Entscheidungsstichwort (Thema)

Vergütung für teilzeitbeschäftigte Lehrer

 

Normenkette

BGB §§ 612, 242; BeschFG 1985 Art. 1 § 2 Abs. 1; BAT § 70

 

Verfahrensgang

Hessisches LAG (Urteil vom 01.11.1991; Aktenzeichen 13 Sa 529/91)

ArbG Darmstadt (Urteil vom 28.11.1990; Aktenzeichen 4 Ca 3/90)

 

Tenor

Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Frankfurt/Main vom 1. November 1991 – 13 Sa 529/91 – in der Kostenentscheidung und insoweit aufgehoben, als es die Klage abgewiesen hat.

Insoweit wird die Berufung des beklagten Landes gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Darmstadt vom 28. November 1990 – 4 Ca 3/90 – zurückgewiesen.

Die Revision des beklagten Landes wird zurückgewiesen.

Das beklagte Land trägt die Kosten der Rechtsmittelinstanzen.

Von Rechts wegen!

 

Tatbestand

Die Parteien streiten darüber, ob der Klägerin für die Zeit von Januar 1987 bis Juli 1990 noch restliche Vergütung, Urlaubsgeld und eine Sonderzuwendung zusteht.

Die Klägerin erteilt aufgrund eines Lehrauftrags Unterricht an einer Schule des beklagten Landes. In der Zeit von Januar 1987 bis Juli 1990 schwankte die wöchentliche Anzahl der Unterrichtsstunden zwischen zwei und zehn Stunden. Die Klägerin erhielt für die Unterrichtsstunde eine Vergütung, die unter der anteiligen Vergütung vergleichbarer Lehrer lag, die Vergütung nach VergGr. II a BAT erhalten und die eine Pflichtstundenzahl von 27 Unterrichtsstunden pro Woche haben.

Neben ihrer Tätigkeit für das beklagte Land betreibt die Klägerin einen Kleinverlag. Für diese Tätigkeit wendete sie im Jahre 1987 durchschnittlich wöchentlich 6 Arbeitsstunden, im Jahre 1988 durchschnittlich wöchentlich 5 3/4 Arbeitsstunden und im Jahre 1989 durchschnittlich wöchentlich 9 Arbeitsstunden auf. Im Geschäftsjahr 1987 erzielte sie aus dieser Tätigkeit ein Einkommen in Höhe von 1.403,– DM und im Geschäftsjahr 1988 ein Einkommen in Höhe von 824,– DM.

Mit Schreiben vom 29. Mai 1989, das dem beklagten Land am 30. Mai 1989 zuging, begehrte die Klägerin anteilige Vergütung nach VergGr. II a BAT. Mit ihrer Klage macht sie die Differenzbeträge für die Zeit vom 1. Januar 1987 bis zum 31. Juli 1990 einschließlich des anteiligen Urlaubsgeldes und der anteiligen Sonderzuwendung geltend.

Die Klägerin vertritt die Auffassung, ihr stehe als teilzeitbeschäftigte Lehrkraft nach § 2 BeschFG die anteilige Vergütung einer vollzeitbeschäftigten Lehrkraft nach VergGr. II a BAT ebenso wie ein anteiliges Urlaubsgeld und die anteilige Sonderzuwendung zu. Durch die Einkünfte aus ihrer Tätigkeit in ihrem Verlag habe sie nicht nennenswert zum Lebensunterhalt der Familie beitragen können.

Die Klägerin hat beantragt,

  1. das beklagte Land zu verurteilen, an sie rückständige Vergütung für die Jahre 1987, 1988 und für Januar 1989 in Höhe von insgesamt 25.147,82 DM brutto zuzüglich 4 % Zinsen aus dem sich daraus ergebenden Nettobetrag seit dem 05. Februar 1990 zu zahlen;
  2. das beklagte Land zu verurteilen, an sie rückständige Vergütung für den Zeitraum Februar 1989 bis einschl. Juli 1990 in Höhe von insgesamt 5.581,29 DM brutto zuzüglich 4 % Zinsen aus dem sich daraus ergebenden Nettobetrag seit dem 17. September 1990 zu zahlen.

