus. Die Teilnahme an der Fahrschule habe jedermann offengestanden, eine Meisterprüfung oder auch nur eine Gesellenprüfung im Kraftfahrzeughandwerk sei nicht erforderlich gewesen. Umgekehrt sei der Lehrstoff im Meisterkurs so vermittelt worden, daß auch Kraftfahrzeugmechaniker ohne Führerschein und ohne Fahrpraxis keine Schwierigkeiten gehabt hätten. Der Kläger habe zwar mit der Fahrschule dasselbe Ziel verfolgt wie mit der Teilnahme an dem Meisterkurs, nämlich die Ablegung der Meisterprüfung im Kraftfahrzeughandwerk. Dies ergebe sich aus § 2 der "Fachlichen Vorschriften". Das Ziel einer Ausbildung für die Förderung der beruflichen Bildung sei nach dem AFG zwar durchaus in bestimmten Fällen bedeutungsvoll, insbesondere bei der Beurteilung der arbeitsmarktpolitischen Zweckmäßigkeit i.S. von § 36 AFG. Auch sei in §§ 41, 43 und 47 AFG von den Zielen einer Maßnahme die Rede. Dies beziehe sich jedoch stets nur auf das Ziel der Maßnahme im ganzen, nicht auf die Absichten und Hoffnungen der einzelnen Teilnehmer. Vielmehr müsse die Ausbildungsveranstaltung selbst das ziel haben, berufliche Kenntnisse und Fertigkeiten zu erweitern oder der technischen Entwicklung anzupassen oder einen beruflichen Aufstieg zu ermöglichen, um nach § 43 Abs. 1 AFG als Fortbildung anerkannt zu werden. Ähnlich sei es bei § 47 Abs. 1 AFG für die berufliche Umschulung. Daraus ergebe sich aber, daß der Ausbildungsinhalt, also der jeweilige Lehrstoff, das grundsätzliche Unterscheidungsmerkmal sei, von dem das Gesetz die Förderung einer Ausbildung abhängig mache. Die Zielangaben seien lediglich allgemeine Umschreibungen für die verschiedenartigen Ausbildungsinhalte. Aus § 34 Satz 2 AFG sei zu entnehmen, woran diese Unterschiede zu erkennen seien, nämlich an "Dauer, Gestaltung des Lehrplans, Unterrichtsmethode, Ausbildung und Berufserfahrung des Leiters und der Lehrkräfte". Für die berufliche Fortbildung verlange § 41 Abs. 1 AFG zusätzlich noch bestimmte Zugangsvoraussetzungen. Alle diese Merkmale könnten nur Anhaltspunkte für den Inhalt der jeweiligen Ausbildungsmaßnahme geben. Welchen Gebrauch der einzelne Teilnehmer sodann von dem ihm in der Maßnahme vermittelten Wissen zu machen gedenke, sei grundsätzlich nicht von Bedeutung. Ausnahmen hiervon seien zwar denkbar, z.B. in § 43 Abs. 1 Nr. 3 bis 5 und § 47 Abs. 1 AFG; diese könnten die Grundregel jedoch nur bestätigen, daß die Förderungswürdigkeit vom Inhalt der jeweiligen Ausbildung abhängig sei. Es entspreche auch dem Grundsatz der Gleichbehandlung aller Teilnehmer an einer Ausbildungsmaßnahme, wenn nicht die individuellen Interessen der Teilnehmer der Maßstab der Förderung seien. Das bedeute, daß Maßnahmen auch dann von der Förderung ausgeschlossen seien, wenn sie im konkreten Fall der Berufsausübung zugute kämen. Diese Grundsätze stünden im vorliegenden Fall einer Förderung entgegen. Infolgedessen sei die Fahrschule des Klägers als eine besondere Ausbildungsmaßnahme neben dem Meisterkurs anzusehen; daher könnten die aus ihr entstandenen Kosten nicht nach § 45 AFG dem Meisterkurs zugerechnet werden. Sie wären nur erstattungsfähig, wenn die Fahrschule selbst eine Fortbildungs- oder Umschulungsmaßnahme darstellte. Hierfür fehle es jedoch an den gesetzlichen Voraussetzungen.

