Entscheidungsstichwort (Thema)

Nutzung einer Telefonanlage durch den Betriebsrat

 

Orientierungssatz

Die Nutzung des Telefons zur Kontaktaufnahme mit den von ihm vertretenen Mitarbeitern betrifft die Erfüllung gesetzlicher Aufgaben des Betriebsrats. Sie dient der innerbetrieblichen Kommunikation und dem Informationsaustausch zwischen den Arbeitnehmern und der von ihnen gewählten Arbeitnehmervertretung. Zu den Aufgaben des Betriebsrats gehört es, im Rahmen seiner Zuständigkeit die Belegschaft umfassend und grundlegend zu informieren. Die Einhaltung der allgemeinen Überwachungspflichten nach § 75 BetrVG bzw § 80 BetrVG verlangt zwingend, sich mit den von ihnen zu vertretenden Mitarbeitern auszutauschen. Auch die sachgerechte Wahrnehmung der Mitbestimmungs- und Mitwirkungsrechte ist ohne einen Informations- und Meinungsaustausch zwischen Betriebsrat und Belegschaft nicht denkbar.

 

Verfahrensgang

LAG Schleswig-Holstein (Entscheidung vom 06.10.1998; Aktenzeichen 3 TaBV 2d/98)

ArbG Elmshorn (Entscheidung vom 30.09.1997; Aktenzeichen 4b BV 34/96)

 

Tenor

Auf die Rechtsbeschwerde des Betriebsrats wird der Beschluß

des Landesarbeitsgerichts Schleswig-Holstein vom 6. Oktober

1998 - 3 TaBV 2 d/98 - aufgehoben.

Auf die Beschwerde des Betriebsrats wird der Beschluß des

Arbeitsgerichts Elmshorn vom 30. September 1997 - 4b BV 34/96 -

abgeändert.

Dem Arbeitgeber wird aufgegeben, die in den einzelnen

Verkaufsstellen im Zuständigkeitsbereich des antragstellenden

Betriebsrats vorhandenen Fernsprecher telefontechnisch so

einrichten zu lassen, daß der Betriebsrat in den Verkaufsstellen

anrufen kann.

 

Gründe

A. Die Beteiligten streiten darüber, ob der Arbeitgeber verpflichtet ist, es dem Betriebsrat zu ermöglichen, die von ihm vertretenen Arbeitnehmer über vorhandene Telefonanlagen anrufen zu können.

Der Arbeitgeber vertreibt bundesweit Drogeriewaren über Verkaufsstellen. Die Verkaufsstellen sind aufgrund einer tariflichen Vereinbarung zwischen der Gewerkschaft Handel, Banken und Versicherung (HBV) und dem Arbeitgeber nach § 3 Abs. 1 Nr. 3 BetrVG Bezirken zugeordnet, in denen jeweils Betriebsräte gebildet worden sind. Der Antragsteller ist der für den Bezirk F gewählte Betriebsrat. Dem Bezirk gehören etwa 20 räumlich voneinander entfernt liegende Verkaufsstellen an. In den Verkaufsstellen sind Telefonapparate installiert. Diese Telefonanschlüsse sind aufgrund einer besonderen technischen Schaltung von außen nicht anrufbar. Die dortigen Mitarbeiter können lediglich eine beschränkte Anzahl von Telefonnummern anwählen, darunter auch diejenige des Betriebsrats.

Dem Betriebsrat stehen im Betriebsratsbüro zwei Telefonanschlüsse mit freigeschalteter Amtsleitung zur Verfügung. Das Betriebsratsbüro ist dienstags und donnerstags in der Zeit von 9.00 - 14.00 Uhr besetzt. Zum Sachaufwand des Betriebsrats trifft ein Ergänzungstarifvertrag zwischen der HBV und dem Arbeitgeber vom 7. April 1995 folgende Regelung:

2. Sachaufwand des Betriebsrates

2.1.

