Entscheidungsstichwort (Thema)

Krankenversicherung. Versicherungspflicht. nur einmaliges und unwesentliches Überschreiten der Jahresentgeltgrenze. Beitragspflicht. Arbeitsentgelt. Beitragsnachforderung. Säumniszuschläge. Verschuldensvorwurf gegen Arbeitgeber bei vollständig auf einen Steuerberater übertragenen Beitragsverantwortung und mangelhafter Überwachung

 

Leitsatz (amtlich)

Arbeitgeber, die ihre Beitragsverantwortung vollständig auf einen Steuerberater übertragen und dessen Handeln unhinterfragt hinnehmen, trifft ein Verschuldensvorwurf iSd § 24 SGB IV (Säumniszuschläge).

 

Orientierungssatz

Der anzuwendende Arbeitsentgeltbegriff ist sowohl für den Bereich beitragspflichtiges Entgelt als auch in Bezug auf die Berechnung der Jahresarbeitsentgeltgrenze nach § 6 Abs 6 SGB 5 allein in § 14 SGB 4 legal definiert, in gleicher Weise wie die Ausnahmen gem § 17 SGB 4 (iVm der danach erlassenen SvEV bzw ArEV). Dafür, dass der Gesetzgeber für Beitragspflicht sowie Versicherungsfreiheit einen unterschiedlichen Entgeltbegriff verwenden wollte, findet sich eine Stütze weder im insoweit eindeutigen Wortlaut des Gesetzes noch an anderer Stelle.

 

Nachgehend

BSG (Beschluss vom 22.03.2017; Aktenzeichen B 12 KR 88/16 B)

 

Tenor

I. Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Regensburg vom 04.09.2012 wird zurückgewiesen.

II. Der Kläger trägt die Kosten der Berufung.

III. Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten um die Versicherungspflicht in sowie um die Zahlung von Beiträgen zur Kranken- und Pflegeversicherung ab dem Jahr 2003.

1. Der Kläger ist Zahnarzt und seit 1996 Arbeitgeber des am 07.10.1963 geborenen Beigeladenen zu 2), der jedenfalls vom 01.01.2001 bis 31.12.2002 auf Grund Beschäftigung pflichtversichertes Mitglied der Beklagten sowie der Beigeladenen zu 1) war. Zusätzlich zu dessen Arbeitsentgelt leistete der Kläger insbesondere Fahrtkostenersatz bzw. Fahrtkostenzuschüsse sowie nach am 23.10.1996 durchgeführter Entgeltumwandlung des Sonderbezugs Weihnachtsgeld Zahlungen in eine Direktversicherung der A. Lebensversicherung AG, die dort unter der Fondspolicen Nr. xxx für den Kläger als Versicherungsnehmer und den Beigeladenen zu 2) als versicherte Person geführt wurde. Zum jeweiligen jährlichen Zahlungsumfang wird auf die vom Kläger als Anlage zum Schriftsatz vom 22.03.2016 vorgelegte Aufstellung auf Blatt 243 der Berufungsakte sowie auf die vom Kläger als Anlage zum Schriftsatz vom 31.03.2016 vorgelegte Aufstellung der A. Lebensversicherung AG auf Blatt 270 der Berufungsakte Bezug genommen. Der Kläger sah diese Leistungen jedenfalls ab 2002 nicht als beitragspflichtiges Entgelt an.

Nach Vorlage einer Bestätigung der H. vom 07.11.2002, dass dort ein privatvertraglicher Krankenversicherungsschutz bestehe, bescheinigte die Beklagte die dortige Mitgliedschaft vom 01.01.2001 bis 31.12.2002.

Für die hier streitige Zeit ab 2003 nahm der Kläger an, das maßgebliche Jahresentgelt des Beigeladenen zu 2) überschreite seit 2002 die Entgeltgrenze der Kranken- und Pflegeversicherung, so dass - auch entsprechend der genannten Krankenversicherungsbescheinigungen - in diesen Sozialversicherungszweigen Versicherungs- und Beitragsfreiheit bestünde. Für diese Einschätzung schlug der Kläger die Fahrtkosten- und Direktversicherungsleistungen dem Gesamtbruttoentgelt zu, welches er für die Jahresentgeltgrenze maßgeblich hielt. Aus dieser Behandlung ergab sich für die Jahre 2002 bis 2008 folgende Auflistung von verbeitragtem Entgelt, Jahresentgeltgrenze und Gesamtbrutto:

Jahr   

Gemeldetes

und

verbeitragtes

Jahresentgelt

in €

Jahresentgeltgrenze

KrV/PflV

in €

Gesamtbrutto

in €

2002   

37.563

40.500

41.175,72

2003   

40.560

41.400

44.172,64

2004   

40.560

41.850

43.545,88

2005   

40.560

42.300

43.545,88

2006   

40.560

42.750

43.545,88

2007   

42.767

42.750

43.665,86

2008   

42.467

43.200

43.665,86

2. Am 17.12.2008 begehrte der Kläger gegenüber der Beklagten die Feststellung, dass der Beigeladenen zu 2) auch für das 2009 Versicherungsfrei in der Kranken- und Pflegeversicherung sei. Denn im Jahr 2009 werde das Entgelt des Beigeladenen zu 2) allein wegen der Anhebung der Jahresentgeltgrenze diese nicht überschreiten, insoweit solle Bestandsschutz hinsichtlich der Versicherungsfreiheit gelten. Mit Schreiben vom 29.01.2009 erwiderte die Beklagte, die Jahresentgeltgrenzen seinen seit 2002 unterschritten gewesen, so dass mangels Versicherungsfreiheit seit 01.01.2003 kein Bestandsfall vorliege. Nach Schriftwechsel teilte die Beklagte mit Schreiben vom 27.05.2009 mit, das Einkommen des Beigeladenen zu 2) habe die Jahresarbeitsentgeltgrenzen in der Zeit seit 2002 nicht überschritten. Versicherungsfreiheit habe somit nicht bestanden, so dass auch nicht die Voraussetzungen der bestandserhaltenden Versicherungsfreiheit ab 01.01.2009 erfüllt seien. Eine Befreiung der Versicherungspflicht sei nicht möglich.

Mangels Reaktion auf dieses Schreiben mahnte die Beklagte unter dem 27.07.2009 die zu erstattenden Korrekt...

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