Entscheidungsstichwort (Thema)

Aufwendungen für den Aufenthalt in der eigenen, sonst gewerblich genutzten Ferienwohnung

 

Leitsatz (amtlich)

Verpflegungsmehraufwand und Fahrtkosten im Zusammenhang mit einem mehrwöchigen Aufenthalt in der eigenen, sonst gewerblich genutzten Ferienwohnung sind nur dann als Betriebsausgaben abzugsfähig, wenn dargelegt und nachgewiesen ist, daß der Aufenthalt während der normalen Arbeitszeit vollständig mit Arbeiten für die Wohnung ausgefüllt war.

 

Normenkette

EStG § 4 Abs. 4, § 12 Nr. 1 S. 2

 

Tatbestand

Die Kläger und Revisionsbeklagten (Kläger), ein Ehepaar, sind seit dem Jahre 1979 je zur Hälfte Miteigentümer einer im Bayerischen Wald gelegenen Ferienwohnung. Sie erzielen daraus gewerbliche Einkünfte. Bewirtschaftung und Verwaltung der Ferienwohnung waren einer Feriendienstorganisation übertragen. Die Kläger sind berechtigt, die Wohnung vier Wochen im Jahr selbst zu nutzen; im übrigen mußten sie die Wohnung zur Vermietung zur Verfügung stellen. Von Beginn an nutzten die Kläger die Wohnung jeweils zweimal im Jahr, und zwar jeweils in der ersten und in der zweiten Jahreshälfte. Die Aufwendungen für einen der beiden Aufenthalte zogen die Kläger zunächst erfolgreich als Betriebsausgaben ab.

In den Streitjahren hielten sich die Kläger im Mai/Juni 1983 für 23 Tage sowie in der Zeit vom 10. September bis zum 1. Oktober 1983 (22 Tage) und vom 26. Mai bis 16. Juni 1984 sowie vom 8. September bis 29. September 1984 (20 Tage) in der Ferienwohnung auf.

Die Aufwendungen (Kilometergeld und Verpflegungskostenpauschale) in Höhe von 2 324 DM (1983) und 2 082 DM (1984) für die beiden Herbstaufenthalte machten die Kläger als Betriebsausgaben geltend. Der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt --FA--) berücksichtigte die Aufwendungen nicht. Die Einsprüche blieben erfolglos.

Mit der Klage verfolgten die Kläger ihr Begehren weiter. Sie gaben an, sie hätten die Wohnung nur aufgesucht, um sie nach der Sommer- und vor der Wintersaison instandzusetzen und organisatorische Fragen zu klären. Die Feriendienstorganisation habe die von ihr übernommenen Pflichten, wie das Reinigen und Beheben von Schäden und die übrigen mit der Sorge für die Wohnung zusammenhängenden Dienstleistungen teilweise nur nachlässig erfüllt und hätte daher kontrolliert werden müssen. Zu diesem Zweck hätten die Eigentümer eine Interessengemeinschaft gegründet, in der sie mit großem Zeitaufwand mitgearbeitet hätten. Um die Wohnung in einem vermietbaren Zustand zu erhalten, habe sie wenigstens einmal im Jahr gründlich gereinigt werden müssen. In den Streitjahren hätten sie verschiedene Renovierungsarbeiten (Fliesenausbesserungen, Schutzanstrich von Terrassenmöbeln) und verschiedene Außenarbeiten (Fällen von Bäumen, Installation eines Müllcontainers) durchführen müssen. Zeit für Erholung sei ihnen nicht verblieben.

Das Finanzgericht (FG) gab der Klage statt. Zur Begründung führte es im wesentlichen an, die Herbstaufenthalte seien allenfalls im geringen Maße auch privat veranlaßt gewesen. Im Regelfall suche jemand seine Ferienwohnung zu Erholungszwecken auf. Im Streitfall bestehe jedoch kein Zweifel, daß die Kläger praktisch jeden Arbeitstag in den Herbstaufenthalten mit Verrichtungen verbracht hätten, die mit der Absicht, durch die Ferienwohnung Einkünfte zu erzielen, in Zusammenhang gestanden hätten. Für eine urlaubsmäßige und damit private Nutzung sei den Klägern keine Zeit verblieben.

Mit der vom Bundesfinanzhof (BFH) zugelassenen Revision rügt das FA die Verletzung von Bundesrecht (§ 4 Abs.3 und 4, § 12 Nr.1 des Einkommensteuergesetzes --EStG--).

Das FA beantragt, das angefochtene Urteil aufzuheben und die Klage abzuweisen, hilfsweise, unter Aufhebung der Vorentscheidung die Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das FG zurückzuverweisen.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision ist begründet; sie führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur Klageabweisung (§ 126 Abs.3 Nr.1 der Finanzgerichtsordnung --FGO--). Die Kosten der beiden Herbstaufenthalte sind als sog. gemischte Aufwendungen für die Lebensführung nicht abzugsfähig. Das FG hat zu Unrecht angenommen, die geltend gemachten Aufwendungen seien betrieblich und nur in geringem Maße auch privat mitveranlaßt.