Der Betriebsrat bestimmt seinen Sitz an einer Verkaufsstelle oder

Filiale des Bezirkes unter Berücksichtigung der örtlichen

Gegebenheiten. Vorrang haben die Verkaufsstellen oder Filialen am

Sitz des Betriebsratsvorsitzenden oder stellvertretenden

Betriebsratsvorsitzenden.

Der Arbeitgeber stellt am Sitz des Betriebsrates einen

verschließbaren Schrank, einen Schreibtisch mit Sitzgelegenheit

sowie die für die Betriebsratstätigkeit erforderlichen sachlichen

Mittel im Sinne des § 40 BetrVG zur Verfügung.

Zu den für die Betriebsratstätigkeit erforderlichen Sachmittel

gehören zwei Telefone mit Amtsleitungen.

2.2.

In den Verkaufsstellen des Betriebsratsvorsitzenden und

stellvertretenden Betriebsratsvorsitzenden sind Telefone

installiert, die sicherstellen, daß diese Telefonapparate von

allen Verkaufsstellen angerufen werden können.

2.3.

Die Bezirksleitung stellt dem Betriebsrat im Bezirk eine geeignete

Tagungsmöglichkeit zur Abhaltung von Betriebsratssitzungen zur

Verfügung.

Der Betriebsrat wurde erstmals am 15. März 1996 gewählt. Nach dem Ausscheiden mehrerer Mitglieder leitete die verbliebene Betriebsratsvorsitzende die Durchführung von Neuwahlen ein. Der daraufhin gewählte Betriebsrat konstituierte sich am 18. Februar 1998.

In dem am 27. Juni 1996 eingeleiteten Beschlußverfahren hat der Betriebsrat gemeint, aufgrund der besonderen Betriebsstruktur für die innerbetriebliche Kommunikation darauf angewiesen zu sein, sich mit den von ihm zu vertretenden Mitarbeitern telefonisch in Verbindung setzen zu können. Eine sachgerechte Wahrnehmung seiner gesetzlichen Aufgaben, insbesondere von Mitbestimmungs- und Mitwirkungsrechten in Fragen der Arbeitszeit, der Einstellung und Vertretung sei ansonsten nicht möglich. Er könne nicht darauf verwiesen werden, telegraphisch um Rückruf zu bitten oder die Mitarbeiter während der Arbeitszeit am Arbeitsplatz aufzusuchen bzw. mit ihnen schriftlich zu kommunizieren.

Der Betriebsrat hat zuletzt beantragt,

dem Arbeitgeber aufzugeben, in den Verkaufsstellen des Bezirks

Flensburg Telefone zur Verfügung zu stellen, die eine

wechselseitige Verbindung der Verkaufsstellen mit den beiden

Telefonen des Betriebsrats zulassen.

Der Arbeitgeber hat beantragt, die Anträge zurückzuweisen.

Er hält die Anträge mangels hinreichender Bestimmtheit für unzulässig. Im übrigen sei der Sachaufwand des Betriebsrats tariflich abschließend geregelt. Er habe seiner tarifvertraglichen Verpflichtung genügt. Den Betriebsräten stünden Telefonapparate mit freigeschalteten Amtsleitungen zur Verfügung. Die verlangte Freischaltung und dadurch ermöglichte Anrufbarkeit der Verkaufsstellen störten die dortigen betrieblichen Abläufe und verursachten unverhältnismäßig hohe Kosten. Wegen der Vielzahl an Teilzeitkräften und der wechselnden Einsatzpläne sei nicht gewährleistet, daß der Betriebsrat den gewünschten Gesprächspartner während der Arbeitszeit erreiche.

Das Arbeitsgericht hat den Antrag zurückgewiesen. Die dagegen gerichtete Beschwerde des Betriebsrats blieb vor dem Landesarbeitsgericht ohne Erfolg. Mit seiner Rechtsbeschwerde verfolgt der Betriebsrat sein bisheriges Antragsziel weiter. Der Arbeitgeber beantragt, die Rechtsbeschwerde zurückzuweisen.

