Entscheidungsstichwort (Thema)

Überstunden im Bewachungsgewerbe

 

Leitsatz (amtlich)

1. Bei einer Klage auf Vergütung müssen die Zeiträume, für die die Vergütung gefordert wird, kalendermäßig bezeichnet werden. Andernfalls ist der Gegenstand des erhobenen Anspruchs nicht ausreichend bezeichnet (§ 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO).

2. Nach § 2 des Manteltarifvertrags für die gewerblichen Arbeitnehmer des Bewachungsgewerbes in Rheinland-Pfalz und im Saarland vom 2. Oktober 1989 gehört die Ruhezeit, die im Rahmen einer Doppelschicht von 24 Stunden bei der Bewachung militärischer Anlagen vorgeschrieben ist, zur Arbeitszeit im Sinne der Überstundenregelung.

 

Normenkette

TVG § 1 Tarifverträge: Bewachungsgewerbe; ZPO § 253 Abs. 2 Nr. 2, § 322 Abs. 1

 

Verfahrensgang

LAG Rheinland-Pfalz (Urteil vom 02.11.1994; Aktenzeichen 4 Sa 4/94)

ArbG Koblenz (Urteil vom 15.07.1993; Aktenzeichen 7 Ca 235/93 N)

 

Tenor

1. Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Rheinland-Pfalz vom 2. November 1994 – 4 Sa 4/94 – aufgehoben.

2. Der Rechtsstreit wird zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an das Landesarbeitsgericht zurückverwiesen.

Von Rechts wegen!

 

Tatbestand

Der Kläger fordert von seinem Arbeitgeber Überstundenzuschläge, restliches Urlaubsentgelt und Lohnfortzahlung im Krankheitsfalle für die Zeit von Juni bis Oktober 1992. Er begründet seine Ansprüche mit tariflichen Bestimmungen.

Der Kläger war von Juni bis Oktober 1992 bei der Beklagten, die einen Wachdienst betreibt, als Wachmann gegen Stundenlohn beschäftigt. Er wurde bei der Bewachung des Regierungsschutzbunkers in Bad Marienthal eingesetzt. Für die Bewachung dieser Anlage ist der Bundesminister des Inneren zuständig. Dieser beauftragte die Arbeitgeberin mit der Bewachung der Anlage rund um die Uhr. Die Wachmänner arbeiteten in einer 24stündigen Doppelschicht. 12 Stunden war der Kläger mit Kontrollgängen, Standposten, Tordienst und anderen Aufgaben befaßt. Für sechs Stunden befand er sich in Arbeitsbereitschaft. Sechs weitere Stunden standen ihm als Ruhezeit zur Verfügung.

Bei der Berechnung von Überstunden berücksichtigte die Beklagte nur 18 Stunden je Doppelschicht (12 Stunden eigentliche Arbeitszeit und sechs Stunden Arbeitsbereitschaft); sie ließ die Ruhezeit unberücksichtigt. Das hält der Kläger nicht für richtig. Er beruft sich auf § 2 Abs. 2 des Manteltarifvertrages für gewerbliche Arbeitnehmer in den Ländern Rheinland-Pfalz und Saarland vom 2. Oktober 1989 (MTV) sowie auf den Lohntarifvertrag für das Bewachungsgewerbe in den Bundesländern Rheinland-Pfalz und Saarland (Bundeswehr) vom 10. April 1991 (Lohn-TV Bw 91). Diese Bestimmungen lauten:

„MTV

§ 2

Arbeitszeit

(1) Revierwachdienst

  1. Der tägliche Wachdienst soll 7 1/2 Stunden nicht überschreiten; er kann bis auf 10 Stunden täglich ausgedehnt werden, höchstens aber auf 60 Stunden wöchentlich.

    Für die über 17 1/2 Stunden täglich hinaus geleisteten Wachdienststunden wird ein Lohnzuschlag in Höhe von 25 % gezahlt.

  2. Bei solchen Wachschichten hat die Betriebsleitung jedoch dafür Gewähr zu leisten, daß der Arbeitnehmer eine halbstündige, nicht zur Arbeitszeit zählende Pause einlegen kann.

