Werden in einem ordnungsgemäß gerichtlich protokollierten Vergleich Forderungen für Arbeitnehmer oder Arbeitgeber begründet, die ihrem Wortlaut nach unter eine Ausschlussfrist fallen, so bleiben sie nach Auffassung der Rechtsprechung dennoch von der Ausschlussfrist unberührt. Das Gericht begründet dieses Ergebnis mit Sinn und Zweck der Ausschlussfristen. Diese sollen dem Schuldner Klarheit verschaffen, mit welchen Forderungen des Gläubigers er in Zukunft noch rechnen müsse. Mit dem Vergleichsschluss vor Gericht habe er diese Forderungen aber anerkannt, weshalb der durch die Ausschlussfristen gewährleistete Schutz für ihn in diesem Fall entbehrlich sei.[1]

Vergleichsverhandlungen können allerdings den Lauf von Ausschlussfristen hemmen. Insofern hat die Vorschrift des § 203 Satz 1 BGB auch für Ausschlussfristen Bedeutung, wobei § 203 Satz 2 BGB wiederum keine Anwendung findet.[2]

Dabei versteht das BAG unter Vergleichsverhandlungen – sehr weitgehend – jeden ernsthaften Meinungsaustausch über den Anspruch oder seine tatsächlichen Grundlagen, sofern der Schuldner dies nicht sofort und erkennbar ablehnt. Verhandlungen schweben schon dann, wenn eine der Parteien Erklärungen abgibt, die der jeweils anderen die Annahme gestatten, der Erklärende lasse sich auf Erörterungen über die Berechtigung des Anspruchs oder dessen Umfang ein.[3]

Der Begriff der Vergleichsverhandlungen ist also sehr weitgehend. Die Rechtsfolge solcher Verhandlungen ist, dass der Zeitraum der Verhandlungen in die Frist nicht einberechnet wird.

 
Praxis-Beispiel

Hemmung der Ausschlussfrist bei Vergleichsverhandlungen

Eine Tarifnorm sieht jeweils 2 Monate Frist für die außergerichtliche und die gerichtliche Geltendmachung vor, wobei die zweite Stufe 2 Wochen nach der außergerichtlichen Geltendmachung beginnt. Nach außergerichtlicher Geltendmachung durch den Arbeitnehmer am 1.6.2021 meldet sich der Arbeitgeber am 25.6.2021 und es kommt zu Verhandlungen zwischen den Parteien, die bis zum 16.7.2021 andauern, an diesem Tag aber scheitern.

Die Ausschlussfrist begann an sich am 15.6.2021 und hätte somit mit Ablauf des 15.8.2021 geendet. Dieser Zeitraum wird aber um den Lauf der Vergleichsverhandlungen (21 Tage) verlängert, sodass die Frist am 5.9.2021, 24 Uhr, abläuft.

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