Mit der zugelassenen Revision rügt der Kläger eine Verletzung von § 45 AFG und trägt insbesondere vor: Auf die Frage, ob die Fahrschule eine selbständige Maßnahme sei oder nicht, komme es nicht an; entscheidend sei allein, ob die Fahrschulkosten i.S. von § 45 AFG notwendige Kosten seien, die durch die Fortbildungsmaßnahme selbst, nämlich den Meisterkurs, unmittelbar entstünden. Das sei hier der Fall. Der Meisterkurs selbst sei eine berufliche Fortbildungsmaßnahme i.S. von § 41 AFG, der das Ziel habe, u.a. den Teilnehmern einen beruflichen Aufstieg zu ermöglichen. Dieses Ziel bedeute entgegen der Auffassung des LSG nicht nur eine allgemeine Umschreibung des Ausbildungsinhalts, sondern gleichzeitig, daß ein Erfolg erreicht werden solle. Dies gehe besonders aus § 42 AFG hervor, wonach Personen nur dann gefördert würden, wenn zu erwarten sei, daß sie an der Fortbildungsmaßnahme mit Erfolg teilnehmen werden. Der Kläger verweist in diesem Zusammenhang auch auf § 1 Nr. 2 der Anordnung des Verwaltungsrats der Bundesanstalt für Arbeit über die individuelle Förderung der beruflichen Fortbildung und Umschulung vom 18. Dezember 1969 (ANBA 1970, 85 - AFuU 1969 -) in der Fassung vom 9. September 1971. Bei einem Meisterkurs lasse sich der Erfolg nur feststellen, wenn beim Abschluß des Lehrganges eine Prüfung stattfinde. Der Meisterkurs selbst ermögliche nämlich keineswegs einen beruflichen Aufstieg, weil das aus dem Lehrgang vermittelte Wissen allein im Berufsleben nicht ausreiche, dem einzelnen Lehrgangsteilnehmer eine bessere berufliche Position zu verschaffen. Diesen Erfolg vermittele nur der auf Grund einer Prüfung erlangte Meisterbrief. Die Prüfung selbst sei infolgedessen Bestandteil der Maßnahme. Dieser Auffassung sei auch die Beklagte, wie aus der Übernahme der Prüfungsgebühren in Höhe von 200,- DM hervorgehe. Ohne die Prüfung wäre die gesamte Maßnahme sinnlos und hätte überhaupt keine Bedeutung für den beruflichen Aufstieg. Die Maßnahme umfasse also Ausbildung in einem Meisterkurs mit anschließender Prüfung, wobei der Zweck der Ausbildung einzig und allein darin bestehe, den Teilnehmern das Bestehen der Prüfung zu ermöglichen und sie dadurch einem beruflichen Aufstieg näherzubringen. Nach § 17 Abs. 2 der Meisterprüfungsordnung richteten sich die einzelnen Prüfungsanforderungen nach den "Fachlichen Vorschriften". Gemäß § 2 dieser "Fachlichen Vorschriften" sei der Besitz der Führerscheine der Klassen I und II für die Meisterprüfung nachzuweisen. Nach § 24 Abs. 6 der Meisterprüfungsordnung gelte die Meisterprüfung als nicht bestanden, wenn der Prüfling diese Befähigungsnachweise nicht erbracht habe. Aus diesen Vorschriften ergebe sich die Notwendigkeit des Führerscheinbesitzes für die Ausbildungsmaßnahme. Die hierfür benötigten Kosten seien auch unabwendbare Folge der Teilnahme an der Maßnahme und daher unmittelbar (unvermeidbar) durch die Maßnahme entstanden. Sie seien allein durch die Teilnahme des Klägers an dem Meisterlehrgang erforderlich geworden. Hätte er die Maßnahme nicht besucht und keine Prüfung abzulegen brauchen, so wäre der Besuch der Fahrschule nicht nötig gewesen.

Der Kläger beantragt,

das angefochtene Urteil sowie den Bescheid vom 20. Oktober 1971 und den Widerspruchsbescheid vom 30. November 1971 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 1.649,- DM an Kosten gem. § 45 AFG zu zahlen,

hilfsweise,

unter Aufhebung des angefochtenen Urteils den Rechtsstreit an das LSG Hamburg zurückzuverweisen.

Die Beklagte beantragt,

die Revision des Klägers als unbegründet zurückzuweisen.

Sie hält die angefochtene Entscheidung für richtig.

