Rz. 29

Verträge unter 12 Monaten

Die ordentliche Kündigung eines befristeten Arbeitsverhältnisses mit Beschäftigten, auf die die Regelungen des Tarifgebiets West Anwendung finden und deren Tätigkeit vor dem 1.1.2005 der Rentenversicherung der Angestellten unterlegen hätte (s. Rz. 6) nach Ablauf der Probezeit ist nach § 30 Abs. 5 Satz 1 TVöD/TV-L nur zulässig, wenn die Vertragsdauer mindestens 12 Monate beträgt; für Hessen ergibt sich das aus § 30 Abs. 5 Satz 1 TV-H.

Unproblematisch bestimmbar ist dies bei einer kalendermäßigen Befristung. Ein Arbeitsverhältnis mit kürzerer Laufzeit ist nicht vorzeitig ordentlich kündbar, und zwar weder für den Arbeitgeber noch für den Arbeitnehmer. Entscheidend ist dabei die vereinbarte Vertragsdauer, nicht die bereits im Arbeitsverhältnis zurückgelegte Zeitdauer.

Bei zweckbefristeten Arbeitsverträgen wird man auf die Prognose der voraussichtlichen (Mindest-)Dauer abstellen müssen.[1] Ergibt die Prognose eine voraussichtliche Mindestdauer von 12 Monaten, ist eine Kündigung auch ohne einzelvertragliche Vereinbarung möglich, und zwar auch bereits bevor 12 Monate Vertragszeit zurückgelegt sind.[2] Ergibt die Prognose eine kürzere voraussichtliche Mindestdauer, ist eine ordentliche Kündigung nur möglich, wenn sie einzelvertraglich vereinbart wurde. Darlegungs- und beweispflichtig für die Prognose der Mindestvertragsdauer ist der Arbeitgeber.

 
Hinweis

Darauf, ob es sich um eine Befristung mit Sachgrund handelt oder um eine sachgrundlose Befristung, kommt es für die Frage der ordentlichen Kündbarkeit ebenso wenig an, wie darauf, ob eine kalendermäßige Befristung oder eine Zweckbefristung vorliegt. Dies war unter der Geltung der Protokollnotiz Nr. 6 zu Nr. 1 SR 2y BAT[3] und der Nr. 7 Abs. 3 SR 2y BAT[4] noch anders.

Aus Arbeitgebersicht kommt es bei einer Vertragslaufzeit von unter 12 Monaten entscheidend darauf an, die Eignung des Arbeitnehmers innerhalb der Probezeit möglichst verlässlich zu überprüfen und bei (vermeintlicher) Nichteignung die Möglichkeit der Probezeitkündigung[5] zu nutzen.

 
Praxis-Beispiel

Eine Arbeitnehmerin beantragt und erhält (unbezahlten) Sonderurlaub (§ 28 TVöD/TV-L/TV-H) zur Betreuung ihrer pflegebedürftigen Mutter für die Dauer von 10 Monaten. Für diesen Zeitraum wird mit einem befristeten Arbeitsvertrag eine Vertreterin eingestellt. Nach 7 Monaten teilt der zuständige Abteilungsleiter der Personalabteilung mit, die Vertreterin sei fachlich nicht geeignet, der Vertretungsbedarf sei außerdem aufgrund einer vorgenommenen Umorganisation entfallen, der Vertreterin könne deshalb gekündigt werden. Die für die Restlaufzeit ersparten Personalkosten könnten in Sachmittel umgewidmet werden.

Lösung

Da der Arbeitsvertrag der Vertreterin weniger als 12 Monate beträgt und die Probezeit bereits abgelaufen ist, ist eine ordentliche Kündigung nicht möglich. Eine Kündigungsmöglichkeit für befristete Arbeitsverträge mit Beschäftigten aus dem Tarifgebiet Ost und den Beschäftigten, deren Tätigkeit vor dem 1.1.2005 nicht der Rentenversicherung der Angestellten unterlegen hätte (s. Rz. 6), ist tariflich nicht geregelt. § 30 Abs. 5 TVöD/TV-L/TV-H knüpft die Kündigung nach Ablauf der Probezeit an bestimmte Voraussetzungen und regelt besondere, nicht mit § 34 TVöD/TV-L/TV-H übereinstimmende Kündigungsfristen. Die Tarifvertragsparteien sind damit erkennbar nicht davon ausgegangen, dass jedes befristete Arbeitsverhältnis problemlos ordentlich gekündigt werden kann.[6] Sofern deshalb jeweils individuell einzelvertraglich keine Kündigungsmöglichkeit vorgesehen wird, ist eine Kündigung nicht möglich.[7]

 

Rz. 30

Verträge von 12 Monaten und mehr

Wenn die Vertragsdauer mindestens 12 Monate beträgt, ist nach Ablauf der Probezeit eine ordentliche Kündigung von befristeten Verträgen mit Beschäftigten, auf die die Regelungen des Tarifgebiets West Anwendung finden und deren Tätigkeit vor dem 1.1.2005 der Rentenversicherung der Angestellten unterlegen hätte (s. Rz. 6) auch vor dem eigentlichen Befristungsende möglich. Mit anderen Beschäftigten muss wegen § 15 Abs. 3 TzBfG individuell einzelvertraglich eine Kündigungsmöglichkeit vorgesehen werden (s. Rz. 27). Zur Kündigungsmöglichkeit von zweckbefristeten Verträgen vor Erreichen des Zwecks kommt es auf die Prognose der voraussichtlichen Mindestdauer an (s. Rz. 26).

 
Hinweis

Die im Tarifvertrag vorgesehene grundsätzliche Kündigungsmöglichkeit befreit nicht von den Anforderungen und Voraussetzungen der Regelungen des allgemeinen Kündigungsschutzes nach dem KSchG oder etwaiger besonderer Kündigungsschutzregelungen.

 

Rz. 31

Die für befristete Arbeitsverträge mit Beschäftigten, auf die die Regelungen des Tarifgebiets West Anwendung finden und deren Tätigkeit vor dem 1.1.2005 der Rentenversicherung der Angestellten unterlegen hätte (s. Rz. 6) nach § 30 Abs. 5 Satz 2 TVöD/TV-L geltenden Kündigungsfristen sind nach der Beschäftigungsdauer gestaffelt. In Hessen entspricht dem § 30 Abs. 5 Satz 2 TV-H. Nach Ablauf der Probezeit kommt es auf die bereits verstrichene Gesamt...

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