B. Die Rechtsbeschwerde des Betriebsrats ist begründet. Der Arbeitgeber ist nach § 40 Abs. 2 BetrVG verpflichtet, die Telefone in den Verkaufsstellen des Bezirks F so einrichten zu lassen, daß der Betriebsrat in den einzelnen Verkaufsstellen seines jeweiligen Zuständigkeitsbereichs anrufen kann.

I. Die Rechtsbeschwerde ist ebenso wie die vorangegangene Beschwerde zulässig. Entgegen der Auffassung des Arbeitgebers mußte der im Februar 1998 neu konstituierte Betriebsrat für die Fortsetzung des Verfahrens keine erneute Vollmacht erteilen. Die dem Verfahrensbevollmächtigten von dem am 15. März 1996 gewählten Betriebsrat erteilte Vollmacht zur Durchführung des vorliegenden Beschlußverfahrens berechtigt auch zur Durchführung des Beschwerde- und des Rechtsbeschwerdeverfahrens (vgl. für das Urteilsverfahren Zöller ZPO 21. Aufl. § 81 Rn. 2; BGH NJW 94, 320).

II.1. Der Betriebsrat ist antragsbefugt. Für die Fortführung des Verfahrens bedurfte es aus verfahrensrechtlichen Gründen keiner erneuten Beschlußfassung. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts ist der jeweils im Amt befindliche Betriebsrat Funktionsnachfolger des früheren Betriebsrats (BAG 3. April 1979 - 6 ABR 64/76 - AP BetrVG 1972 § 13 Nr.1 = EzA BetrVG 1972 § 40 Nr. 45 zu II 3 b der Gründe mwN).

2. Der Antrag ist zulässig. Er ist darauf gerichtet, daß der Arbeitgeber technische Vorkehrungen trifft, die es dem Betriebsrat gestatten, von den ihm zur Verfügung stehenden Telefonen aus auf Dauer mit den Verkaufsstellen seines Zuständigkeitsbereichs telefonisch Kontakt aufnehmen zu können. Mit diesem Inhalt ist der Antrag auch hinreichend bestimmt. Allerdings haben die Betriebsräte die zur Erfüllung ihrer Ansprüche notwendigen technischen Maßnahmen nicht näher bezeichnet. Das steht dem prozessualen Bestimmtheitsgebot nicht entgegen. Wie bei jeder Verurteilung zur Leistung gehört es zu den Aufgaben des Verpflichteten, über die Art und Weise der Erfüllung zu befinden. Nichts anderes gilt für die Verpflichtung des Arbeitgebers, vorhandene Telefonanlagen benutzbar zu machen. Ob er die notwendigen technischen Vorkehrungen getroffen hat, um Anrufe der Betriebsräte in den einzelnen Verkaufsstellen zu ermöglichen, ist ggf. im Vollstreckungsverfahren zu prüfen (vgl. BAG 17. Februar 1998 - 9 AZR 84/97 - AP BGB § 618 Nr. 26 = EzA BGB § 618 Nr. 14; 19. Januar 1999 - 1 AZR 499/98 - AP BetrVG 1972 § 87 Ordnung des Betriebes Nr. 28).

III. Der Antrag ist begründet. Das Landesarbeitsgericht hat den Antrag des Betriebsrats zu Unrecht zurückgewiesen. Es hat die Voraussetzungen verkannt, nach denen der Betriebsrat gemäß § 40 Abs. 2 BetrVG von dem Arbeitgeber verlangen kann, die vorhandenen Telefonanlagen für die innerbetriebliche Kommunikation mit den von ihm vertretenen Arbeitnehmern nutzbar zu machen.