Beide Beteiligte sind mit einer Entscheidung durch Urteil ohne mündliche Verhandlung (§ 124 Abs. 2 des Sozialgerichtsgesetzes - SGG -) einverstanden.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision des Klägers ist im Sinne der Zurückverweisung des Rechtsstreits an das LSG begründet. Der Kläger hat dem Grunde nach Anspruch auf Erstattung der notwendigen Kosten für die Beschaffung der Führerscheine der Klassen I und II.

Dem LSG ist zwar darin beizupflichten, daß es sich bei dem Besuch der Fahrschule und bei der Ablegung der Fahrprüfung für sich gesehen nicht um eine förderungsfähige Maßnahme der beruflichen Fortbildung oder Umschulung i.S. von §§ 41, 47 AFG handelt. Die vom Kläger für den Erwerb der Führerscheine der Klassen I und II aufgewendeten notwendigen Kosten sind jedoch nach § 45 AFG von der Beklagten zu tragen, weil sie unmittelbar durch die berufliche Bildungsmaßnahme entstanden sind, an der der Kläger zum Zweck seiner Ausbildung zum Kfz-Meister teilgenommen hat.

Auf Grund der dem angefochtenen Urteil zu entnehmenden Feststellungen handelt es sich bei dem Meisterkurs für den Kläger inhaltlich um die Teilnahme an einer Maßnahme der beruflichen Fortbildung, für welche die vom Gesetz verlangten Zugangsvoraussetzungen vorliegen (§ 41 Abs. 1 AFG; vgl. auch § 49 Handwerksordnung - HwO -). Die Maßnahme, an der der Kläger teilgenommen hat, bestand aus einem zweijährigen berufsbegleitenden Meisterlehrgang der Handwerkskammer und der anschließenden Meisterprüfung vor dem Prüfungsausschuß der Handwerkskammer (vgl. § 47 HwO).

Die Zusammengehörigkeit dieser beiden Maßnahmeteile wird vom Ziel der Förderung her deutlich. Die Förderung ist i.S. des § 43 Abs. 1 Nr. 1 AFG auf einen beruflichen Aufstieg des Klägers gerichtet. Dieser Aufstieg ist aber nicht schon mit dem Durchlaufen des Meisterkurses als solchem erreicht, sondern erst mit der Ablegung der Meisterprüfung (vgl. § 51 HwO). Zu Unrecht hat das LSG als entscheidendes Merkmal für die Förderungsfähigkeit einer Maßnahme nicht deren Ziel, sondern lediglich deren Inhalt (Lehrstoff) bezeichnet. Dieser Auffassung steht es bereits entgegen, daß die in § 36 AFG geregelten Voraussetzungen Merkmale des Anspruchs auf eine Fortbildungsförderung sind. Ob aber die Förderung der Teilnahme an einer Maßnahme arbeitsmarktpolitisch zweckmäßig ist, kann nur danach beurteilt werden - wie auch das LSG einräumt -, welche Wirkungen diese Teilnahme für den einzelnen haben wird. Dabei kann das mit der Maßnahme zu erreichende Berufsziel nicht außer acht bleiben. Wenn die Maßnahme nicht die Erreichung des mit ihr beabsichtigten beruflichen Zieles (Zweckes) bewirkt, müßte die Förderung wegen Nichterfüllung der Forderung von § 36 AFG, also wegen Fehlens einer Anspruchsvoraussetzung, unterbleiben. Ferner ist auf § 39 Nr. 1 AFG hinzuweisen, der der Beklagten aufgibt, in ihren Anordnungen bei der individuellen Förderung der beruflichen Bildung u.a. auch das damit angestrebte Ziel des Antragstellers und den Zweck der Förderung zu berücksichtigen. Dem steht der Hinweis des LSG auf § 34 AFG, wonach die Förderung auf die inhaltliche Ausgestaltung der Maßnahme - Dauer, Lehrplan, Lehrmethode, Lehrkräfte - abstelle, nicht entgegen. Das LSG hat diese Vorschrift nur unvollständig zitiert. § 34 Satz 2 AFG besagt nämlich weiter, daß die o.a. Umstände in einer Weise gegeben sein müssen, daß eine "erfolgreiche" berufliche Bildung zu erwarten ist. Damit wird - entgegen der Meinung des LSG - ebenfalls auf das Ergebnis der Bildungsmaßnahme abgestellt. Wenn dem LSG auch darin beigepflichtet werden kann, daß das Förderungskriterium nicht daran zu messen ist, welche Veränderung seiner beruflichen Situation der einzelne erreichen möchte, so ist dennoch (objektiv) von ausschlaggebender Bedeutung, welche Veränderung er durch die Maßnahme erreichen kann, soll und - im Erfolgsfall - wird. Unter den in § 2 Nrn. 2, 3, 5 und 6 AFG als Ziele des Gesetzes aufgeführten Tatbeständen ließe es sich nicht rechtfertigen, den Erfolg einer Maßnahme in der beruflichen Wirklichkeit für die Frage der Förderbarkeit der Maßnahme nach dem AFG außer acht zu lassen. Diese Auffassung wird im übrigen auch von der Beklagten in der AFuU 1969 selbst vertreten. Aus einer Reihe von Vorschriften wird deutlich, daß sie das Ergebnis, das Ziel, den Abschluß einer Maßnahme, als wesentliches Merkmal ihrer Förderungspflicht ansieht (vgl. § 1; § 2 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Satz 1, Abs. 3; § 3 Abs. 1 Satz 1, Abs. 3 Satz 1; § 6 Abs. 1 Satz 1). Folgerichtig hat sie daher in § 12 AFuU 1969 bestimmt, daß zu den Lehrgangsgebühren auch die unvermeidbar entstehenden Prüfungsgebühren gehören. Deutlicher hätte die Zusammengehörigkeit von Ausbildungsabschnitt und Prüfung des Erlernten in einer Einheit nicht zum Ausdruck gebracht werden können. Deshalb hat die Beklagte dem Kläger zutreffend die Erstattung der Prüfungsgebühren für die Meisterprüfung bewilligt.

