Entscheidungsstichwort (Thema)

Arbeitslosengeld. Sperrzeit. Arbeitsaufgabe. arbeitsgerichtlicher Vergleich. tatsächlicher Grund der Vertragsbeendigung. wichtiger Grund. arbeitsvertragswidriges Verhalten. Strafanzeige gegen Arbeitgeber. Beginn der Sperrzeit. Freistellung des Arbeitnehmers

 

Leitsatz (amtlich)

1. Ein Vergleich des Inhalts, dass sich die Parteien einig seien, dass ein Arbeitsverhältnis durch eine ordentliche Arbeitgeberkündigung beendet sei, bedeutet eine Lösung des Beschäftigungsverhältnisses durch den Arbeitslosen (§ 144 Abs 1 Nr 1 SGB 3 aF).

2. Neben der Rechtmäßigkeit der zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses führenden Willenserklärungen ist nach § 144 Abs 1 SGB 3 auch nach dem "tatsächlichen Grund" für die Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses zu fragen.

3. Ein vor dem Arbeitsgericht geschlossener Vergleich, der eine neutral formulierte Arbeitgeberkündigung bestätigt, rechtfertigt bei verhaltensbezogenen Gründen der Vertragsauflösung nicht die Annahme eines wichtigen Grundes.

4. Anzeigen des Arbeitnehmers bei Aufsichtsbehörden ohne den Versuch einer Abhilfe beim Arbeitgeber bedeuten ein illoyales Verhalten, das die Auflösung des Arbeitsverhältnisses durch den Arbeitgeber ohne vorherige Abmahnung rechtfertigt.

5. Der Beginn der Sperrzeit stellt auf die Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses ab. Insoweit besteht keine Identität mit dem rechtlichen Bestand des Arbeitsverhältnisses. Maßgeblich ist der Begriff der Beschäftigungslosigkeit im leistungsrechtlichen Sinne.

 

Tenor

I. Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Sozialgerichts München vom 27. Juni 2006 dahingehend berichtigt, dass anstelle der Sperrzeit von sechs Monaten eine solche von sechs Wochen festgestellt wird. Des Weiteren wird der Bescheid vom 30. März 2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 07.10.2003 noch insoweit abgeändert, als die Beklagte dem Kläger Arbeitslosengeld dem Grunde nach für die Zeit vom 20. März bis 26. März 2001 zu zahlen hat. Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.

II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

III. Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten um den Beginn und die Dauer des Anspruchs auf Arbeitslosengeld (Alg) ab 06.02.2001.

Der Kläger ist nach einer langjährigen Beschäftigung als Revisor vom 01.08.1972 bis 31.08.2000 ein befristetes Arbeitsverhältnis als Geschäftsführer beim C. Schulverein A-Stadt e.V. vom 11.09.2000 bis 31.08.2001 eingegangen.

Nach Zustimmung des Betriebsrates kündigte der Arbeitgeber das Arbeitsverhältnis am 09.02.2001 aus wichtigem Grund ohne Einhaltung einer Frist. Zuvor wurde der Kläger am 05.01.2001 bereits freigestellt und ihm Hausverbot erteilt. Der Arbeitgeber stützte sich dabei auf ein illoyales Verhalten des Klägers vom 05.02.2001, welcher sich wegen Missständen schriftlich an die Schulaufsichtsbehörde gewandt und Kontakt zum Wirtschaftsdezernat der Kriminalpolizei aufgenommen habe.

Am 13.02.2001 wurde der Kläger schriftlich mit Ablauf der vereinbarten Kündigungsfrist von zwei Wochen zum Monatsende, vorsorglich zum nächstmöglichen Termin gekündigt. Nach einer weiteren Anhörung des Betriebsrats kündigte der Arbeitgeber das Arbeitsverhältnis erneut aus wichtigem Grund fristlos mit Schreiben vom 16.02.2001.

Gegen alle drei Kündigungen erhob der Kläger Kündigungsschutzklage. Das Arbeitsgericht A-Stadt stellte in seinem Urteil vom 29.11.2001, Az.: 32 Ca 2853/01 fest, dass die außerordentliche Kündigung vom 09.02.2001 das Arbeitsverhältnis nicht aufgelöst habe und wies im Übrigen die Klagen ab. In der Berufungsverhandlung vor dem Landesarbeitsgericht A-Stadt am 09.12.2002, Az.: 4 Sa 341/02 schlossen die Beteiligten einen Vergleich, wonach sich die Parteien einig seien, dass die außerordentlichen Kündigungen der Beklagten vom 09.02.2001 und vom 16.02.2001 gegenstandslos seien; das Arbeitsverhältnis aber durch ordentliche Arbeitgeberkündigung innerhalb der Probezeit vom 13.02.2001 mit Ablauf des 28.02.2001 beendet sei. Eine Abänderung des Vergleichstextes wies das Landesarbeitsgericht mit Urteil vom 07.08.2003, Az.: 4 Sa 361/03 zurück.

Am 05.03.2001 meldete sich der Kläger, der keine Abfindung erhalten hatte, arbeitslos. Die Beklagte bewilligte mit Bescheid vom 30.03.2001 Arbeitslosengeld erst ab 08.05.2001. Denn mit weiterem Bescheid vom 30.03.2001 stellte sie eine Sperrzeit sowie die Minderung der Anspruchsdauer um 240 Leistungstage fest. Am 29.05.2003 war der Anspruch auf Arbeitslosengeld zunächst erschöpft. Erst ab 01.08.2003 erhielt der Kläger Altersrente als sechzigjähriger Arbeitsloser.

Den vom Kläger erhobenen Widerspruch wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 07.10.2003 zurück und war auch weiterhin der Auffassung, dass die Sperrzeit mit dem 13.02.2001 beginne.

Hiergegen hat der Kläger Klage zum Sozialgericht München (SG) erhoben. Er macht nun geltend, dass bei den Verantwortungsträgern seines ehemaligen Arbeitgebers offenbar Untreuetatbestände und aussagekräftige Dokumente als Beweismaterial hier...

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