Das beklagte Land hat beantragt, die Klage abzuweisen. Es vertritt die Auffassung, der Klägerin stehe kein anteiliger Vergütungsanspruch einer vollzeitbeschäftigten Lehrkraft zu. Sie übe diese Tätigkeit nur nebenberuflich neben ihrer Haupttätigkeit als Inhaberin des Verlages aus. Deshalb sei eine Differenzierung gegenüber vollzeitbeschäftigten Lehrkräften hinsichtlich der Vergütung gerechtfertigt.

Anteiliges Urlaubsgeld und anteilige Sonderzuwendung könne die Klägerin schon deshalb nicht beanspruchen, weil diese Ansprüche nicht unter das Benachteiligungsverbot teilzeitbeschäftigter Arbeitnehmer nach § 2 BeschFG fielen. Im übrigen seien die Ansprüche verwirkt und nach der tariflichen Ausschlußfrist des § 70 BAT verfallen.

Das Arbeitsgericht hat der Klage stattgegeben. Das Landesarbeitsgericht hat sie hinsichtlich der Ansprüche auf anteiliges Urlaubsgeld und anteilige Sonderzuwendung abgewiesen. Mit ihrer Revision verfolgt die Klägerin diese Ansprüche weiter. Das beklagte Land begehrt mit seiner Revision Klageabweisung in vollem Umfange.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision des beklagten Landes ist unbegründet. Der Klägerin steht ein Anspruch auf anteilige Vergütung nach VergGr. II a BAT zu. Die Revision der Klägerin ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des berufungsgerichtlichen Urteils, soweit es die Klage abgewiesen hat, und zur Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils. Das beklagte Land ist verpflichtet, der Klägerin auch das Urlaubsgeld und die Sonderzuwendung zu zahlen.

I. Das Landesarbeitsgericht nimmt an, der Klägerin stehe ein Anspruch auf anteilige Vergütung nach VergGr. II a BAT in Höhe von insgesamt 27.346,21 DM brutto zu. Die soziale Lage der Klägerin stehe ihrer Gleichbehandlung als teilzeitbeschäftigte Lehrkraft mit einer vergleichbaren vollzeitbeschäftigten Lehrkraft nicht entgegen. Neben ihrem Einkommen aus ihrer Teilzeitbeschäftigung beim beklagten Land übe die Klägerin keine Tätigkeit aus, die ihre wirtschaftliche Existenzgrundlage sichere; vielmehr sei sie sowohl auf ihr Einkommen aus der Teilzeitbeschäftigung als Lehrerin als auch auf ihr Einkommen aus ihrer Teilzeitbeschäftigung in ihrem Verlag angewiesen.

Die Ansprüche auf anteilige Vergütung nach VergGr. II a BAT seien für den Klagezeitraum auch nicht verwirkt, da das beklagte Land nicht habe darauf vertrauen können, daß die Klägerin nach dem die Rechtslage klärenden Teilurteil des Bundesarbeitsgerichts vom 25. Januar 1989 – 5 AZR 161/88 – keine Ansprüche mehr geltend machen werde. Auch finde die Ausschlußfrist des § 70 BAT keine Anwendung.

Die Klägerin könne jedoch weder anteiliges Urlaubsgeld noch anteilige Sonderzuwendung beanspruchen. Diese Ansprüche würden von der unter dem Gesichtspunkt des Benachteiligungsverbots für Teilzeitbeschäftigte nach § 2 BeschFG geschuldeten ortsüblichen Vergütung i.S. von § 612 Abs. 2 BGB nicht erfaßt. Die Klage sei deshalb in Höhe von 3.382,90 DM brutto unbegründet.

II. Diesen Ausführungen des Landesarbeitsgerichts kann nicht in vollem Umfange gefolgt werden. Zutreffend nimmt das Landesarbeitsgericht an, daß der Klägerin ein Anspruch auf anteilige Vergütung nach VergGr. II a BAT zusteht. Die Klägerin hat aber darüber hinaus auch einen Anspruch auf anteiliges Urlaubsgeld und anteilige Sonderzuwendung, so daß die Klage in vollem Umfange begründet ist.