Die Zusammengehörigkeit von Meisterkurs und Meisterprüfung wird auch an den Berufsordnungsregelungen der HwO deutlich. Nur wer die Meisterprüfung bestanden hat, darf im Handwerk die Bezeichnung "Meister" führen (§ 51 HwO). Die bestandene Meisterprüfung ist Voraussetzung für die Eintragung in die Handwerksrolle (§ 57 HwO) und damit für den selbständigen Betrieb eines Handwerks als stehendes Gewerbe (§ 1 Abs. 1 HwO); sie erst berechtigt zur Einstellung und Ausbildung von Lehrlingen im Handwerk (§ 21 HwO) und zum Eintritt in die Handwerksinnung (§ 58 HwO), sie erlaubt die Berufung in Meisterprüfungsausschüsse (§ 48 HwO).

Nach allem bestand die Fortbildungsmaßnahme des Klägers aus dem Meisterkurs und der anschließenden Meisterprüfung; er war Teilnehmer i.S. des § 41 Abs. 1 AFG an beidem; inhaltlich sollten ihm dadurch die Kenntnisse für das Bestehen der Prüfung vermittelt werden. Ziel der Förderung war die Erlangung des Titels (= der Berufsqualifikation) eines Kfz-Meisters.

Der Kläger erfüllt auch die persönlichen Voraussetzungen für eine Förderung. Insbesondere scheitert sein Anspruch nicht daran, daß er nicht die deutsche Staatsangehörigkeit besitzt. § 42 AFG setzt in persönlicher Hinsicht für die Förderung einer beruflichen Fortbildung lediglich voraus, daß der Antragsteller eine beitragspflichtige Beschäftigung ausgeübt hat oder ausüben will. Anders als in § 40 Abs. 2 AFG für die Berufsausbildungsbeihilfe ist für die berufliche Fortbildung und Umschulung eine Beschränkung des zu fördernden Personenkreises nach der Staatsangehörigkeit nicht vorgenommen worden. Sofern die Staatsangehörigkeit rechtlich von Bedeutung ist, wird dies im AFG ausdrücklich erwähnt (vgl. §§ 18, 19, 40 Abs. 2, 107, 108, 109, 173, 180 AFG). In § 2 Abs. 7 AFuU 1969 hat die Beklagte deshalb ermächtigungskonform bestimmen können, daß die Förderung Nichtdeutscher - soweit sie nicht gleichzubehandeln sind - eine mindestens einjährige berufliche Tätigkeit im Geltungsbereich des AFG vor Eintritt in die Maßnahme voraussetzt. Diese Voraussetzung ist im Fall des Klägers gegeben.