(2) Separatwachdienst

  1. Der tägliche Wachdienst soll 8 Stunden nicht überschreiten. Er kann bis auf 12 Stunden täglich bzw. 72 Stunden wöchentlich ausgedehnt werden, wenn bei einer Arbeitszeit von mehr als 8 Stunden täglich in dieser Arbeitszeit so viel Arbeitsbereitschaft enthalten ist, wie die Arbeitszeit mehr als 8 Stunden beträgt.
  2. Übersteigt der Wachdienst ohne Bereitschaft wöchentlich 40 Stunden, so ist ab der 41. Stunde ein Lohnzuschlag von 25 % zu zahlen.
  3. Die gesamte wöchentliche Arbeitszeit (einschließlich Arbeitsbereitschaft) darf 72 Stunden nicht überschreiten.
  4. Übersteigt in besonders dringenden Fällen die monatliche Arbeitszeit 300 Stunden, so ist ab der 301. Stunde ein Lohnzuschlag von 50 % zu zahlen.
  5. Der Wachdienst kann einschließlich Arbeitsbereitschaft auf 24 Stunden (Doppelschicht) ausgedehnt werden, wovon die Arbeitsbereitschaft mindestens 1/3 der Arbeitszeit betragen muß.
  6. Im Wachdienst bei Bewachung militärischer Anlagen wird der Wachdienst in 24stündigem Schichtwechsel durchgeführt. Die Schicht besteht bis zu 12 Stunden aus Arbeitszeit (Standposten, Kontrollgang, Tordienst, sowie Wegezeiten zur Ablösung im Gelände oder anderen Orten), bis zu 6 Stunden aus Arbeitsbereitschaft und mindestens bis zu 6 Stunden aus Ruhezeit, von denen in der Regel mindestens 4 Stunden zusammenhängend gewährt werden müssen. In Fällen, in denen der Wachdienst weniger als 24 Stunden, aber mehr als 12 Stunden beträgt, ist das Verhältnis zwischen Arbeitszeit, Arbeitsbereitschaft und Ruhezeit entsprechend anzuwenden.
  7. Die im Anschluß an einen 24stündigen Dienst dem Arbeitnehmer zu gewährende Freizeit beträgt zusammenhängend 24 Stunden.

Begriffsbestimmungen

Revierwachdienst

Der Wachunternehmer bekommt den Auftrag, an einem oder mehreren Wachobjekten Kontrollen durchzuführen, ohne daß im Wachvertrag vereinbart wird, daß der Wachmann während einer im Wachvertrag festgelegten Wachdienstzeit ausschließlich dem Auftraggeber zur Verfügung steht. Auftraggeber kann sowohl eine einzelne Person als auch eine Mehrheit von Personen sein.

Separatwachdienst

Der Wachunternehmer bekommt den Auftrag, für eine im Wachvertrag festgelegte Wachdienstzeit einen oder mehrere Wachmänner ausschließlich für den Auftraggeber zur Verfügung zu stellen. Diese haben ein vertraglich fest umrissenes Bewachungsobjekt nach gleicher Anweisung eines einzigen Auftraggebers in wiederholten Objektkontrollen oder als Standposten zu bewachen.

Lohn-TV Bw 91

§ 2

Arbeitszeit

(1) Die Arbeitszeit beträgt bei einfacher Schicht bis zu 12 Stunden, bei Doppelschicht 24 Stunden.

(2) Bezüglich der Arbeitsbereitschaft gelten die Bestimmungen des § 2 Abs. 2 b) bis q) des Manteltarifvertrages für gewerbliche Arbeitnehmer für das Bewachungsgewerbe in den Bundesländern Rheinland-Pfalz und Saarland vom 2. Oktober 1989.

§ 4 Lohnzulagen

(7) Beim Überschreiten der regelmäßigen monatlichen Arbeitszeit von 300 Stunden ist ab der 301. Stunde ein Zuschlag in Höhe von 50 % zum Tarifstundenlohn zu zahlen.”

Der Kläger hat die Auffassung vertreten, die Beklagte müsse bei der Ermittlung der Anzahl der Überstunden alle abgerechneten Stunden berücksichtigen, also auch die Ruhezeit. In den Monaten Juli bis Oktober 1992 habe die Beklagte 378, 330, 318 und 448 Stunden abgerechnet. Für die über 300 Stunden im Monat hinausgehende Arbeitszeit könne er einen Zuschlag von 50 % des Stundenlohnes beanspruchen. Bei einem Stundenlohn von 11,05 DM im Juli und von 11,66 DM in den Monaten August bis Oktober 1992 errechnete der Kläger eine Überstundenvergütung von insgesamt 1.567,68 DM. Für 120 Stunden im Juni, für 24 Stunden im August sowie für 216 Stunden im September 1992 zahlte die Beklagte ein Urlaubsentgelt. Der Kläger hält die Berechnung nicht für richtig und fordert ein restliches Urlaubsentgelt von 666,72 DM. Wegen einer Krankheit des Klägers zahlte die Beklagte für 312 Stunden im Oktober 1992 den Lohn fort. Der Kläger fordert weitere 798,72 DM.

