Entscheidungsstichwort (Thema)

Aufwendungen für Tätigkeit bei Wirtschaftsjunioren keine Werbungskosten

 

Leitsatz (NV)

Aufwendungen, die ein leitender Angestellter im Rahmen seiner ehrenamtlichen Tätigkeit für den Verband "Wirtschaftsjunioren Deutschland" tätigt, sind nicht als Werbungskosten bei seinen Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit abziehbar (Bestätigung des BFH-Urteils vom 2. Oktober 1992 VI R 11/90, BStBl II 1993, 53, BFHE 169, 185).

 

Normenkette

EStG § 9 Abs. 1 S. 1, § 12 Nr. 1 S. 2

 

Verfahrensgang

Hessisches FG

 

Tatbestand

Der Kläger und Revisionsbeklagte (Kläger) ist Diplom-Betriebswirt und erzielte im Streitjahr 1990 Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit aus einer Tätigkeit als Organisator im EDV-Bereich. Seine Hauptaufgabe bestand in der Betreuung von PC-Anwendern.

Der Kläger ist ehrenamtlich als Vorstandsmitglied für die Wirtschaftsjunioren A tätig. Dieser Juniorenkreis ist Mitglied im zuständigen Landesverband und im Bundesverband der Wirtschaftsjunioren e. V. (WJD). Der Juniorenkreis A hat keine eigene Satzung. Nach Auskunft der Industrie- und Handelskammer B orientiert er sich an der Satzung der WJD und der Satzung der Wirtschaftsjunioren B.

Aus der Satzung der WJD in der Fassung vom 17. März 1990 ergibt sich, daß die WJD ein in Landesverbänden organisierter Zusammenschluß örtlicher Juniorenkreise ist, denen Führungs- und Führungsnachwuchskräfte aus allen Bereichen der Wirtschaft im Alter bis zu 40 Jahren angehören. Nach § 2 Abs. 2 der Satzung wollen die WJD in Zusammenarbeit mit den Industrie- und Handelskammern, den örtlichen Arbeitgeberverbänden und deren Spitzenorganisationen insbesondere

a) die freie Marktwirtschaft in sozialer Verantwortung in Europa fördern und weiter ausbauen,

b) Anregungen für die Behandlung gesamtwirtschaftlicher und gesellschaftspolitischer Gegenwarts- und Zukunftsfragen vermitteln,

c) einen regelmäßigen überörtlichen Erfahrungs- und Gedankenaustausch fördern,

d) Möglichkeiten für eine außerbetriebliche Weiterbildung von Führungs-und Führungsnachwuchskräften aufzeigen,

e) die Mitarbeit in Kammern und Verbänden fördern,

f) die internationale Zusammenarbeit, vor allem mit der Junior Chamber International (JCI) und der Association of European Presidents (AEP) fördern und

g) in allen die Interessen der Juniorenkreise betreffenden Fragen einen gemeinsamen Standpunkt erarbeiten und in Vertretung gegenüber der Öffentlichkeit, den Verbänden und den Behörden und sonstigen Institutionen wahrnehmen.

Die WJD sind nach einem vom Kläger vorgelegten Schreiben des Finanzamts (FA) X vom 5. Juli 1985 als Berufsverband gemäß § 5 Abs. 1 Nr. 5 des Körperschaftsteuergesetzes (KStG) von der Körperschaftsteuer befreit.

Nach § 2 der Satzung der Wirtschaftsjunioren B vom 5. Dezember 1989 sind die Wirtschaftsjunioren ein Zusammenschluß zur Förderung der Persönlichkeit und des unternehmerischen Verantwortungsbewußtseins. Es soll der Gedanke der freien Marktwirtschaft in sozialer Verantwortung gefördert und gestärkt werden. Die Mitglieder sollen dazu befähigt werden, die Standpunkte und Interessen der Wirtschaft in der Gesellschaft zu vertreten und dies durch die Übernahme von gesellschaftspolitischen Aufgaben auch dokumentieren.

Dies soll erreicht werden durch:

1. Die Behandlung von gesamtwirtschaftlichen und gesellschaftspolitischen Gegenwarts- und Zukunftsfragen.

2. Auseinandersetzungen mit gesellschaftspolitisch relevanten Gruppen.

3. Aktive Beteiligung der Mitglieder an Planung und Durchführung von Programmen des Kreises und Erarbeitung gemeinsamer Standpunkte.

4. Fachliche Fortbildung durch betrieblichen und überbetrieblichen Meinungs- und Erfahrungsaustausch unter den Mitgliedern.

5. Vermittlung von Anforderungen der Unternehmens- und Menschenführung.

Nach § 3 der Satzung können Unternehmer sowie Führungs- und Führungsnachwuchskräfte aus dem Bereich der gewerblichen Wirtschaft Mitglieder sein.