Die Führerscheinkosten der Klassen I und II sind unmittelbar i.S. von § 45 AFG durch die Fortbildungsmaßnahme entstanden. Denn nach den Feststellungen des LSG hat der Kläger die Führerscheine nur deshalb erworben, weil er ohne deren Besitz das Ziel der Maßnahme, nämlich die Qualifikation eines Kfz-Meisters, nicht hätte erreichen können. Wie der Senat bereits entschieden hat, ist für die Erstattung nach § 45 AFG eine enge kausale Verknüpfung zwischen den entstandenen notwendigen Kosten und der Fortbildungsmaßnahme in dem Sinne erforderlich, daß sie ohne die Teilnahme an dem Lehrgang nicht entstanden wären (Urteil vom 29. August 1974 - 7 RAr 51/73 -). Einer in diesem Sinn vorliegenden "Unmittelbarkeit" steht es nicht entgegen, daß die Kosten in tatsächlicher Hinsicht nicht durch den geförderten Lehrgang selbst, also dessen Träger gegenüber, entstanden sind. Dies ergibt sich aus den in § 45 AFG genannten Beispielen. Kosten für Lernmittel, Fahrten, Unterkunft, Verpflegung und ähnliches entstehen nämlich ebenfalls nicht - jedenfalls nicht immer - dem Lehrgangsträger gegenüber. Dies hat den Gesetzgeber aber nicht gehindert, insoweit noch im Rechtssinne von einer "unmittelbaren" Verursachung durch die Maßnahme auszugehen. Der Erstattung der Führerscheinkosten steht es daher noch nicht entgegen, daß sie tatsächlich aus der Inanspruchnahme der Fahrschule entstanden sind.

Die Kosten für die Führerscheine der Klassen I und II müssen aber rechtlich durch die Maßnahme verursacht werden. Dies ist nach den Feststellungen des LSG der Fall; denn der Besitz der Führerscheine der Klassen I und II ist Prüfungsbedingung und damit für den Erwerb der Qualifikation eines Kfz-Meisters erforderlich. Dies würde allein für die Erfüllung des Begriffs der "Unmittelbarkeit" i.S. von § 45 AFG allerdings nicht ausreichen, denn für Prüfungen sind häufig Zugangsbedingungen in Form von Eigenschaften oder Qualifizierungen des Prüflings erforderlich, die er besitzen muß, um zu der Prüfung überhaupt zugelassen zu werden oder sie bestehen zu können. Hier ist z.B. an einen bestimmten Gesundheitszustand, an die Beherrschung der deutschen Sprache, an qualifizierte schulische Vorkenntnisse u. dgl. zu denken. Die Kosten für den Besitz bzw. Erwerb derartiger allgemeiner Eigenschaften oder Qualifizierungen sind jedoch nur aus Anlaß der Teilnahme an einer bestimmten Fortbildungsmaßnahme und nicht unmittelbar durch sie i.S. von § 45 AFG entstanden. Zur Aufgabenstellung der Beklagten im Bereich der beruflichen Bildungsförderung gehört es nicht, Zugangsbedingungen allgemeiner Art, deren Besitz oder Erwerb für die Erreichung eines bestimmten Bildungszieles zwar unumgänglich ist, die jedoch nicht spezifischer Teil der angestrebten Berufsqualifikation sind, zu fördern. Die Verschaffung von Qualifikationen, wie sie üblicherweise und nach allgemeiner Erfahrung jeder besitzen sollte oder sich nach üblicher Anforderung verschaffen muß, der am Berufsleben teilnimmt, ist demgemäß von der Erstattung nach § 45 AFG ausgeschlossen, auch wenn ein Antragsteller, der sie (noch nicht) besitzt, diese sich nunmehr aus Anlaß der Bildungsmaßnahme aneignen muß. Kosten für eine notwendig außerhalb der eigentlichen Fortbildungsmaßnahme erworbene Bedingung (Ausbildung) als Voraussetzung für den Zugang zu der die Maßnahme abschließenden Prüfung sind jedoch dann (aber auch nur dann) als unmittelbare Kosten i.S. von § 45 AFG anzusehen, wenn sie die Vermittlung nur auf das Maßnahmeziel gerichteter und spezifisch berufsbezogener Fähigkeiten betreffen, die üblicherweise nicht erwartet werden und die vom fachlichen Bildungsziel her auch in den Fortbildungskursus selbst hätten einbezogen sein können. Damit ergibt sich für den Einzelfall eine geeignete Abgrenzung zwischen denjenigen Kosten, die nur aus "Anlaß" der Maßnahme (jetzt) entstanden sind, und solchen, die nur wegen der Maßnahme erforderlich wurden.