1. Der Klägerin steht ein Anspruch auf anteilige Vergütung nach VergGr. II a BAT zu.

a) Nach der seit dem Teilurteil des Fünften Senats vom 25. Januar 1989 (– 5 AZR 161/88 – BAGE 61, 43 = AP Nr. 2 zu § 2 BeschFG 1985) ständigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts ist eine Vergütungsvereinbarung mit einer teilzeitbeschäftigten Lehrkraft nach der die Vergütung nach Jahreswochenstunden zu berechnen ist und die deshalb niedriger ist als die entsprechende nach den Vergütungsgruppen des BAT berechnete anteilige Vergütung vollzeitbeschäftigter Lehrkräfte, im Hinblick auf das Benachteilungsverbot des § 2 BeschFG rechtsunwirksam, sofern sie nicht durch sachliche Gründe gerechtfertigt ist. Anstelle der rechtsunwirksamen Vergütungsvereinbarung tritt die nach § 612 Abs. 2 BGB zu bestimmende ortsübliche Vergütung. Dies ist die anteilige tarifliche Vergütung (vgl. BAGE 66, 76 = AP Nr. 9 zu § 2 BeschFG 1985, m.w.N.). Dieser Rechtsprechung schließt sich der Senat an (vgl. BAG Urteil vom 3. März 1993 – 10 AZR 36/92 – n.v.). Sie ist zwischen den Parteien auch nicht mehr umstritten.

b) Der Senat folgt der Rechtsprechung des Fünften Senats auch bei der Beurteilung der Frage, inwieweit die soziale Lage einer teilzeitbeschäftigten Lehrkraft ein sachlicher Grund sein kann, der eine unterschiedliche vergütungsmäßige Behandlung gegenüber vergleichbaren vollzeitbeschäftigten Lehrkräften rechtfertigt.

Der Fünfte Senat des Bundesarbeitsgerichts hat einen sachlichen Grund für eine unterschiedliche Behandlung dann anerkannt, wenn der Teilzeitbeschäftigte neben seiner Teilzeitbeschäftigung einer Haupttätigkeit nachgeht, aus der er für sich und seine Familie eine auskömmliche und gesicherte Existenzgrundlage gewinnt (BAGE 66, 17 = AP Nr. 8 zu § 2 BeschFG 1985). Diese Rechtsprechung hat der Fünfte Senat in den Urteilen vom 11. März 1992 (– 5 AZR 237/91 – AP Nr. 19 zu § 1 BeschFG 1985, auch zur Veröffentlichung in der Amtlichen Sammlung des Gerichts vorgesehen) und vom 19. August 1992 (– 5 AZR 95/92 – nicht veröffentlicht) fortgeführt. Insoweit hat er hervorgehoben, daß es nicht entscheidend sei, welche Einkünfte der Betreffende im Hauptberuf jeweils erziele und welche soziale Absicherung er tatsächlich geschaffen habe oder hätte schaffen können, vielmehr sei darauf abzustellen, ob er als hauptberuflich Tätiger über eine dauerhafte Existenzgrundlage verfüge (vgl. auch Urteil vom 9. Dezember 1992 – 5 AZR 15/92 – nicht veröffentlicht).

Auf der anderen Seite hat der Fünfte Senat jedoch entschieden, daß eine anderweitige Teilzeittätigkeit des teilzeitbeschäftigten Arbeitnehmers keinen sachlichen Grund i.S. des § 2 Abs. 1 BeschFG 1985 darstelle, der wegen der sozialen Lage des teilzeitbeschäftigten Arbeitnehmers eine niedrige Vergütung rechtfertigen könne (BAG Urteil vom 12. Dezember 1990 – 5 AZR 546/89 – ZTR 1991, 168; sowie Urteil vom 21. August 1991 – 5 AZR 634/90 – ZTR 1992, 73). Diese Grundsätze müssen nach der Rechtsprechung des Fünften Senats auch für den in Teilzeit tätigen Selbständigen gelten, der einen Vollzeitberuf erst durch die Kombination aus einer Teilzeittätigkeit als Arbeitnehmer und einer Teilzeittätigkeit als Selbständiger erlange. Als Anhaltspunkt für die Abgrenzung zwischen hauptberuflicher und nebenberuflicher Tätigkeit könne die Protokollnotiz der Tarifvertragsparteien des BAT zu Buchst. n des § 3 BAT n.F. dienen, wonach eine hauptberufliche Erwerbstätigkeit vorliege, wenn – bei einer selbständigen Tätigkeit – die Arbeitszeit ungefähr 3/4 der regelmäßigen (üblichen) Arbeitszeit eines vollbeschäftigten Selbständigen der betreffenden Berufsrichtung betrage (BAG Urteil vom 25. November 1992 – 5 AZR 536/91 – n.v.).

c) Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze nimmt das Landesarbeitsgericht mit Recht an, daß die Tätigkeit der Klägerin, die sie in ihrem eigenen Verlag ausführt, nicht den Schluß rechtfertigt, daß ihre soziale Lage eine unterschiedliche vergütungsmäßige Behandlung gegenüber vollzeitbeschäftigten Lehrkräften rechtfertige.

aa) Die Klägerin hat mit ihrer Tätigkeit im Verlag kein existenzsicherndes Einkommen erzielt. Dieses betrug im Jahre 1987 1.403,– DM und im Jahre 1988 824,– DM. Anhaltspunkte dafür, daß sich in den Jahren 1989 und 1990 eine wesentliche Änderung ergeben hätte, bestehen nicht. Damit kann die Verlagstätigkeit der Klägerin nicht mit einer Tätigkeit in einem Hauptberuf gleichgesetzt werden. Dies wird auch durch die zeitliche Inanspruchnahme der Klägerin durch diese Tätigkeit, die im Jahre 1987 wöchentlich 6 Arbeitsstunden, im Jahre 1988 wöchentlich 5 3/4 Arbeitsstunden und im Jahre 1989 wöchentlich 9 Arbeitsstunden betrug, bestätigt. Bei einer selbständigen Tätigkeit als Leiter oder Geschäftsführer eines Verlags dürfte die regelmäßige übliche Arbeitszeit als Vollbeschäftigter mindestens 40 Stunden pro Woche betragen. Damit liegt die zeitliche Inanspruchnahme der Klägerin in dieser Tätigkeit wesentlich unter 3/4 der regelmäßigen üblichen Arbeitszeit eines vollbeschäftigten Selbständigen der betreffenden Berufssparte.

bb) Daß die Klägerin neben ihrer Teilzeitbeschäftigung beim beklagten Land ihren Verlag betrieben und so zum Unterhalt der Familie beigetragen hat, darf ihr entgegen der Auffassung des beklagten Landes nicht zum Nachteil gereichen. Maßgebend für die Beurteilung, ob die soziale Lage des Teilzeitarbeitnehmers eine unterschiedliche Behandlung rechtfertigt, ist nicht, ob das Einkommen aus einer oder mehreren Teilzeitbeschäftigungen für die Sicherung der wirtschaftlichen Existenzgrundlage ausreicht, sondern ob ein anderweitiges Einkommen diese sichert. Dies hat das Landesarbeitsgericht zutreffend verneint. Dabei muß der Unterhaltsanspruch der Klägerin gegenüber ihrem Ehemann, wovon auch das beklagte Land im Erlaß vom 13. Dezember 1989 (Ziffer 2.1) selbst ausgeht, außer Betracht bleiben. Es ist nicht gerechtfertigt, die Klägerin hinsichtlich ihres geringen Einkommens deshalb im Vergleich zu vollbeschäftigten Lehrkräften schlechter zu stellen, nur weil ihr Ehemann in höherem Maße zum Familieneinkommen beigetragen hat.

Die soziale Lage eines Teilzeitbeschäftigten, der durch sein Einkommen aus einer oder mehreren Teilzeitbeschäftigungen nicht wesentlich zum Familienunterhalt beitragen kann, rechtfertigt keine geringere Bezahlung im Vergleich zu einem Vollzeitbeschäftigten. Für eine geringere Bezahlung kann nur dann ein sachlicher Grund bestehen, wenn der Teilzeitbeschäftigte aus einer anderen eigenen Erwerbstätigkeit ein ausreichendes Einkommen erzielt. Diese Voraussetzung ist nach den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts bei der Klägerin nicht gegeben.

2. Der Klägerin steht entgegen der Auffassung des Landesarbeitsgerichts auch ein Anspruch auf anteiliges Urlaubsgeld nach dem Tarifvertrag über ein Urlaubsgeld für Angestellte zu. Der Anspruch auf anteiliges Urlaubsgeld gehört zu der nach § 612 Abs. 2 BGB geschuldeten ortsüblichen Vergütung. Dies hat der Achte Senat des Bundesarbeitsgerichts im Schlußurteil vom 15. November 1990 (BAGE 66, 220 = AP Nr. 11 zu § 2 BeschFG 1985) mit ausführlicher Begründung entschieden. Dem hat sich der Fünfte Senat des Bundesarbeitsgerichts in mehreren Urteilen angeschlossen (vgl. BAG Urteile vom 4. September 1991 – 5 AZR 129/91 – und vom 22. April 1992 – 5 AZR 397/91 – n.v.). Diese Rechtsprechung hat der Senat mit Urteilen vom 17. Februar 1992 (– 10 AZR 450/90 – ZTR 1992, 390) und vom 3. März 1993 (– 10 AZR 36/92 – n.v.) übernommen. Daran ist festzuhalten.

