Mit dem Brexit gilt auch die Freizügigkeit als eine der elementaren Grundfreiheiten der EU im Verhältnis zum Vereinigten Königreich nicht mehr. Grundsätzlich endete die Arbeitnehmerfreizügigkeit für britische Staatsbürger in Deutschland und für Deutsche im Vereinigten Königreich bereits mit Ablauf der Frist des Artikel 50 Abs. 3 EUV, also zum 29.3.2019. Jedoch haben alle Beteiligten – die EU, das Vereinigte Königreich und die Bundesrepublik Deutschland – auf Grundlage des Austrittsabkommens Regelungen getroffen, um diese Wirkung abzufedern: Für das Vereinigte Königreich besteht ein "EU Settlement Scheme". Danach können EU-Bürger in Großbritannien einen gesicherten Aufenthaltsstatus beantragen, wenn sie sich bis zum 31.12.2020 berechtigt im Vereinigten Königreich aufgehalten haben.

Korrespondierend bleibt deutschen Staatsbürgern die deutsche Staatsbürgerschaft erhalten, wenn sie die britische Staatsangehörigkeit vor dem 1.1.2021 beantragt haben.[1]

 
Praxis-Beispiel

Beschäftigung im Vereinigten Königreich

Die deutsche X-AG unterhält eine Niederlassung im Vereinigten Königreich und beschäftigt dort seit einigen Jahren den deutschen Ingenieur A. Was müssen die Beteiligten veranlassen, um diesen Einsatz ungestört fortsetzen zu können?

Es kommt entscheidend auf den aktuellen Status von A an: Hat A einen gültigen "Indefinite leave to remain" oder "Indefinite leave to enter"-Status, muss A nichts weiter veranlassen, er kann seine Tätigkeit ohne Weiteres fortsetzen. Hat A ein "UK permanent residence document" (regelmäßig erst nach mind. 5-jährigem Aufenthalt beantragbar), musste er bis zum 30.6.2021 einen Antrag nach dem britischen "EU Settlement Scheme" stellen.

Dauerhafte Beschäftigung nicht-britischer Arbeitskräfte an einem Standort im Vereinigten Königreich seit dem 1.1.2021

Die Zulassung zum britischen Arbeitsmarkt hängt vorrangig von der Qualifikation ("skills" ab Level 3 nach dem "Regulated Qualification Framework – RQF") und dem Einkommen (ab 30.000 Britischen Pfund) der Arbeitnehmer ab. Voraussetzung ist ein bereits bestehendes (auch neu begründetes) Arbeitsverhältnis. Dabei gibt es keine feste Obergrenze und, anders als bislang, auch keine Vorrangprüfung zugunsten einheimischer Arbeitskräfte. In diesen Fällen besteht zudem ein familiäres Zuzugsrecht und die Möglichkeit, nach 5 Jahren eine Daueraufenthaltsgenehmigung zu erlangen. Aufenthaltsrechtlich erforderlich ist ein Visum. Zudem muss jeder Arbeitgeber, der ausländische Arbeitnehmer beschäftigen will, eine Beschäftigungsgenehmigung über das "Sponsorship System" beantragen ("Sponsor License", gültig für jeweils 4 Jahre; damit verbunden ist eine bestimmte Zahl von Tickets, auf denen konkrete Arbeitskräfte "eingebucht" werden können). Der Arbeitgeber hat die "Immigration Skills Charge" zu entrichten, zudem bestehen umfassende Informations- und Mitwirkungspflichten gegenüber den britischen Behörden.

Vorübergehende Beschäftigung ohne besondere Qualifikation ab dem 1.1.2021

In diesem Bereich ergeben sich nachhaltige Verschärfungen. Grundsätzlich besteht ein umfassendes Beschäftigungsverbot, welches nur für einzelne Branchen oder jahreszeitlich gelockert wird. Für Arbeitnehmer aus "low risk countries" (dazu dürfte die Bundesrepublik Deutschland gehören) ist es unabhängig von ihrer Qualifikation möglich, zeitlich befristet zur Arbeitsaufnahme nach Großbritannien zu kommen, ohne dass bereits ein Arbeitsverhältnis besteht ("temporary short term workers"). Diesbezüglich ist ein Visum erforderlich. Zudem gibt es zahlenmäßige und zeitliche Begrenzungen sowie Differenzierungen aufgrund der Staatsangehörigkeit. In zeitlicher Hinsicht besteht eine 12-Monats-Befristung, jeweils gefolgt von einer mindestens 12-monatigen Unterbrechung. Sofern ein Visum erteilt ist, besteht keine Bindung an die zunächst ausgeübte Beschäftigung oder den ursprünglichen Arbeitgeber, ein Wechsel ist also möglich.

Der Einsatz von Arbeitnehmern zur Erbringung von Dienstleistungen im Vereinigten Königreich wird im Vereinigten Königreich für bis zu 6-monatige Aufenthalte zur Vertragserfüllung vor Ort durch natürliche Personen sowie deren Mitarbeiter bei einem britischen Kunden (sog. "Mode 4"-Regelungen aufgrund der GATS-Regelung über den Handel mit Dienstleistungen im Rahmen der WTO) erlaubt sein.

[1] § 3 Abs. 2 Brexit-Übergangsgesetz vom 27.3.2019.

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