Der Kläger hat beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, an ihn 3.034,– DM brutto nebst 4 % Zinsen aus dem sich ergebenden Nettobetrag seit dem 18. Februar 1993 zu zahlen.

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Sie hat die Auffassung vertreten, die Ruhezeit sei keine zuschlagspflichtige Arbeitszeit im Sinne des Tarifvertrages. Sie schulde dem Kläger deshalb auch keine höhere Urlaubsvergütung und keine höhere Lohnfortzahlung im Krankheitsfall.

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Auf die Berufung des Klägers hat das Landesarbeitsgericht dieses Urteil abgeändert und die Beklagte antragsgemäß verurteilt. Gegen dieses Urteil hat die Beklagte Revision eingelegt. Sie will erreichen, daß das erstinstanzliche Urteil wiederhergestellt wird.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision der Beklagten ist begründet. Die Begründung, mit der das Landesarbeitsgericht der Klage stattgegeben hat, hält einer rechtlichen Nachprüfung nicht stand. Zu einer abschließenden Beurteilung ist der Senat nicht in der Lage. Die Sache muß an das Landesarbeitsgericht zurückverwiesen werden.

I. Die Klage ist bisher nur zum Teil zulässig.

1. Die Klage auf Zahlung des restlichen Urlaubsentgelts und die Klage auf Lohn für die Dauer der Krankheit ist nicht bestimmt genug (§ 46 Abs. 2 ArbGG in Verb. mit § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO). Nach dieser Vorschrift muß die Klage die bestimmte Angabe des Gegenstandes und des Grundes des erhobenen Anspruchs enthalten. Fehlt es an diesen Voraussetzungen, ist die Klage unzulässig.

Der Kläger hat bezogen auf die genannten Streitgegenstände den Gegenstand des erhobenen Anspruchs nicht ausreichend bezeichnet. Bei Ansprüchen auf Vergütung sind die Zeiträume, für die die Vergütung verlangt wird, kalendermäßig zu bezeichnen. Verlangt der Kläger für einzelne Tage ein Urlaubsentgelt oder ein restliches Urlaubsentgelt, muß er die Tage bezeichnen, für die er diese Ansprüche erhebt. Dasselbe gilt auch für die durch Krankheit ausgefallenen Arbeitsstunden oder Arbeitstage. Diese Angaben sind erforderlich, um den Umfang der Rechtskraft ermitteln zu können. Stünde nicht fest, für welche Zeiträume der Anspruch besteht oder versagt wird, wäre das Urteil einer materiellen Rechtskraft nicht fähig (§ 322 Abs. 1 ZPO).

Aus dem Vorbringen des Klägers ergibt sich nicht, für welche Tage die Forderungen geltend gemacht werden. Das Landesarbeitsgericht hat den Kläger nicht auf den Mangel der Klage hingewiesen. Der Kläger muß deshalb die Gelegenheit haben, sein Vorbringen entsprechend zu ergänzen.

2. Gegen die Zulässigkeit der Klage auf Zahlung der Überstundenzuschläge bestehen keine Bedenken. Der Tarifvertrag stellt auf eine monatliche Arbeitszeit ab. Der Kläger hat die Monate bezeichnet, für die er einen Überstundenzuschlag wegen Überschreitens der regelmäßigen monatlichen Arbeitszeit verlangt.

II. Ob der Anspruch auf Zahlung der Überstundenzuschläge begründet ist, kann der Senat nicht abschließend beurteilen.

1. Als Anspruchsgrundlage kommt nur § 2 Abs. 2 Buchst. d des Manteltarifvertrages in Betracht.

Das Landesarbeitsgericht hat angenommen, auf das Arbeitsverhältnis sei der Lohntarifvertrag für das Bewachungsgewerbe (Bundeswehr) vom 10. April 1991 anzuwenden. Dem kann der Senat nicht folgen. Dieser Tarifvertrag ist nur anzuwenden auf Arbeitnehmer des Bewachungsgewerbes, „die im Seperatwachdienst bei der Bundeswehr bzw. auf Objekten der Stationierungsstreitkräfte tätig sind”. Das trifft für den Kläger nicht zu. Er war nicht im Wachdienst bei der Bundeswehr tätig. Bei der Bundeswehr ist nur derjenige Wachmann beschäftigt, der auf Objekten eingesetzt wird, die von der Bundeswehr genutzt werden. In § 1 Lohn-TV Bw 91 wird der Geltungsbereich des Tarifvertrages nach einheitlichen Merkmalen für die Tätigkeit bei der Bundeswehr und „auf Objekten der Stationierungsstreitkräfte” beschrieben.