In seiner Einkommensteuererklärung für das Streitjahr 1990 bezifferte der Kläger seine Aufwendungen für die Tätigkeit als ehrenamtliches Vorstandsmitglied bei den Wirtschaftsjunioren A mit 2 248 DM. Diese Aufwendungen waren dem Kläger im Zusammenhang mit Reisen zu Veranstaltungen auf Orts-, Landes- und Bundesebene der Wirtschaftsjunioren entstanden.

Der Beklagte und Revisionskläger (das FA) lehnte die Berücksichtigung der geltend gemachten Aufwendungen ab.

Das Finanzgericht (FG) gab der Klage statt. Es vertrat die Auffassung, es könne ein eigenes Anliegen leitender Angestellter sein, den Standpunkt und die Interessen der Wirtschaft zu vertreten und dabei insbesondere das Verantwortungsbewußtsein der freien Unternehmer für eine sinnvolle Fortentwicklung der sozialen Marktwirtschaft zu wecken und zu stärken, da auch leitende Angestellte zur Bewältigung der ihnen beruflich gestellten unternehmerischen Aufgaben ein von der sozialen Marktwirtschaft geprägtes Umfeld benötigten. Das Urteil ist in den Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 1993, 508 veröffentlicht.

Das FA macht mit seiner Revision eine Verletzung der §§ 9 Abs. 1 Satz 1 und 12 Nr. 1 Satz 2 des Einkommensteuergesetzes (EStG) sowie eine Divergenz zu dem Urteil des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 2. Oktober 1992 VI R 11/90 (BFHE 169, 185, BStBl II 1993, 53) geltend. Es vertritt die Auffassung, das FG habe die grundsätzlich gegenläufigen Interessen der Gruppe der Arbeitnehmer und der Arbeitgeber vernachlässigt.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision des FA ist begründet. Sie führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und Abweisung der Klage. Die Aufwendungen des Klägers für seine ehrenamtliche Tätigkeit für die Wirtschaftsjunioren dürfen entgegen der Auffassung des FG nicht als Werbungskosten (§ 9 Abs. 1 Satz 1 EStG) bei den Einkünften des Klägers aus nichtselbständiger Arbeit abgezogen werden.

1. Der Senat hat mit Urteil in BFHE 169, 185, BStBl II 1993, 53 entschieden, die Aufwendungen, die ein leitender Angestellter im Rahmen seiner ehrenamtlichen Tätigkeit für den Verband "Wirtschaftsjunioren Deutschland" tätige, seien nicht als Werbungskosten bei seinen Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit abziehbar. Unter Hinweis auf diese Entscheidung sind nach dem Senatsurteil vom 13. August 1993 VI R 51/92 (BFHE 171, 569, BStBl II 1994, 33) Mitgliedsbeiträge an den Wirtschaftsrat der CDU e. V. bei einem Geschäftsführer einer GmbH nur dann gemäß § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 3 EStG als Werbungskosten bei dessen Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit abziehbar, wenn der Wirtschaftsrat der CDU e. V. als Berufsverband jedenfalls auch die spezifischen beruflichen Interessen der leitenden Angestellten einschließlich der Geschäftsführer und Vorstände vertritt. Dies muß sich auf jeden Fall aus der Satzung, darüber hinaus aber auch aus der tatsächlichen Verbandstätigkeit ergeben. Einen Anlaß für die Prüfung, ob die Mitgliedsbeiträge zu einem Berufsverband nicht nahezu ausschließlich beruflich veranlaßt sind, sondern ob mit der Mitgliedschaft in einem Berufsverband auch der Lebensführung zuzurechnende Interessen verfolgt werden, hat der Senat dann angenommen, wenn die Mitgliederstruktur des Verbandes breit und dementsprechend der Satzungszweck weit gefaßt ist. In einem solchen Fall liegt die Annahme, die Mitgliedschaft sei jedenfalls auch durch der Lebensführung zuzurechnende Gesichtspunkte veranlaßt, um so näher, je weniger der Verband die spezifischen Interessen des vom Steuerpflichtigen ausgeübten Berufs oder seines Berufsstandes vertritt (vgl. BFH in BFHE 171, 569, BStBl II 1994, 33).

2. Für den Abzug der Aufwendungen, die einem leitenden Angestellten im Zusammenhang mit seiner Mitgliedschaft bei den Wirtschaftsjunioren oder wegen seiner ehrenamtlichen Tätigkeit für diese Vereinigung entstehen, als Werbungskosten i. S. des § 9 Abs. 1 Satz 1 EStG bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit (§ 19 Abs. 1 Nr. 1 EStG) reicht es nicht aus, daß sich für leitende Angestellte die Mitgliedschaft bei den Wirtschaftsjunioren beruflich vorteilhaft auswirken soll oder sogar ausgewirkt hat. Denn gemäß § 12 Nr. 1 Satz 2 EStG dürfen Aufwendungen für die Lebensführung selbst dann nicht als Werbungskosten berücksichtigt werden, wenn sie zur Förderung des Berufs erfolgen.