1. Die Abziehbarkeit von Aufwendungen als Betriebsausgaben setzt voraus, daß sie durch den Betrieb veranlaßt sind (§ 4 Abs.4 EStG). Sie sind nicht abziehbar, wenn die aus betrieblichen Gründen erwachsenen Kosten zugleich Aufwendungen für die Lebensführung des Steuerpflichtigen darstellen. Diese sog. gemischten Aufwendungen sind nach § 12 Nr.1 Satz 2 EStG vom Abzug ausgeschlossen. Sie werden vom Gesetz den typischen, nicht abzugsfähigen Kosten der Lebenshaltung (§ 12 Nr.1 Satz 1 EStG) gleichgestellt.

a) Die Rechtsprechung hat bislang für die Beurteilung der Frage, ob für eine Reise zu betriebsbezogenen Reisezielen in nicht unerheblichem Umfang Gründe der privaten Lebensführung eine Rolle gespielt haben, in erster Linie auf den Zweck der Reise abgestellt. Reisen, denen offensichtlich ein unmittelbarer betrieblicher (beruflicher) Zweck zugrunde liegt, sind danach in der Regel ausschließlich der betrieblichen (beruflichen) Sphäre zuzuordnen, selbst wenn solche Reisen in mehr oder weniger großem Umfang auch zu privaten Unternehmungen genutzt werden (BFH-Urteil vom 18. Oktober 1990 IV R 72/89, BFHE 162, 316, BStBl II 1991, 92). In derartigen Fällen müssen die Beurteilungsmerkmale, die jeweils für eine private oder betriebliche (berufliche) Veranlassung sprechen, gegeneinander abgewogen werden (Senatsurteil vom 14. Juli 1988 IV R 57/87, BFHE 154, 312, BStBl II 1989, 19). Spricht jedoch ein Indiz für eine nicht nur untergeordnete private Mitveranlassung der Reise, so können die Reisekosten nur dann als Betriebsausgaben abgezogen werden, wenn aufgrund anderer Indizien feststeht, daß die Reise nahezu ausschließlich aus betrieblichen Gründen unternommen wurde (BFH-Urteil vom 16. Oktober 1986 IV R 138/83, BFHE 148, 262, BStBl II 1987, 208). Die Reisetage müssen dann wie normale Arbeitstage mit betrieblicher Tätigkeit ausgefüllt sein (Senatsurteil in BFHE 162, 316, BStBl II 1991, 92, sowie BFH-Urteile vom 25. März 1993 VI R 14/90, BFHE 171, 206, BStBl II 1993, 559 unter II 2. c, und vom 30. April 1993 VI R 94/90, BFHE 171, 242, BStBl II 1993, 674, Höchstrichterliche Finanzrechtsprechung --HFR-- 1993, 636).

b) Nach der ständigen Rechtsprechung des BFH führen Aufwendungen für das Wohnen grundsätzlich zu den typischen Kosten der Lebensführung i.S. von § 12 Nr.1 Satz 2 EStG (vgl. z.B. BFH-Urteile vom 29. März 1979 IV R 137/77, BFHE 128, 196, BStBl II 1979, 700, und vom 28. August 1991 VI R 59/87, BFH/NV 1992, 34). Das gilt erst recht für die Nutzung einer Ferienwohnung in einem typischen Feriengebiet (BFH-Urteil vom 16. Dezember 1992 I R 32/92, BFHE 170, 354, BStBl II 1993, 399 unter II B 3. b). Dementsprechend stellen auch die Fahrtkosten zur Ferienwohnung sowie die Aufwendungen für die Verpflegung während des Ferienaufenthalts typische Kosten der Lebensführung dar (BFH-Urteile in BFHE 128, 196, BStBl II 1979, 700, und in BFHE 170, 354, BStBl II 1993, 399).

c) Ausnahmsweise können Aufwendungen für eine Wohnung jedoch in besonderen Fällen betrieblich oder beruflich veranlaßt sein; sie müssen dann ausschließlich für betriebliche oder berufliche Zwecke genutzt worden sein (vgl. BFH-Urteile vom 8. Juli 1976 IV R 100/72, BFHE 119, 557, BStBl II 1976, 776, und vom 30. März 1989 IV R 45/87, BFHE 156, 204, BStBl II 1989, 509). Das gilt insbesondere auch für ein Arbeitszimmer innerhalb einer Wohnung, wenn dieses Zimmer so gut wie ausschließlich für betriebliche oder berufliche Zwecke verwendet wird und seine Benutzung als Wohnraum so gut wie ausgeschlossen ist (BFH-Urteile in BFHE 156, 204, BStBl II 1989, 509, und in BFH/NV 1992, 34). Ob das anzunehmen ist oder nicht, hängt von den Umständen des Einzelfalles ab (BFH-Urteil in BFHE 156, 204, BStBl II 1989, 509). Das muß entsprechend auch für die Kosten einer Reise zu dieser Wohnung gelten.

