Rz. 15

 
Hinweis

Der Begriff des Urlaubsjahres ist nicht nur für die Frage, für welchen Zeitraum der Urlaubsanspruch entsteht, sondern auch prozessual in einem gerichtlichen Verfahren von Bedeutung. Klagt ein Arbeitnehmer aus den Jahren 2017 bis 2020 Urlaub im Umfang von insgesamt 30 Tagen ein, so ist konkret anzugeben, aus welchem Jahr wie viele Urlaubstage stammen. Jedes einzelne Kalenderjahr bildet einen eigenen Streitgegenstand. Der Arbeitnehmer müsste daher genau auflisten, aus welchem Jahr er wie viele (Rest-)Urlaubstage geltend macht.[1]

Jeder Arbeitnehmer[2] hat in jedem Kalenderjahr Anspruch auf bezahlten Erholungsurlaub. Mit der Festlegung des Urlaubsanspruchs im "Kalenderjahr" legt § 1 BUrlG gleichzeitig das Urlaubsjahr fest. Dieses dauert vom 1.1. eines Jahres bis zum 31.12. desselben Jahres. Abweichende Vereinbarungen sind weder durch Arbeits- oder Tarifvertrag noch durch eine Betriebsvereinbarung möglich (§ 13 Abs. 1 BUrlG). Damit kann als Urlaubsjahr die früher durchaus übliche Anknüpfung an ein Rechnungsjahr und damit die Periode vom 1.4. eines Jahres bis zum 31.3. des Folgejahres nicht mehr vereinbart werden. Nach § 13 Abs. 3 BUrlG gelten hiervon nur für den Bereich der Deutschen Bahn Aktiengesellschaft und ihrer ausgegliederten Gesellschaften – also nicht bei (anderen) privaten und kommunalen Bahnunternehmen – sowie der Nachfolgeunternehmen der Deutschen Bundespost Ausnahmen: Danach darf in Tarifverträgen von der Vorschrift über das Kalenderjahr als Urlaubsjahr abgewichen werden. Früher machte § 25 Abs. 1 MTV-DP AG (Manteltarifvertrag für die Arbeitnehmer der Deutsche Post AG) hiervon Gebrauch. Aufgrund des dort herrschenden Saisonbetriebs wurde das Urlaubsjahr vom 1.4. bis zum 31.3. festgelegt. Mittlerweile ist § 25 Abs. 1 MTV DP-AG geändert. Nach dessen Satz 2 ist das Urlaubsjahr nun ebenfalls das Kalenderjahr. Im Bereich der Deutschen Bahn AG sowie der ausgegliederten Gesellschaften existieren ebenfalls keine Abweichungen mehr zum Kalenderjahr als Urlaubsjahr.

 

Rz. 16

Saisonbetriebe, die ihre wesentliche Geschäftstätigkeit z. B. im Winter (Weihnachten) entwickeln, können durchaus ein Interesse daran haben, das Ende des Urlaubsjahres auf das erste Quartal oder gar die 1. Jahreshälfte des Folgejahres hinauszuschieben, um eine Häufung von Urlaubsanträgen zum Ende des Kalenderjahres und damit gleichzeitig auch des Urlaubsjahres zu verhindern. Das Gleiche gilt für Betriebe, die umgekehrt auf die wärmere Jahreszeit zur Abwicklung ihrer Produktion angewiesen sind (Betriebe des Bauhaupt- und Baunebengewerbes, landwirtschaftliche Produktionsbetriebe, Forstwirtschaft). Ihnen steht zwar nicht die Möglichkeit der Vereinbarung eines vom Kalenderjahr abweichenden Zeitraums als Urlaubsjahr zur Verfügung; die Regelung des § 7 Abs. 3 BUrlG, wonach eine Übertragung des Urlaubs auf das nächste Kalenderjahr statthaft ist, wenn dringende betriebliche oder in der Person des Arbeitnehmers liegende Gründe dies rechtfertigen, dürfte den Arbeitsvertragsparteien jedoch ausreichend Spielraum geben, betriebliche Produktionsspitzen zum Jahresende durch eine Häufung von Urlaubsanträgen zu vermeiden. Daneben eröffnet zwar § 13 Abs. 2 BUrlG[3] u. a. für das Baugewerbe weitgehende Regelungsmöglichkeiten im Rahmen eines Tarifvertrags. Voraussetzung ist allerdings das Ziel der Sicherung eines zusammenhängenden Jahresurlaubs für alle Arbeitnehmer[4], nicht dagegen die Verwirklichung betrieblicher Belange des Arbeitgebers.

 

Rz. 17

Als Urlaubsjahr kann auch nicht auf das Beschäftigungsjahr abgestellt werden. Tritt ein Arbeitnehmer am 15.4. eines Jahres in einen Betrieb ein, gilt für ihn deshalb kein persönliches Urlaubsjahr vom 15.4. bis zum 14.4. des Folgejahres. Eine Ausnahme gilt im Bereich des SeeArbG vom 20.4.2013.[5] Nach § 56 Abs. 1 SeeArbG hat das Besatzungsmitglied (§ 3 SeeArbG) für jedes Beschäftigungsjahr Anspruch auf bezahlten Urlaub. Da das Beschäftigungsjahr mit der Arbeitsaufnahme im Heuerverhältnis beginnt, läuft für jedes Besatzungsmitglied ein eigenes Urlaubsjahr.

 

Rz. 18

Die Bestimmung des Kalenderjahres als Urlaubsjahr hat Einfluss auf das Entstehen des vollen Urlaubsanspruchs nach §§ 1, 3 BUrlG und dessen Erfüllbarkeit. Sobald ein Arbeitnehmer im Sinne des BUrlG – und damit auch arbeitnehmerähnliche Personen (§ 2 BUrlG) – die Wartezeit des § 4 BUrlG von 6 Monaten[6] einmal in einem bestehenden Arbeitsverhältnis – bzw. in einem sonstigen Vertragsverhältnis, in dem er als arbeitnehmerähnlich anzusehen ist – zurückgelegt hat, entsteht der volle Urlaubsanspruch für die Folgejahre jeweils zum 1. des Kalenderjahres. Damit kann Urlaub niemals im Vorgriff auf ein zukünftiges Kalenderjahr erworben werden.[7] Ebenso wenig kann ein Urlaubsanspruch erst nachträglich für ein bereits vergangenes Jahr entstehen oder auf Urlaub aus dem vergangenen Jahr angerechnet werden. Anders lautende Vereinbarungen in Arbeitsverträgen sind damit jedenfalls für den gesetzlichen Mindesturlaub und den an das Kalenderjahr gebundenen Tarifurlaub unwi...

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