3. Der Klägerin steht als ortsübliche Vergütung i.S. von § 612 Abs. 2 BGB auch ein Anspruch auf anteilige Sonderzuwendung nach dem Tarifvertrag über eine Zuwendung für Angestellte zu. Der Senat folgt insoweit der Rechtsprechung des Sechsten Senats im Urteil vom 6. Dezember 1990 (BAGE 66, 314 = AP Nr. 12 zu § 2 BeschFG 1985), der sich auch der Fünfte Senat in den Urteilen vom 7. August 1991 – 5 AZR 88/91 –, vom 4. September 1991 – 5 AZR 129/91 – und vom 22. April 1992 – 5 AZR 397/91 – (alle nicht veröffentlicht) angeschlossen hat (Senatsurteile vom 17. Februar 1992 – 10 AZR 450/90 – ZTR 1992, 390, und vom 3. März 1993 – 10 AZR 36/92 – n.v.).

4. Zutreffend führt das Landesarbeitsgericht aus, daß die Ansprüche der Klägerin auf anteilige Vergütung, anteiliges Urlaubsgeld und anteilige Sonderzuwendung nicht verwirkt sind. Zur Verwirkung gehört auch der Umstand, daß dem Schuldner die Erfüllung der verspätet geltend gemachten Forderung nach Treu und Glauben nicht mehr zuzumuten ist. Daß dies der Fall war, hat das beklagte Land nicht vorgetragen (vgl. BAG Urteile vom 7. August 1991 – 5 AZR 88/91 – n.v. und vom 3. März 1993 – 10 AZR 36/92 – n.v.).

5. Die Ansprüche der Klägerin sind nicht gemäß § 70 BAT verfallen.

a) § 612 Abs. 2 BGB regelt die Höhe der Vergütung. Diese ist im öffentlichen Dienst üblicherweise die tarifliche Vergütung. Die rechnerische Größe einer bestimmten Vergütung umfaßt aber nicht gleichzeitig noch andere – etwa rechtliche – Merkmale, die zum Wesen einer bestimmten tariflichen Vergütung gehören können. Vor allem ist es der rechnerischen Höhe einer Vergütung nicht wesenseigen, an eine bestimmte tarifliche Ausschlußklausel gebunden zu sein (so ausdrücklich BAGE 66, 76, 78 = AP Nr. 9 zu § 2 BeschFG 1985, zu II 1 der Gründe).

b) Hinzu kommt, daß es eine „tarifliche Vergütung” für angestellte Lehrer nicht gibt. Nach Nr. 5 der Vorbemerkungen zu allen Vergütungsgruppen gilt die Anlage 1 a zum BAT nicht für Angestellte, die als Lehrkräfte beschäftigt sind. Ihre Vergütung wird durch ministerielle Eingruppierungserlasse geregelt, deren Inhalt jedoch arbeitsvertraglich vereinbart wird. Deshalb sind die Vergütungen der unter Nr. 5 der Vorbemerkung fallenden Beschäftigten solche vertraglicher Art, und lediglich ihre Höhe ist durch Heranziehung der Vergütungssätze des BAT an der tariflichen Vergütung ausgerichtet. Auch daraus folgt, daß die Ausschlußklausel des § 70 BAT für die nach § 612 Abs. 2 BGB zu zahlende Vergütung nicht gilt (BAGE 66, 76, 79 = AP Nr. 9 zu § 2 BeschFG 1985, zu II 4 der Gründe). Die Parteien haben auch nicht vereinbart, daß § 70 BAT auf ihre arbeitsvertraglichen Ansprüche Anwendung finden soll.

III. Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 91, 97 Abs. 1 ZPO.

 

Unterschriften

Matthes, Dr. Freitag, Hauck, Der ehrenamtliche Richter Grimm ist wegen Beendigung seiner Amtszeit an der Unterschrift verhindert. Matthes, Stabenow

 

Fundstellen

Dokument-Index HI1079598

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