1. Der Anspruch des Betriebsrats folgt aus § 40 Abs. 2 BetrVG (vgl. BAG 9. Juni 1999 - 7 ABR 66/97 - AP BetrVG 1972 § 40 Nr. 66). Danach hat der Arbeitgeber dem Betriebsrat für die laufende Geschäftsführung sachliche Mittel in erforderlichem Umfang zur Verfügung zu stellen. Der Senat läßt dahingestellt, ob der Anspruch des Betriebsrats auch aus § 78 BetrVG folgt. Das käme in Betracht, wenn der Arbeitgeber selbst die ihm bekannten Rufnummern für Anrufe in einzelne Verkaufsstellen nutzen würde. Erst in einem solchen Fall könnte sich das Verhalten des Arbeitgebers als eine unzulässige Behinderung der Betriebsratsarbeit darstellen (§ 78 BetrVG), weil dem Betriebsrat ohne rechtfertigenden Grund ein innerbetriebliches Kommunikationsmittel verweigert würde, das der Arbeitgeber für sich in Anspruch nimmt (BAG 9. Juni 1999 aaO zu B II 1 der Gründe).

2. Nach der gesetzlichen Ausgestaltung des § 40 Abs. 2 BetrVG hat der Betriebsrat die Voraussetzungen der Kostentragungspflicht des Arbeitgebers zu beurteilen. Er hat zu prüfen, ob das verlangte Sachmittel für die Erledigung von Betriebsratsaufgaben erforderlich und deshalb vom Arbeitgeber zur Verfügung zu stellen ist. Dabei darf der Betriebsrat nicht allein nach seinen subjektiven Bedürfnissen entscheiden. Von ihm wird verlangt, daß er bei seiner Entscheidungsfindung die betrieblichen Verhältnisse und die sich ihm stellenden Aufgaben berücksichtigt. Dabei hat er die Interessen der Belegschaft an einer sachgerechten Ausübung des Betriebsratsamts einerseits und berechtigte Interessen des Arbeitgebers, auch soweit sie auf eine Begrenzung seiner Kostentragungspflicht gerichtet sind, gegeneinander abzuwägen (BAG 12. Mai 1999 - 7 ABR 36/97 - AP BetrVG 1972 § 40 Nr. 65).

Die Entscheidung des Betriebsrats über die Erforderlichkeit des verlangten Sachmittels unterliegt der arbeitsgerichtlichen Kontrolle. Diese ist auf die Prüfung beschränkt, ob das verlangte Sachmittel aufgrund der konkreten betrieblichen Situation der Erledigung einer gesetzlichen Aufgabe des Betriebsrats dient und der Betriebsrat nicht nur die Interessen der Belegschaft berücksichtigt hat, sondern bei seiner Entscheidung auch berechtigten Interessen des Arbeitgebers Rechnung getragen hat. Dient das jeweilige Sachmittel der Erledigung betriebsverfassungsrechtlicher Aufgaben und hält sich die Interessenabwägung des Betriebsrats im Rahmen seines Beurteilungsspielraums, können die Gerichte die Entscheidung des Betriebsrats nicht durch ihre eigene Beurteilung ersetzen (BAG 12. Mai 1999 - 7 ABR 36/97 - aaO zu B III 2 a der Gründe; 11. November 1998 - 7 ABR 57/97 - AP BetrVG 1972 § 40 Nr. 64 zu B 2 der Gründe). Die Entscheidung des Landesarbeitsgerichts kann im Rechtsbeschwerdeverfahren ebenfalls nur eingeschränkt daraufhin überprüft werden, ob Rechtsbegriffe verkannt worden sind, Denkgesetze oder allgemeine Erfahrungssätze verletzt oder wesentliche Umstände bei der Würdigung übersehen worden sind (BAG st. Rspr., 11. November 1998 - 7 ABR 57/97 - aaO zu B 2 der Gründe).

