Dem Entschädigungsanspruch kann der Einwand des Rechtsmissbrauchs entgegenstehen. Dieser Einwand fällt oft im Zusammenhang mit dem Vorwurf eines sog. "AGG-Hoppings".

Bis Mai 2016 unterschied das BAG zwischen objektiv und subjektiv geeigneten Bewerbern. Nur wer objektiv für die ausgeschriebene Stelle geeignet ist, war auch ein Bewerber. Nach der neueren Rechtsprechung des BAG ist jetzt jeder unabhängig davon ein Bewerber, ob er oder sie für die Stelle objektiv geeignet ist oder nicht. Der Arbeitgeber kann zwar den Einwand des Rechtsmissbrauchs erheben, für diesen ist er aber darlegungs- und beweispflichtig.[1]

Ein Entschädigungsverlangen kann rechtsmissbräuchlich sein, wenn der Kläger sich nicht beworben hat, um die ausgeschriebene Stelle zu erhalten, sondern nur um den Status als Bewerber zu erhalten und daraus Entschädigungen geltend zu machen.[2] Rechtsmissbrauch ist ferner anzunehmen, wenn sich aufgrund einer Würdigung aller Umstände des Einzelfalls ergibt, dass der Bewerber eine Absage provoziert hat mit dem ausschließlichen Ziel, die Voraussetzungen für die Zahlung einer Entschädigung nach § 15 Abs. 2 AGG und/oder eines Schadensersatzes nach § 15 Abs. 1 AGG zu schaffen.[3] Allein die Umstände, dass sich ein Bewerber auf mehrere Stellen beworben hat und mehrere Entschädigungsprozesse geführt hat oder führt, reicht für den Nachweis eines Rechtsmissbrauchs nicht aus. Dies gilt auch dann, wenn sich der Kandidat mehrmals auf Stellen beworben hat, die Formulierungen enthalten, die mittelbar oder unmittelbar an einen der in § 1 AGG genannten Gründe anknüpfen.[4] Darüber hinaus wurde es nicht als rechtsmissbräuchlich angesehen, wenn eine Mitarbeiterin einer Anwaltskanzlei sich bei einem kirchlichen Arbeitgeber unter Verweis auf ihren Status als "Atheist" beworben hat und nach der Absage von ihrem bisherigen Arbeitgeber im Verfahren um einen Entschädigungsanspruch vertreten lässt.[5]

Die Arbeitgeber sollten jedenfalls gewarnt sein. Um seiner Darlegungs- und Beweislast genügen zu können muss der Arbeitgeber genau darlegen und lückenlos dokumentieren können, nach welchen Kriterien die Vorauswahl getroffen wurde. Arbeitgeber müssen daher ihre Stellenanzeigen zukünftig nicht nur AGG-konform formulieren, sondern auch den Bewerbungsprozess und damit einhergehende Entscheidungen dokumentieren.

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Haufe Personal Office Platin. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge