Rz. 145

Voraussetzungen

Nach der Rechtsprechung des BVerfG umfasst die durch Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG gewährleistete Rundfunkfreiheit auch das Recht der Rundfunk- und Fernsehanstalten, frei von fremdem, insbesondere staatlichem Einfluss über die Auswahl, Einstellung und Beschäftigung derjenigen Mitarbeiter zu bestimmen, die an Hörfunk- oder Fernsehsendungen inhaltlich gestaltend mitwirken.[1] Die Rundfunkfreiheit dient der Aufgabe der Rundfunkanstalten, an der individuellen und öffentlichen Meinungsbildung durch möglichst umfassende Berichterstattung und durch die Wiedergabe vielfältiger Meinungen mitzuwirken.

Dieser Aufgabe können Rundfunk- und Fernsehanstalten nur gerecht werden, wenn sie über Auswahl, Inhalt und Gestaltung der Programme frei entscheiden können. Dies setzt auch voraus, dass die Sendungen von Personen gestaltet werden, die in der Lage sind, die gebotene Vielfalt in das Programm einzubringen. Dazu müssen die Rundfunk- und Fernsehanstalten auf einen breit gestreuten Kreis geeigneter Mitarbeiter zurückgreifen können. Das kann zur Folge haben, dass die Mitarbeiter nicht dauerhaft, sondern nur zeitweise beschäftigt werden.[2] Aus der besonderen Bedeutung der Rundfunkfreiheit folgt, dass ihr im Einzelfall mehr Gewicht beizumessen sein kann als dem arbeitsrechtlichen Bestandsschutz.[3] Der Grund für die Befristung des Arbeitsvertrags mit einem programmgestaltend tätigen Mitarbeiter kann sich daher allein aus der Rundfunkfreiheit ergeben, ohne dass dazu weitere Gründe erforderlich sind.[4]

 

Rz. 146

Der Bestandsschutz des Arbeitnehmers muss allerdings nicht immer hinter der Rundfunkfreiheit zurücktreten. Dies hängt vielmehr von den Umständen des Einzelfalls ab. Die Belange der Rundfunkanstalt und diejenigen des Mitarbeiters sind gegeneinander abzuwägen, wobei keiner der beiden Positionen von vornherein ein Übergewicht zukommt.[5] Dabei ist zu beachten, dass den Rundfunkanstalten die zur Erfüllung ihres Programmauftrags erforderliche Freiheit und Flexibilität nicht genommen werden darf. Bei der Abwägung ist insbesondere zu berücksichtigen, mit welcher Intensität der Arbeitnehmer auf die Programmgestaltung Einfluss nehmen kann und wie groß die Gefahr ist, dass die Rundfunkanstalt im Fall eines unbefristeten Arbeitsvertrags nicht mehr in der Lage ist, den Erfordernissen eines vielfältigen Programms und den sich möglicherweise ändernden Informationsbedürfnissen und Publikumsinteressen gerecht zu werden. Je größer die Möglichkeit des Arbeitnehmers ist, seine eigenen Vorstellungen und seinen eigenen Stil einzubringen, umso mehr wird die Freiheit und Flexibilität der Rundfunkanstalt durch einen unbefristeten Arbeitsvertrag berührt.[6]

 

Rz. 147

Die lang andauernde Beschäftigung eines Arbeitnehmers kann ein Indiz dafür sein, dass bei der Rundfunkanstalt kein Bedürfnis mehr für einen Wechsel besteht, sodass eine weitere Befristung nicht mehr mit der Rundfunkfreiheit gerechtfertigt werden kann.[7] Eine Vorbeschäftigung des programmgestaltend tätigen Arbeitnehmers als freier Mitarbeiter ist bei der Interessenabwägung zu berücksichtigen. Die Vorbeschäftigung beeinflusst zwar das Bestandsschutzinteresse nicht. Sie kann aber ein Indiz dafür sein, dass aus Sicht der Rundfunkanstalt kein personeller Wechsel geboten ist, um den Erfordernissen eines vielfältigen Programms und sich künftig ändernder Publikumsinteressen gerecht zu werden.[8]

 

Rz. 148

Auf das Grundrecht der Rundfunkfreiheit können sich nicht nur Rundfunk- und Fernsehanstalten berufen, die Rundfunkprogramme veranstalten, sondern auch andere natürliche und juristische Personen, die in eigener rundfunkrechtlicher Verantwortung Programmteile herstellen und ausstrahlen.[9] Demgegenüber werden reine Produktionsgesellschaften, die lediglich im Auftrag von Rundfunk- und Fernsehanstalten Programmteile herstellen oder Beiträge oder Sendungen zuliefern, von der Rundfunkfreiheit nicht erfasst.[10]

Die Deutsche Welle unterfällt dem Schutzbereich des Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG.[11]

Programmgestaltende Mitarbeiter

 

Rz. 149

Diese weitgehenden Befristungsmöglichkeiten gelten nur für die Befristung von Arbeitsverträgen mit Mitarbeitern von Rundfunk- und Fernsehanstalten, die an Hörfunk- und Fernsehsendungen inhaltlich gestaltend mitwirken.[12] Dazu gehören typischerweise Mitarbeiter, die ihre eigenen Anschauungen zu politischen, wirtschaftlichen, künstlerischen oder anderen Themen, ihre besonderen Fachkenntnisse oder künstlerischen Befähigungen in die Sendungen einbringen, z. B. Regisseure, Wissenschaftler, Künstler, Redakteure, Moderatoren oder Kommentatoren.[13]

 

Rz. 150

Eine schöpferische Mitwirkung an den Sendungen ist allerdings nicht erforderlich. Das Rundfunk- oder Fernsehprogramm kann z. B. auch durch die Ausarbeitung der übergeordneten Rahmenkonzeption, die Festlegung verbindlicher Leitideen oder die Auswahl und Zusammenstellung der Sendungen gestaltet werden.[14] Das wurde bejaht bei einer Redakteurin, zu deren Aufgaben es gehörte, Programmkonzeptionen zu erstellen, junge Filmem...

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