3. Die Begründung des Landesarbeitsgerichts hält nicht einmal diesem eingeschränkten Prüfungsmaßstab stand. Das Landesarbeitsgericht hat verkannt, daß der Arbeitgeber durch die Freischaltung der Telefonapparate, die dem Betriebsratsvorsitzenden und seinem Stellvertreter in ihren Verkaufsstellen zur Verfügung stehen, den Anspruch des Betriebsrats aus § 40 Abs. 2 BetrVG nur teilweise erfüllt hat. Es hat weiterhin verkannt, daß der Betriebsrat für den innerbetrieblichen Dialog und Meinungsaustausch mit der Belegschaft aufgrund der besonderen betrieblichen Verhältnisse auf die telefonische Erreichbarkeit der Mitarbeiter angewiesen ist und daß nicht dem Arbeitgeber, sondern dem Betriebsrat ein Bestimmungsrecht zur Art des Kommunikationsmittels zusteht.

a) Der Arbeitgeber hat allein mit dem Überlassen freigeschalteter Telefonanlagen an den Betriebsrat seine Verpflichtung aus § 40 Abs. 2 BetrVG nicht erfüllt. Zum erforderlichen Umfang sachlicher Mittel gehört bei einer Telefonanlage auch deren Nutzbarkeit in einer Art und Weise, die eine Erfüllung gesetzlicher Aufgaben ermöglicht. Dazu kann auch die telefonische Erreichbarkeit von Mitarbeitern gehören, an deren Arbeitsplätzen der Arbeitgeber eine Fernsprecheinrichtung bereitgestellt hat. Bewirken erst die technischen Veränderungen an diesen Anlagen die nach § 40 Abs. 2 BetrVG erforderliche Nutzbarkeit der dem Betriebsrat zur Verfügung stehenden Fernsprecheinrichtung, sind sie Teil des Sachmittelanspruchs des Betriebsrats.

b) Die Nutzung des Telefons zur Kontaktaufnahme mit den von ihm vertretenen Mitarbeitern betrifft die Erfüllung gesetzlicher Aufgaben des Betriebsrats. Sie dient der innerbetrieblichen Kommunikation und dem Informationsaustausch zwischen den Arbeitnehmern und der von ihnen gewählten Arbeitnehmervertretung. Zu den Aufgaben des Betriebsrats gehört es, im Rahmen seiner Zuständigkeit die Belegschaft umfassend und grundlegend zu informieren. Die Einhaltung der allgemeinen Überwachungspflichten nach § 75 BetrVG bzw. § 80 BetrVG verlangt zwingend, sich mit den von ihnen zu vertretenden Mitarbeitern auszutauschen. Auch die sachgerechte Wahrnehmung der Mitbestimmungs- und Mitwirkungsrechte ist ohne einen Informations- und Meinungsaustausch zwischen Betriebsrat und Belegschaft nicht denkbar.

c) Der Betriebsrat hat die verlangten technischen Änderungen an den vorhandenen Telefonanlagen zur telefonischen Kontaktaufnahme mit den einzelnen Verkaufsstellen angesichts der besonderen Struktur des Einzelhandelsunternehmens des Arbeitgebers auch für erforderlich halten können. Seiner Entscheidung stehen berechtigte betriebliche Interessen des Arbeitgebers und insbesondere sein Interesse an der Begrenzung seiner Kostentragungspflicht nicht entgegen.