Der Regierungsbunker in Bad Marienthal ist kein Objekt der Bundeswehr. In dieser Einrichtung sind keine Einheiten der Bundeswehr tätig. Für die Bewachung des Regierungsbunkers ist der Bundesminister des Inneren zuständig. Mit Überlegungen zur Zweckmäßigkeit, mit denen das Landesarbeitsgericht die Anwendung des Lohn-TV Bw 91 rechtfertigen will, kann die Ausdehnung des Geltungsbereiches nicht gerechtfertigt werden. Die besonderen Anforderungen, die an einen Arbeitnehmer bei der Bewachung militärischer Einrichtungen gestellt werden müssen, rechtfertigen nur die Sonderregelungen zur Arbeitszeit im MTV.

2. Der Kläger leistete Wachdienst nach § 2 Abs. 2 Buchst. f des Tarifvertrages.

a) Der Kläger war im Seperatwachdienst beschäftigt. Was Seperatwachdienst ist, bestimmt der Tarifvertrag in § 2 Abs. 2 am Ende. Der Kläger hatte einen vertraglich fest umrissenes Bewachungsobjekt, nämlich den Regierungsbunker, nach gleicher Anweisung eines einzigen Auftraggebers, der Bundesrepublik Deutschland, als Standposten und in Kontrollgängen zu bewachen.

b) Der Kläger wurde „bei Bewachung militärischer Anlagen” im Sinne von § 2 Abs. 2 Buchst. f MTV eingesetzt. Beim Regierungsbunker handelt es sich um eine militärische Anlage im Sinne dieser Tarifbestimmung. Vom Regierungsbunker aus wird im Verteidigungsfall die Bundeswehr eingesetzt. Hier befindet sich die Befehlszentrale. Die Bezeichnung des Regierungsbunkers als „militärische Anlage” steht nicht im Widerspruch zu der Annahme, daß der Regierungsbunker in Friedenszeiten kein Objekt der Bundeswehr ist.

3. Die Ruhezeit im Sinne von § 2 Abs. 2 Buchst. f MTV gehört zur Arbeitszeit im Sinne von § 2 Abs. 2 Buchst. d MTV.

a) Nach § 2 Abs. 2 Buchst. d MTV hängt der Lohnzuschlag von der Dauer der monatlichen Arbeitszeit ab. Darüber, was zur Arbeitszeit im Sinne dieser Bestimmung gehört, streiten die Parteien.

b) Der Wortlaut des Tarifvertrages ist nicht eindeutig. Das Wort „Arbeitszeit” wird in verschiedenen Zusammenhängen verwendet. Zum einen ist damit gemeint die reine Arbeitszeit (Standposten, Kontrollgang, Tordienst usw.); zum anderen ist damit die Dauer der Schicht gemeint.

c) Wie Arbeitszeit im Sinne von § 2 Abs. 2 Buchst. d MTV zu verstehen ist, ergibt sich aus dem Zusammenhang der tariflichen Bestimmungen, Leistet der Arbeitnehmer Wachdienst ohne Arbeitsbereitschaft, hat er Anspruch auf einen Zuschlag ab der 41. Stunde (§ 2 Abs. 2 Buchst. b MTV). Kommt zur eigentlichen Arbeit noch eine Arbeitsbereitschaft hinzu, darf die wöchentliche Arbeitszeit 72 Stunden nicht überschreiten (§ 2 Abs. 2 Buchst. c MTV). Im Sinne dieser Regelung gehört die Arbeitsbereitschaft zur Arbeitszeit dazu. Sie wird also auch dann berücksichtigt, wenn festgestellt werden muß, ob Überstundenzuschläge im Sinne von § 2 Abs. 2 Buchst. d MTV zu zahlen sind. Das gilt auch für die Regelung in § 2 Abs. 2 Buchst. e MTV; bei einer Doppelschicht im Sinne dieser Bestimmung sind auch die Stunden der Arbeitsbereitschaft zu berücksichtigen.

