6.1 BGM mit Erfolg

Das Betriebliche Gesundheitsmanagement der Landeshauptstadt Wiesbaden (LHW) verfolgt einen sehr modernen, ganzheitlichen Ansatz. Der Blickwinkel für das Thema Gesundheit und Arbeit wurde in den vergangenen Jahren wirkungsvoll erweitert und integriert heute diverse Handlungsfelder, die über die reine Gesundheitsförderung weit hinausreichen.

Für diese Arbeit wurde die Stadt Wiesbaden im Jahr 2020 in der Kategorie "öffentliche Verwaltung" bereits zum vierten Mal mit dem Corporate Health Award ausgezeichnet.

Wie geht man bei der Stadt Wiesbaden mit den aktuellen Herausforderungen um? Was sind wesentliche Inhalte und Erfolgsfaktoren? Die nachfolgenden Angaben und Informationen basieren auf einem persönlichen Interview der Autorin dieses Artikels mit Herrn Marcus Bittner, Leiter der Abteilung Soziale Angelegenheiten, zentrale Dienste im Personal- und Organisationsamt und Herrn Julian Talaska, Leiter des Sachgebietes "Beruf und Familie, Gesundheitsmanagement" sowie Projektleiter für das Integrierte Gesundheitsmanagement der Stadt Wiesbaden (geführt am 12.1.2021).

6.2 Handlungsfelder eines Integrierten Gesundheitsmanagements (IGM)

Seit 2008 fördert die Landeshauptstadt Wiesbaden (LHW) sehr erfolgreich die Gesundheit ihrer Beschäftigten. Eine wesentliche Erkenntnis der vergangenen Jahre ist, so Bittner, dass die Wirkung eines ganzheitlichen BGM weit über die bisherigen Grenzen hinausreicht (d. h. eine fokussierte Ausrichtung auf die Gesundheit der Beschäftigten (BGM & BGF)). Die Vernetzung und Zentralisierung weiterer Handlungsfelder erfolgte nach und nach. Abb. 2 zeigt die Handlungsfelder des Integrierten Gesundheitsmanagements.

Abb. 2: Das Integrierte Gesundheitsmanagement der Landeshauptstadt Wiesbaden[1]

Die LHW möchte sich als attraktiver Arbeitgeber präsentieren – sowohl extern für potenzielle als auch intern für angestellte Mitarbeiter. Bittner betont, dass in diesem Sinne auch das Gesundheitsmanagement vermarktet wird (nach innen und außen) und so eine nicht zu unterschätzende Strahlkraft erhält. Im Vergleich zu anderen Unternehmen sei dies ein zentrales Thema.

[1] Quelle: Landeshauptstadt Wiesbaden.

6.3 Ausgangssituation

Entsprechend des allgemeinen Personalabbautrends in der öffentlichen Verwaltung hat auch die Stadt Wiesbaden in den 2000er-Jahren mit einem deutlichen Minus in bestimmten Bereichen zu kämpfen gehabt. Die entstandene Verdichtung der Arbeit, immer mehr Aufgaben, die mit weniger Personal zu erledigen sind, führten zu einer von den BGM-Initiatoren subjektiv empfundenen Unzufriedenheit der Beschäftigten und einer nachweislich steigenden Krankenquote. Auch die Zufriedenheit der Bürgerinnen und Bürger schien nachzulassen. Geringe Haushaltsmittel erhöhten den Druck noch zusätzlich. Diese Entwicklungen gaben ursprünglich den Anlass zum Handeln. In einem ersten Schritt wurden verschiedene Analyseinstrumente eingesetzt, um die Ursachen für den erhöhten Krankenstand zu erforschen. Seither wurde das BGM permanent weiterentwickelt.

6.4 Aktuelle Herausforderungen und Lösungsansätze

Verdichtung von Kennzahlen

Seit 2008 werden überwiegend klassische Analyseinstrumente eines BGM angewandt, wie z. B. interne Kennzahlen (u. a. AU-Quote, BEM-Kennzahlen), Krankenkassenberichte und Expertengespräche, um mögliche Ursachen für den erhöhten Krankenstand zu identifizieren. Den regelmäßigen Einsatz einer Mitarbeiterbefragung hält Bittner dabei für "absolut notwendig". Allerdings nur unter der Bedingung, dass diese durch gutes Fachpersonal begleitet, optimal vorbereitet und mit den Ergebnissen weitergearbeitet wird. Bei der LHW findet dies z. B. in vertiefenden Workshops statt. Fraglich ist es eher, inwiefern dieses Instrument jedes Mal global eingesetzt werden muss. Je nachdem, welches Ziel mit dem Einsatz eines Fragebogens verfolgt wird, ist zu überlegen, welche Zielgruppe angesprochen werden soll und welche zeitlichen Abstände dabei vonnöten sind.

Durch die Weiterentwicklung hin zu einem integrierten Gesundheitsmanagement mit einer Vielfalt an Handlungsfeldern werden heute viele weitere Daten gesammelt, die es zu beobachten gilt; darunter auch Daten zur Lebenssituation der Beschäftigten, z. B. Kilometer-Entfernung zum Arbeitsplatz oder die Nutzung öffentlicher Verkehrsmittel (Jobticket). Letztgenannte Information gibt Auskunft über den Beitrag zum Klimawandel und kann entsprechend kommuniziert werden.

Aus heutiger Sicht ist es daher "nicht das Problem, dass zu wenig Informationen bzw. Kennzahlen vorliegen, sondern eher zu viele", so Bittner. "In diesem Fall unterstützt uns ein qualifizierter Mitarbeiter" und hilft bei der Auswertung und Verdichtung der unterschiedlichen Daten sowie der Konzentration auf das Wesentliche. U. a. findet seither eine genauere Betrachtung des Krankenstandes statt: Ein Blick auf die Unterteilung in Kurzzeit- und Langzeiterkrankungen hat gezeigt, dass die Höhe des Krankenstandes überwiegend durch die Anzahl der BEM-Fälle zu erklären ist. Diese Kennzahl gibt Auskunft darüber, wie viele Personen innerhalb eines Jahres länger als 6 Wochen ununterbrochen oder wiederholt arbeitsunfähig waren. Diese Erkenntnis hat dazu geführt, dass das Betrieblic...

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