aa) Der Kontakt zwischen Betriebsrat und Arbeitnehmern ist nach dem Betriebsverfassungsgesetz weder institutionalisiert noch in sonstiger Weise vorgegeben. Das Betriebsverfassungsgesetz verweist den Betriebsrat für den innerbetrieblichen Dialog mit der Belegschaft nicht auf die Durchführung von Betriebsversammlungen oder Sprechstunden (BAG 8. Februar 1977 - 1 ABR 82/74 - AP BetrVG 1972 § 80 Nr. 10 = EzA BetrVG 1972 § 70 Nr. 1). Es verlangt von ihm auch nicht, sich auf Aushänge am Schwarzen Brett zu beschränken oder die Belegschaft schriftlich zu informieren bzw. die Arbeitnehmer an ihren Arbeitsplätzen stets persönlich aufzusuchen. Welche Informations- und Kommunikationswege der Betriebsrat für zweckmäßig hält, ist von ihm nach pflichtgemäßen Ermessen zu entscheiden (BAG 21. November 1978 - 6 ABR 85/76 - AP BetrVG 1972 § 40 Nr. 15 = EzA BetrVG 1972 § 40 Nr. 41). Er ist nicht darauf zu verweisen, daß die Arbeitnehmer ihrerseits den Kontakt mit ihm suchen können. Vielmehr muß er die Möglichkeit haben, von sich aus mit der Belegschaft in Verbindung treten zu können. Dem Kommunikations- und Informationsbedürfnis des Betriebsrats ist nicht schon bereits deshalb genügt, weil die Arbeitnehmer in den Verkaufsstellen ihrerseits über die Möglichkeit verfügen, mit dem Betriebsrat über die vorhandene Telefonanlage in Kontakt zu treten. Eine damit verbundene Verkürzung der Informationsrechte und -pflichten des Betriebsrats und Beschränkung seiner innerbetrieblichen Kommunikationsbedürfnisse sieht das BetrVG nicht vor.

bb) Das Landesarbeitsgericht hat auch verkannt, daß der Arbeitgeber dem Betriebsrat die Art der innerbetrieblichen Kommunikation nicht vorschreiben kann. Soweit der Betriebsrat dafür auf technische Einrichtungen angewiesen ist, die im Betrieb verfügbar sind, ist das Bestimmungsrecht des Betriebsrats zur Erforderlichkeit dieses Sachmittels durch das BetrVG zwingend vorgegeben. Anstelle eines Anspruchs auf Kostenerstattung nach § 40 Abs. 1 BetrVG begründet § 40 Abs. 2 BetrVG für den Sachaufwand und das Büropersonal zugunsten des Betriebsrats einen Anspruch auf Naturalleistung. Dazu billigt das Betriebsverfassungsgesetz dem Arbeitgeber ein Auswahlrecht bei der Beschaffung von Sachmitteln und der Einstellung oder Gestellung von Büropersonal zu und verhindert auf diese Weise Eigenanschaffungen des Betriebsrats bzw. Einstellungen zu Lasten des Arbeitgebers. Damit ist nicht die Befugnis des Arbeitgebers verbunden, über die Erforderlichkeit des Sachmittels zu befinden. Das ist Sache des Betriebsrats, der seine Entscheidung nach pflichtgemäßem Ermessen zu treffen hat. Demzufolge geht der Senat in ständiger Rechtsprechung von einem Bestimmungsrecht des Betriebsrats hinsichtlich der zur Verfügung zu stellenden Kommentarliteratur (BAG 26. Oktober 1994 - 7 ABR 15/94 - AP BetrVG 1972 § 40 Nr. 43 = EzA BetrVG 1972 § 40 Nr. 72), bei Fachzeitschriften (BAG 25. Januar 1995 - 7 ABR 37/94 - AP BetrVG 1972 § 40 Nr. 46 = EzA BetrVG 1972 § 40 Nr. 73), bei Gesetzestexten (BAG 24. Januar 1996 - 7 ABR 22/95 - AP BetrVG 1972 § 40 Nr. 52 = EzA BetrVG 1972 § 40 Nr. 77) sowie bei der Anschaffung von Personalcomputern (BAG 11. März 1998 - 7 ABR 59/96 - AP BetrVG 1972 § 40 Nr. 57 = EzA BetrVG 1972 § 40 Nr. 81) aus. Auch für sonstige Sachmittel besteht keine Veranlassung, die Rechte des Betriebsrats zu beschränken und es dem Arbeitgeber zu überlassen, die Art des Sachmittels für die Geschäftsführung des Betriebsrats zu bestimmen.

cc) Aufgrund der besonderen betrieblichen Verhältnisse im Einzelhandelsunternehmen des Arbeitgebers ist der Betriebsrat auch auf eine telefonische Kontaktaufnahme mit den Mitarbeitern in den Verkaufsstellen angewiesen.

