Entscheidungsstichwort (Thema)

Arbeitslosengeldanspruch. Nichtgewährung wegen möglicher Sperrzeit. keine vorläufige Entscheidung gem § 328 SGB 3

 

Leitsatz (amtlich)

§ 328 Abs 1 S 1 Nr 3 SGB 3 stellt keine Rechtsgrundlage für die vorläufige Ablehnung eines Leistungsanspruchs dar.

 

Tenor

I. Auf die Beschwerde wird der Beschluss des Sozialgerichts Bayreuth vom 22.02.2012 aufgehoben.

II. Der Klägerin wird für das Verfahren vor dem Sozialgericht Bayreuth Prozesskostenhilfe ohne Ratenzahlung bewilligt und Rechtsanwalt S., B-Stadt, beigeordnet.

 

Gründe

I.

Streitig war die vorläufige Ablehnung von Arbeitslosengeld (Alg) für den Zeitraum vom 27.04.2011 bis 02.07.2011 und die vorläufige Minderung des Anspruchs für diese Zeit.

Die Klägerin meldete sich am 27.04.2011 bei der Beklagten arbeitslos. Mit Schreiben vom 01.06.2011 teilte die Beklagte mit, es könne nur vorläufig über die Bewilligung von Alg entschieden werden, da hinsichtlich der Zeit vom 10.04.2011 bis 02.07.2011 eine Sperrzeit zu prüfen und insofern der Ausgang des arbeitsgerichtlichen Verfahrens abzuwarten sei. Mit Bescheid vom 03.06.2011 bewilligte die Beklagte der Klägerin vorläufig Alg für die Zeit vom 27.04.2011 bis 02.07.2011 in Höhe von 0 € und für die Zeit vom 03.07.2011 bis 07.12.2011 in Höhe von 15,31 € täglich. Über den Auszahlungsanspruch vom 27.04.2011 bis 02.07.2011 werde gesondert entschieden, hierüber erhalte die Klägerin weitere Nachricht. In diesem Zeitraum werde der Anspruch vorläufig um 84 Tage gemindert. Dies werde noch abschließend geprüft. Den dagegen eingelegten Widerspruch verwarf die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 13.07.2011 als unzulässig. Es fehle eine Entscheidung über den Rechtsanspruch der Klägerin für die Zeit vom 27.04.2011 bis 02.07.2011. Hierüber werde noch eine abschließende Entscheidung getroffen.

Dagegen hat die Klägerin Klage (Az: S 10 AL 135/11) beim Sozialgericht Bayreuth (SG) erhoben und zugleich die Bewilligung von Prozesskostenhilfe (PKH) beantragt. Im Hinblick auf einen Änderungsbescheid vom 24.10.2011, mit dem die Beklagte u.a. Alg für die Zeit vom 01.06.2011 bis 30.01.2012 bewilligte und keine Minderung des Anspruchs vornahm, erklärte die Klägerin das Klageverfahren für erledigt. Mit Beschluss vom 22.02.2012 hat das SG die Bewilligung von PKH abgelehnt. Die Klage wäre nach summarischer Prüfung erfolglos geblieben, da in dem angefochtenen Bescheid für den Zeitraum vom 27.04.2011 bis 02.07.2011 ausdrücklich keine Regelung getroffen worden sei.

Dagegen hat die Klägerin Beschwerde zum Bayer. Landessozialgericht eingelegt. Es sei im Ausgangsbescheid eine Regelung im Hinblick auf die vorläufige Minderung des Anspruchs in der Zeit vom 27.04.2011 bis 02.07.2011 um 84 Tage getroffen worden. Tatsächlich habe die Klägerin monatelang kein Alg erhalten.

Zur Ergänzung des Tatbestandes wird auf die beigezogenen Akten der Beklagten sowie die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz Bezug genommen.

II.

Die form- und fristgerecht eingelegte Beschwerde ist zulässig (§§ 172, 173 Sozialgerichtsgesetz -SGG-) und auch begründet. Der Klägerin ist für das erstinstanzliche Verfahren PKH zu bewilligen.

Nach § 73a Abs 1 SGG iVm § 114 Satz 1 Zivilprozessordnung (ZPO) erhält PKH ein Beteiligter, der nach seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint. Aus verfassungsrechtlichen Gründen dürfen die Anforderungen an die Erfolgsaussicht nicht überspannt werden. Es reicht für die Prüfung der Erfolgsaussicht aus, dass der Erfolg eine gewisse Wahrscheinlichkeit für sich hat (vgl BSG, Urteil vom 17.02.1998 - B 13 RJ 83/97 R - juris - Rn 26 = SozR 3-1500 § 62 Nr 19). Diese gewisse Wahrscheinlichkeit (vgl Leitherer in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 10. Aufl, § 73a Rn 7) ist in aller Regel dann anzunehmen, wenn das Gericht den Rechtsstandpunkt des Beteiligten aufgrund der Sachverhaltsschilderung und der vorgelegten Unterlagen für zutreffend oder zumindest für vertretbar hält und in tatsächlicher Hinsicht die Möglichkeit des Obsiegens des PKH-Beantragenden ebenso wahrscheinlich ist wie sein Unterliegen. Schwierige, bislang ungeklärte Rechts- und Tatfragen sind nicht im PKH-Verfahren zu entscheiden, sondern müssen auch von Unbemittelten einer prozessualen Klärung zugeführt werden können (vgl BVerfG, Beschluss vom 14.07.1993 - 1 BvR 1523/92 - juris - Rn 21 = NJW 1994, 241f). PKH muss jedoch nicht schon dann gewährt werden, wenn die entscheidungserhebliche Rechtsfrage zwar noch nicht höchstrichterlich geklärt ist, ihre Beantwortung aber im Hinblick auf die einschlägige gesetzliche Regelung oder die durch die bereits vorliegende Rechtsprechung gewährten Auslegungshilfen nicht in dem genannten Sinne als "schwierig" erscheint (vgl BVerfG, Beschluss vom 13.03.1990 - 2 BvR 94/88 - Rn 29 - juris = BVerfGE 81, 347ff). Ist dies dagegen nicht d...

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