Der Beurteilung der Vorinstanz, es sei kein der Lebensführung zuzurechnendes, sondern ein eigenes berufliches Anliegen der leitenden Angestellten, im Rahmen ihrer Mitgliedschaft bei den WJD das Verantwortungsbewußtsein der freien Unternehmer für eine sinnvolle Fortentwicklung der sozialen Marktwirtschaft zu wecken und zu stärken, vermag sich der Senat nicht anzuschließen. Derartige Bestrebungen sind nach Ansicht des Senats nicht der nahezu ausschließlich beruflichen Sphäre leitender Angestellter zuzuordnen. Es handelt sich vielmehr um allgemeinwirtschaftliche Interessen, die auch von bestimmten politischen Parteien und mithin sowohl von Arbeitnehmern, die keine leitende Funktion ausüben, als auch von Nichtberufstätigen vertreten werden.

Außerdem hat das FG, das seine Entscheidung auch auf die mit seiner Auffassung im Einklang stehende Ansicht von von Bornhaupt (Betriebs-Berater -- BB -- 1993, 50) gestützt hat, nicht ausreichend berücksichtigt, daß sich die Verbandsinteressen sowohl nach der Satzung der WJD als auch nach derjenigen der Wirtschaftsjunioren B, an der sich der Verband des Klägers orientiert, nicht auf wirtschaftspolitische Fragen beschränken. Denn die Wirtschaftsjunioren wollen ausweislich der vom FG festgestellten Inhalte der maßgeblichen Satzungen nicht nur die freie Marktwirtschaft ausbauen, sondern auch Anregungen für die Behandlung gesamtwirtschaftlicher und gesellschaftspolitischer Gegenwarts- und Zukunftsfragen vermitteln und sich mit gesellschaftspolitisch relevanten Gruppen auseinandersetzen. Verbände, die sich bereits nach den für sie maßgebenden Satzungen ausdrücklich mit gesellschaftspolitischen Gegenwarts- und Zukunftsfragen befassen, verfolgen insoweit politische und damit die allgemeine Lebensführung i. S. des § 12 Nr. 1 Satz 2 EStG betreffende Zwecke. Dieser Bezug zur allgemeinen Lebensführung könnte nur dann vernachlässigt werden, wenn ihm gegenüber die außerdem verfolgten beruflichen Belange von solcher Bedeutung wären, daß die politischen Interessen in den Hintergrund treten. Dies kann jedenfalls für die leitenden Angestellten bei den Wirtschaftsjunioren nicht angenommen werden. Denn nach den vom FG festgestellten Inhalten der Satzungen werden deren spezifische beruflichen Interessen nicht erwähnt. Dem Umstand, daß es zu den satzungsgemäßen Aufgaben der Wirtschaftsjunioren gehört, berufliche Fortbildungsmöglichkeiten aufzuzeigen, kann gegenüber den vorgenannten und an vorrangiger Stelle angeführten Satzungszwecken kein weit überwiegendes Gewicht beigemessen werden.

Bei der Beurteilung, ob und ggf. welches Gewicht der allgemeinen Lebensführung zuzurechnende Gesichtspunkte haben, ist zunächst auf den Inhalt der jeweils einschlägigen Satzung abzustellen. Ergibt sich daraus bereits eine erhebliche private Mitveranlassung, so scheidet ein Werbungskostenabzug aus. Lediglich dann, wenn nach der Satzung eine nahezu ausschließlich berufliche Veranlassung hätte bejaht werden können, hätte das FA und ggf. das FG darüber hinaus aufklären müssen, welche Aktivitäten der jeweilige Juniorenkreis tatsächlich entfaltet hat und ob die tatsächlichen Tätigkeiten der Satzung entsprochen haben und nicht etwa in einem erheblichen Maße gesellschaftspolitischer oder gesellschaftlicher Natur waren.

Der Senat weicht mit seiner Auffassung nicht von der Rechtsprechung der anderen Senate des BFH ab. Die vom FG angeführten Urteile vom 18. September 1984 VIII R 324/82 (BFHE 142, 251, BStBl II 1985, 92), vom 16. Dezember 1981 I R 140/81 (BFHE 135, 278, BStBl II 1982, 465), vom 4. März 1986 VIII R 188/84 (BFHE 146, 151, BStBl II 1986, 373) betreffen nicht die Aufwendungen leitender Angestellter, die kein eigenes Unternehmerrisiko tragen, für eine Mitgliedschaft bei den Wirtschaftsjunioren, sondern Aufwendungen von Unternehmen, nämlich von Kommanditgesellschaften und einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung, für die Mitgliedschaft in einem Verband bzw. einem Industrieclub sowie die Kosten für ein Gutachten.

 

Fundstellen

Haufe-Index 420070

BFH/NV 1995, 22

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