Der beteiligte Betriebsrat ist zuständig für die betriebsverfassungsrechtliche Vertretung von Arbeitnehmern in ca. 20 Verkaufsstellen. Die Verkaufsstellen sind räumlich voneinander entfernt und häufig mit Teilzeitkräften besetzt. Diese sind während der betriebsüblichen Öffnungszeiten der Verkaufsstellen nicht ständig anwesend und aufsuchbar. Derzeit ist eine vom Betriebsrat ausgehende Kontaktaufnahme mit den Arbeitnehmern während der Arbeitszeit nur möglich, in dem der Betriebsrat eine Bitte um Rückruf brieflich oder in dringenden Fällen telegraphisch übermittelt oder die Arbeitnehmer an ihren Arbeitsplätzen persönlich aufsucht. Beide Möglichkeiten erlauben dem Betriebsrat keine ungehinderte Kontaktaufnahme mit den Arbeitnehmern, zumal sie mit beträchtlichen Zeitverzögerungen und/oder der Inkaufnahme nicht unerheblicher Reisezeiten verbunden sind und nicht einmal gewährleistet ist, daß der Betriebsrat diese Mitarbeiter ohne aufwendige Terminabsprache an ihren Arbeitsplätzen überhaupt erreicht. Diese betrieblichen Verhältnisse beeinträchtigen und erschweren objektiv den Informations- und Meinungsaustausch zwischen Arbeitnehmervertretung und Arbeitnehmern und lassen einen vom Betriebsrat ausgehenden spontanen Dialog ohne die Möglichkeit einer telefonischen Kontaktaufnahme nicht zu.

dd) Durch eine vom Betriebsrat initiierte telefonische Kontaktaufnahme treten keine unzumutbaren Störungen betrieblicher Abläufe ein. Der Dialog zwischen Arbeitnehmern und Betriebsrat am Arbeitsplatz, auf Betriebsversammlungen oder in den Sprechstunden während der Arbeitszeit führt generell zu einer Beeinträchtigung betrieblicher Abläufe, die das Betriebsverfassungsgesetz zur sachgerechten Wahrnehmung von Belegschaftsinteressen in Kauf nimmt. Darüber hinausgehende Störungen treten bei einer telefonischen Kontaktaufnahme durch den Betriebsrat nicht ein. Das von dem Arbeitgeber für zutreffend erachtete Aufsuchen der Mitarbeiter an ihren Arbeitsplätzen oder die Entgegennahme von Telegrammen wäre mit keinen geringeren Beeinträchtigungen verbunden. Soweit der Arbeitgeber befürchtet, daß durch ein Bekanntwerden der Telefonnummern und die dadurch ermöglichte freie Erreichbarkeit der Anschlüsse die dort beschäftigten Mitarbeiter in erheblichem Umfange private Telefonate entgegennehmen, kann er diesen Störungen durch entsprechende Anweisungen an die Mitarbeiter entgegentreten. Darüber hinaus kann er ggf. technische Vorkehrungen treffen, um unerwünschte private Anrufe während der Arbeitszeit zu verhindern.