Bezüglich der Kosten für die Beschaffung der Führerscheine der Klassen I und II für einen angehenden Kfz-Meister ist diese Bildungsziel- und Berufsbezogenheit im vorliegenden Fall zu bejahen. Ein Kfz-Meister muß grundsätzlich in der Lage sein, alle Kraftfahrzeuge bedienen und steuern zu können und zu dürfen. Er muß die damit verbundenen fahr-, zulassungs- und rechtstechnischen Kenntnisse besitzen. Anders ist es beim Kfz-Gesellen. Weder für die Ausbildung zum Kfz-Mechaniker noch für die Zulassung zur Gesellenprüfung ist der Besitz eines Führerscheins vorgeschrieben (vgl. Blätter für Berufskunde, Band 1 - II A 402 "Kraftfahrzeugmechaniker"; Verordnung über die Berufsausbildung zum Kraftfahrzeugmechaniker vom 6. Dezember 1973 - BGBl I S. 1822 -). Das Erfordernis für den Besitz der Führerscheine der Klassen I und II ergibt sich erst für die Erlangung des Berufszieles eines Kfz-Meisters. Infolgedessen ist für die hierbei anfallenden Kosten die Unmittelbarkeit i.S. von § 45 AFG zu bejahen.

Der Senat konnte in der Sache jedoch nicht abschließend entscheiden, denn das LSG hat - von seinem Standpunkt aus zu Recht - keine Feststellungen hinsichtlich der Notwendigkeit der vom Kläger behaupteten Kosten in bezug auf ihre Höhe getroffen. Nach § 45 AFG trägt die Bundesanstalt für Arbeit (BA) die notwendigen Kosten "ganz oder teilweise". Das Gesetz gibt der BA die Ermächtigung zu generalisierenden Regelungen (Pauschalierung). Von der Pauschalierung hat die BA teilweise Gebrauch gemacht (vgl. § 16 AFuU 1969, § 14 AFuU 1969 idF 1970, §§ 12 bis 16 AFuU 1971). In § 18 AFuU 1969, der hier anzuwenden ist, will die BA sonstige Kosten nur "ausnahmsweise" tragen. Soweit sie sich dabei zu einer völligen Ablehnung der Erstattung von notwendigen, durch die Fortbildungsmaßnahme unmittelbar entstandenen Kosten ermächtigen wollte, hätte sie die Grenze der §§ 39, 45 AFG überschritten. Null ist nicht teilweise. Der Senat ist jedoch der Auffassung, daß § 18 AFuU 1969 dahin ausgelegt werden kann, daß die BA von der Ermächtigung des § 45, "ganz oder teilweise" die notwendigen Kosten zu erstatten, in bezug auf die "sonstigen Kosten" in der Weise Gebrauch gemacht hat, daß sie zwar nur die unvermeidbar entstehenden Kosten erstatten will, diese aber ganz, d.h. in der vollen anfallenden Höhe. Das LSG wird sonach festzustellen haben, ob die vom Kläger geltend gemachten Kosten in Höhe von 1.649,- DM in vollem Umfang notwendig für die Beschaffung der Führerscheine der Klassen I und II waren. Es wird dabei insbesondere nicht übersehen können, daß ausweislich der vom Kläger zu den Verwaltungsakten der Beklagten (Bl. 31) eingereichten Ausbildungsrechnung der Fahrschule ... vom 7. Oktober 1972 in diesem Betrag auch Kosten für Ausbildung betreffend den Führerschein Klasse III enthalten sind.

Das LSG wird auch über die Erstattung von Kosten des Revisionsverfahrens zu entscheiden haben.

 

Fundstellen

Haufe-Index 1649297

BSGE, 292

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Haufe Personal Office Platin. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge