Rz. 81

Der Wechsel von Vollzeit in Teilzeit oder umgekehrt ist keine Frage von Verdiensterhöhungen oder -verringerungen im Referenzzeitraum, sondern eine Frage der Arbeitszeitverringerung oder -erhöhung. Dabei stellt sich die Frage, wie sich diese auf das Urlaubsentgelt auswirkt. Die Berechnung des Urlaubsentgelts macht bei einem Wechsel von Vollzeittätigkeit in Teilzeittätigkeit oder auch umgekehrt hinsichtlich der Berechnung des Urlaubsentgelts an sich keine Probleme. Wenn der Arbeitnehmer lediglich sein Arbeitsvolumen verringert, jedoch die Vergütung gleich bleibt, ergibt sich aus dem Referenzzeitraum eine bestimmte durchschnittliche Tages- oder Stundenvergütung. Bei einem Wechsel von Vollzeit in Teilzeit innerhalb des Referenzzeitraumes ist allerdings auf der Basis der Stundenvergütung die Berechnung vorzunehmen. Dadurch erhält der Arbeitnehmer die Vergütung, die durch seinen Urlaub ausfällt, angepasst an das neue Arbeitszeitvolumen.

 
Hinweis

Die Berechnung erfolgt nach folgender Formel:

Summe der im Referenzzeitraum insgesamt erzielten Vergütung: Geleistetes Arbeitsstunden im Referenzzeitraum (Geldfaktor) x durch Urlaub ausfallende Stunden (Zeitfaktor).

Der Wechsel von Vollzeit- in Teilzeittätigkeit oder umgekehrt beeinflusst die Berechnung des Urlaubsentgelts insofern nicht.

 

Rz. 82

Das Problem ist vielmehr ein anderes: Nach der Rechtsprechung des EuGH dürfen Urlaubsansprüche, die der Arbeitnehmer während eines Vollzeitarbeitsverhältnisses (anteilig) erworben hat entgegen früherer Rechtsprechung des BAG durch den Wechsel in Teilzeittätigkeit nicht in irgend einer Weise geschmälert werden, weil dies gegen das Verbot der Benachteiligung von Teilzeitbeschäftigten nach § 4 Nr. 2 der RL 97/81/EG verstoßen würde.[1] Das hat das BAG nunmehr unter Aufgabe seiner alten Rechtsprechung bestätigt.[2] Das gilt auch dann, wenn der Wechsel in Teilzeit mit einer geringeren Zahl an Arbeitstagen verbunden ist. Die in der Vollzeitphase erworbenen Urlaubsansprüche werden durch den Wechsel in Teilzeit nicht berührt.

 

Rz. 83

 
Praxis-Beispiel

Die Arbeitnehmerin kehrt ab dem 1.7. des Jahres aus der Elternzeit zurück und hat aus dem vorhergehenden Vollzeitarbeitsverhältnis noch 20 Tage Resturlaub übertragen. Sie beginnt mit einer Teilzeittätigkeit von 5 Tagen zu je 50 % der betriebsüblichen Arbeitszeit.

Erhält sie nun Erholungsurlaub für 20 Tage, so wäre der Geldfaktor unabhängig davon, ob man den Referenzzeitraum in den Bereich der Vollzeittätigkeit oder der Teilzeittätigkeit legt, bezogen auf die Stundenvergütung immer gleich. Da für die Ermittlung des Urlaubsentgelts jetzt jedoch der Zeitfaktor aus dem Teilzeitarbeitsverhältnis herangezogen wird, führt dies dazu, dass auch für den aus dem Vollzeitarbeitsverhältnis "mitgebrachten" Urlaub nur noch die reduzierte Vergütung aus dem Teilzeitarbeitsverhältnis als Urlaubsvergütung gezahlt wird.

Das ist europarechtlich nicht mehr zulässig. Eine naheliegende Korrektur im Wege einer richtlinienkonformen Auslegung des § 11 BUrlG besteht darin, diesen übertragenen Urlaub aus dem Vollzeitarbeitsverhältnis mit dem Zeitfaktor aus dem Vollzeitarbeitsverhältnis zu multiplizieren.

Das bedeutet für den Beispielsfall, dass die Arbeitnehmerin nun für die 20 Tage "Alturlaub" nicht nur 4, sondern 8 Stunden pro Tag als Urlaubsvergütung erhält.

 

Rz. 84

Dieses Berechnungsmodell funktioniert aber nicht, wenn die Arbeitnehmerin nicht das Arbeitsvolumen pro Tag reduziert, sondern die Zahl der wöchentlichen Arbeitstage (und ggf. zusätzlich noch das Arbeitsvolumen).

 
Praxis-Beispiel

Die Arbeitnehmerin kehrt ab dem 1.7. des Jahres aus der Elternzeit zurück und hat aus dem vorhergehenden Vollzeitarbeitsverhältnis noch 20 Tage Resturlaub übertragen. Sie hat im Vollzeitarbeitsverhältnis pro Tag 100 EUR verdient. Sie wechselt nach Ende der Elternzeit in ein Teilzeitarbeitsverhältnis, in dem sie noch an 3 Tagen in der Woche jeweils 4 Stunden, was 50 % der täglichen betriebsüblichen Arbeitszeit entspricht, arbeitet.

 

Rz. 85

Für nationale Lösungsansätze enthalten die beiden einschlägigen Entscheidungen des EuGH keine Vorgaben. Maßgeblich ist nur, dass dem Teilzeitarbeitnehmer während der Teilzeit das "Äquivalent" (so wörtlich der EuGH in der Brandes-Entscheidung[3] in Rz. 38) der Urlaubstage erhält, die er während der Vollzeittätigkeit erworben hat. Wie dem Arbeitnehmer dieses Äquivalent während der Teilzeitarbeit zukommt, ist Sache der jeweiligen nationalen Rechtsordnungen. Insbesondere verlangt der EuGH nicht, dass die Arbeitnehmerin die 20 Tage "Alturlaub" nunmehr wie Urlaub in Anspruch nehmen kann, der in einem Teilzeitarbeitsverhältnis mit einer 3-Tage-Woche entstanden ist – was dann zu einer nicht sinnvollen erheblichen Verlängerung der faktischen Abwesenheit vom Arbeitsplatz führen würde. Sofern hierzu vermehrt die Auffassung vertreten wird[4], aus der Entscheidung Brandes folge ein Verbot, den Urlaub zu kürzen, wird übersehen, dass die zitierten Ausführungen des Urteils lediglich die Antwort auf die vom Land Niedersachse...

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