ee) Der Betriebsrat mußte bei seiner Entscheidung dem Kosteninteresse des Arbeitgebers keinen Vorrang einräumen. Entgegen der Ansicht des Arbeitgebers ist nicht darauf abzustellen, welche Kostenbelastung mit der verlangten Freischaltung bundesweit entsteht. Denn maßgebend sind allein die betrieblichen Verhältnisse und nicht die fiktiven Verhältnisse in anderen Betrieben des Arbeitgebers (BAG 24. Januar 1996 - 7 ABR 22/95 - AP BetrVG 1972 § 40 Nr. 52 = EzA BetrVG 1972 § 40 Nr. 77). Unabhängig davon ist die Kostenbelastung des Arbeitgebers bei einer Gesamtbetrachtung aller Kosten auch nicht unangemessen. Durch die vollständige Freischaltung der Telefonapparate in den jeweiligen Verkaufsstellen entstehen dem Arbeitgeber nach seinen Angaben Kosten in Höhe von 5.904,00 DM jährlich. Die Kosten setzen sich zusammen aus einer monatlichen Grundgebühr von 24,60 DM multipliziert mit der jeweiligen Anzahl der Verkaufsstellen. Diese Kosten werden jedoch schon dadurch relativiert, daß in den Verkaufsstellen, in denen der Betriebsrat bzw. sein Stellvertreter tätig sind, bereits Freischaltungen erfolgt sind und dafür keine gesonderten Kosten mehr anfallen und auch die bisherigen Anschlußkosten für die Verkaufsstellen gegenzurechnen wären. Darüber hinaus entfallen Post- und Telegrammgebühren sowie der finanzielle Aufwand für zusätzliche Arbeitsbefreiungen und Reisekosten der Betriebsräte und ihrer Stellvertreter, die der Arbeitgeber ansonsten zu tragen hätte.

4. Der Anspruch des Betriebsrats wird durch den Ergänzungstarifvertrag vom 30. Mai 1995 nicht ausgeschlossen.

a) Die betriebsverfassungsrechtlichen Rechte des Betriebsrats auf Bereitstellung von Sachmitteln und Büropersonal können durch Tarifvertrag nicht beschränkt werden. Bei der Regelung des § 40 Abs. 2 BetrVG handelt es sich um eine zwingende Vorschrift zur Organisation der Betriebsverfassung. Sie ist einer abweichenden tariflichen Regelung nicht zugänglich (Fitting/Kaiser/Heither/Engels BetrVG 19. Aufl. § 40 Rn. 3; GK-BetrVG/Wiese 6. Aufl. § 40 Rn. 4; Hess/Schlochauer/Glaubitz BetrVG 5. Aufl. § 40 Rn. 1). Es fehlt an einer § 38 Abs. 1 Satz 3 BetrVG vergleichbar gesetzlich geregelten Möglichkeit, durch Tarifvertrag oder Betriebsvereinbarung eine anderweitige Bestimmung treffen zu können.

b) Unabhängig davon haben die Tarifvertragsparteien den Anspruch des Betriebsrats in dem fraglichen Ergänzungstarifvertrag auch nicht beschränkt. Das folgt aus dem Wortlaut des Tarifvertrags und dem tariflichen Zusammenhang.

Nach Nr. 2.1. des Ergänzungstarifvertrags hat der Arbeitgeber neben den dort konkret benannten Sachmitteln die für die Betriebsratstätigkeit erforderlichen sachlichen Mittel im Sinne des § 40 BetrVG zur Verfügung zu stellen. Dazu bestimmt Nr. 2.1., daß zu den erforderlichen Sachmitteln auch zwei Telefone mit Amtsleitung gehören und in Nr. 2.2., daß in den Verkaufsstellen des Betriebsrats und seines Stellvertreters Telefonapparate zu installieren sind, die von den einzelnen Verkaufsstellen aus angerufen werden können. Damit haben die Tarifvertragsparteien einen Teilanspruch des Betriebsrats aus § 40 Abs. 2 BetrVG konkretisiert. Eine abschließende Regelung der vom Arbeitgeber zur Verfügung zu stellenden technischen Sachmittel folgt daraus nicht. Das ergibt sich auch nicht aus dem Zusammenhang der Nr. 2.1. und 2.2. Sie sind unter der Überschrift "Sachaufwand des Betriebsrates" zusammengefaßt. Damit wird verdeutlicht, daß die Tarifvertragsparteien Regelungen über eine Mindestausstattung des Betriebsrats getroffen haben, ohne die gesetzlichen Befugnisse des Betriebsrats nach § 40 BetrVG einschränken zu wollen.

Dörner Schmidt

Linsenmaier

Nottelmann Hökenschnieder

 

Fundstellen

Haufe-Index 611038

AUR 2000, 142

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