Im Verhältnis zur Regelung des § 2 Abs. 2 Buchst. e MTV enthält § 2 Abs. 2 Buchst. f MTV eine Sonderregelung. Sie gilt für den Einsatz bei Bewachung militärischer Anlagen. Auch dieser Wachdienst wird in einer Doppelschicht ausgeführt. In diese Schicht fallen aber, anders als im Fall des Buchstaben e nicht nur die reine Arbeitszeit und die Arbeitsbereitschaft. In der Doppelschicht bei Bewachung militärischer Anlagen hat der Arbeitnehmer Anspruch auf mindestens sechs Stunden Ruhezeit.

Das heißt aber nicht, daß diese Ruhezeiten bei der Ermittlung der Zuschlagspflichtigen Stunden nicht berücksichtigt werden. Der Sinn der Regelung in § 2 Abs. 2 Buchst. f MTV ist ein anderer. Die Ruhezeiten, die bei Buchstabe f vorgeschrieben sind, sollen höhere Belastungen des Wachmanns ausgleichen. Bei der Bewachung militärischer Anlagen ist eine besondere Aufmerksamkeit und Konzentration erforderlich. Im Sonderfall des Buchstaben f gehört deshalb auch die Ruhezeit zur Arbeitszeit im Sinne von Buchstabe d. Die Berücksichtigung besonderer Anforderungen darf sich nicht zum Nachteil der Arbeitnehmer auswirken. Das verbietet der Zweck dieser tariflichen Regelung.

d) Die Überstundenregelung in Buchstabe d hätte in den Fällen des Buchstaben f keine Bedeutung, wäre sie im Sinne der Beklagten zu verstehen, würde die Ruhezeit also nicht bei der Ermittlung der Zuschlagspflichtigen Stunden berücksichtigt. Die Zahl der Doppelschichten, die ein Arbeitnehmer in einem Monat leisten darf, ist auf 15 Schichten begrenzt (§ 2 Abs. 2 Buchstabe g MTV). Würden nur die reine Arbeitszeit und die Arbeitsbereitschaft, mithin also nur 18 Stunden im Rahmen einer Doppelschicht nach Buchstabe f berücksichtigt, käme dieser Arbeitnehmer allenfalls auf monatlich 270 Stunden (18 Stunden × 15 Schichten). Der in normaler Doppelschicht eingesetzte Arbeitnehmer könnte dagegen die Grenze von 300 Stunden überschreiten. Damit käme es zu einem Wertungswiderspruch. Die Arbeit mit den höheren Anforderungen würde schlechter bezahlt (weniger Überstundenzuschläge) als die vom Tarifvertrag als leichter eingestufte Arbeit.

4. Obwohl der Senat damit im Ergebnis den Überlegungen des Landesarbeitsgerichts folgt, kann er der Klage ohne weitere tatsächliche Feststellungen nicht stattgeben. Das Landesarbeitsgericht hat nicht ermittelt, welche Arbeitszeit der Kläger im Sinne der Überstundenregelung in den einzelnen Monaten geleistet hat. Der Kläger hat zwar Lohnabrechnungen vorgelegt. Er stellt aber nach der Klagebegründung auf „abgerechnete Stunden” ab. Nach den Lohnabrechnungen, die er vorgelegt hat, wurden ihm nicht nur Arbeitszeit im engeren Sinne, also Wachdienst einschließlich Urlaub und Lohnfortzahlung im Krankheitsfalle vergütet. Die Lohnabrechnungen enthalten auch Lohnbestandteile, die z.B. mit „Produktivlohn” und „bezahlte Freizeit” bezeichnet werden. Die vom Kläger vorgelegte Abrechnung ist deshalb für die Ermittlung der Arbeitszeit im Sinne von § 2 Abs. 2 Buchst. d MTV nicht brauchbar. Darauf hat das Landesarbeitsgericht nicht hingewiesen. Der Kläger muß deshalb Gelegenheit haben, seine Darstellung zu ergänzen. Das macht es erforderlich, den Rechtsstreit auch insoweit an das Landesarbeitsgericht zurückzuverweisen.

 

Unterschriften

Dr. Heither, Kremhelmer, Bepler, Furchtbar, H. Frehse

 

Fundstellen

Haufe-Index 438689

BB 1996, 116

NZA 1996, 266

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