2. Im Streitfall ist das FG --insbesondere aufgrund der Anhörung der Kläger in der mündlichen Verhandlung-- zu dem Ergebnis gelangt, daß die Kläger ihre Ferienwohnung während ihrer Herbstaufenthalte in den beiden Streitjahren so gut wie ausschließlich für betriebliche Zwecke genutzt hätten und hat daher die strittigen Aufwendungen (Verpflegungskostenpauschale und Kilometergeld) als betrieblich veranlaßt angesehen. Diese Schlußfolgerung beruht jedoch auf einer unzutreffenden Rechtsauffassung.

a) Das FG hat zwar ausgeführt, im Regelfall diene eine Ferienwohnung dazu, Abwechslung und Erholung zu suchen, hat aber im Streitfall eine Ausnahme angenommen und sich dafür auf die von ihm für überzeugend gehaltene Schilderung der Kläger in der mündlichen Verhandlung gestützt. Auch danach konnte es aber nicht zum Abzug der strittigen Aufwendungen kommen.

Erfahrungsgemäß wird eine Ferienwohnung auch für Zwecke der privaten Lebensführung benutzt. Dies gilt auch im Streitfall, in dem die Kläger sich gerade in der typischen Urlaubszeit in der Wohnung aufgehalten haben. Um diesen Erfahrungssatz zu widerlegen, hätten die Kläger substantiiert unter Beweisantritt darlegen müssen, daß ihr Aufenthalt an den Werktagen vollständig mit Arbeiten für die Wohnung ausgefüllt war. Dies ist nicht geschehen.

b) Der Erfahrungssatz, daß ein mehrwöchiger Aufenthalt in einer eigenen Ferienwohnung während einer typischen Urlaubszeit zumindest nicht unwesentlich auch privat mitveranlaßt ist, konnte nicht durch den bloßen Vortrag der Kläger widerlegt werden, die Aufenthalte seien erforderlich gewesen, um die Verwaltungsgesellschaft zu kontrollieren, die Außenanlagen fertigzustellen, in der Eigentümer-Interessengemeinschaft mitzuarbeiten und die Wohnung zu säubern und instandzusetzen. Das FG hat keine tatsächlichen Feststellungen dazu getroffen, an welchen Tagen und in welchem zeitlichen Umfang welche Arbeiten oder Tätigkeiten durch die Kläger verrichtet wurden. Solche Feststellungen wären aber erforderlich gewesen (vgl. Senatsurteil in BFHE 162, 316, BStBl II 1991, 92). Das FG hat hierzu auch nicht Beweis erhoben, sondern sich mit der bloßen Anhörung der Kläger in der mündlichen Verhandlung begnügt. Als Beteiligte hätten sie mangels ausreichenden Vortrags und Beweisantritts nicht vernommen werden können (§ 82 FGO i.V.m. § 450 der Zivilprozeßordnung; vgl. BFH-Urteil vom 27. September 1991 VI R 1/90, BFHE 166, 61, BStBl II 1992, 195).

3. Die Sache ist spruchreif.

Entgegen der Auffassung des FG kann nicht davon ausgegangen werden, daß die von den Klägern beschriebenen, betrieblich veranlaßten Tätigkeiten so umfangreich waren, daß beiden während der beiden dreiwöchigen Herbstaufenthalte keine Zeit mehr für eine private Nutzung der Ferienwohnung verblieben wäre. Es widerspricht der allgemeinen Lebenserfahrung, daß für das Ausbessern von Fliesen, das Anstreichen von Terrassenmöbeln und das Reinigen der Wohnung drei volle Arbeitswochen benötigt werden. Dabei handelt es sich um Arbeiten, wie sie auch sonst bei der Nutzung eines eigenen, nicht fremdvermieteten Ferienhauses anfallen. Unter diesen Umständen kann nicht davon ausgegangen werden, daß die private Mitveranlassung von völlig untergeordneter Bedeutung gewesen ist. Vielmehr liegt es auf der Hand, daß den Klägern während der Herbstaufenthalte genügend Zeit zur Erholung verblieb; sie waren zudem Herr ihrer Zeit und konnten den Aufenthalt frei gestalten (vgl. Senatsbeschluß vom 5. September 1990 IV B 169/89, BFHE 161, 547, BStBl II 1990, 1059).

Eine Zurückverweisung der Sache an das FG kommt nicht in Betracht, weil die Kläger keine Tatsachen vorgetragen haben, aus denen sich ihre ausschließliche oder vorwiegende Beschäftigung mit Wohnungsarbeiten ergibt. Das FG wäre nicht in der Lage, hierzu Beweis zu erheben. Demgemäß entfaltet der vorerwähnte Erfahrungssatz weiter Geltung; weil danach die Fahrt zur Wohnung und der Aufenthalt in ihr auch Erholungszwecken dienten, können die hierfür angefallenen Aufwendungen nicht als Betriebsausgaben abgezogen werden.

 

Fundstellen

Haufe-Index 64817

BFH/NV 1994, 42

BStBl II 1994, 350

BFHE 173, 327

BFHE 1994, 327

BB 1994, 778

BB 1994, 778 (L)

DB 1994, 1016-1017 (LT)

DStR 1994, 649 (K)

DStZ 1994, 375 (KT)

HFR 1994, 387-389 (LT)

StE 1994, 226 (K)

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