Nach der Rechtsprechung greift die arbeitsrechtliche Haftungsmilderung bei jeder Art von betrieblich veranlasster Tätigkeit. Ausgeschlossen ist eine Haftungserleichterung bei rein privatem Handeln des Arbeitnehmers – der Arbeitgeber soll nicht mit dem allgemeinen Lebensrisiko des Arbeitnehmers belastet werden.[1] Dabei genügt für eine betrieblich veranlasste Tätigkeit nicht die bloße Anwesenheit im Betrieb. Ausgangspunkt für die Auslegung der betrieblichen Tätigkeit ist § 105 Abs. 1 SGB VII.

Betrieblich veranlasst sind Tätigkeiten des Arbeitnehmers, die ihm arbeitsvertraglich übertragen worden sind oder die er im Interesse des Arbeitgebers für den Betrieb ausführt. Die Tätigkeit muss in engem Zusammenhang mit dem Betrieb und seinem betrieblichen Wirkungskreis stehen. Eine betriebliche Tätigkeit liegt unzweifelhaft vor, wenn eine Aufgabe verrichtet wird, die in den dem Arbeitnehmer zugewiesenen Aufgabenkreises fällt. Erfasst werden aber auch Tätigkeiten, die in nahem Zusammenhang mit dem Betrieb und seinem betrieblichen Wirkungskreis stehen. Dabei darf das Verhalten unter Berücksichtigung der Verkehrsüblichkeit nicht untypisch sein und sich nicht als Exzess darstellen.[2]

Unerheblich ist, wie die Arbeit ausgeführt wird; auch eine nicht sachgemäße, fehlerhafte oder leichtsinnig ausgeführte Tätigkeit verliert dadurch nicht ihren Charakter als betriebliche Tätigkeit.[3]

Eine solche liegt vor, wenn bei objektiver Betrachtung aus der Sicht des schädigenden Arbeitnehmers im betrieblichen Interesse zu handeln war, das Handeln dabei typisch und verkehrsüblich war – dabei lässt auch ein grob fahrlässiges Verhalten den betrieblichen Bezug nicht entfallen.[4] Dafür muss die Handlung auf ausdrückliche Weisung erfolgt sein oder aber im Interesse des Betriebs erfolgt sein. Betrieblich veranlasst ist auch ein nicht zum arbeitsvertraglich festgelegten Tätigkeitsbereich gehörendes Handeln – ausreichend ist eine (irgendeine) Tätigkeit im wohlverstandenen Interesse des Arbeitgebers.[5] Dazu gehören regelmäßig nicht Privatfahrten (Anfahrt/Heimfahrt) des Arbeitnehmers mit firmeneigenen Kfz.[6] Im Übrigen entlastet ein weisungsgemäßes und dabei nicht gesetzeswidriges Handeln den Arbeitnehmer regelmäßig vom Verschuldensvorwurf; dies gilt auch dann, wenn er im Einzelfall eine gewisse Gefährlichkeit seines Tuns erkennt, aber darauf vertrauen darf, dass die von ihm verursachten Gefahren vom Arbeitgeber beherrscht werden.[7]

Eine zunächst eigenwirtschaftliche und damit private Handlung kann im weiteren Verlauf (Gefahrenabwehr) den Charakter einer betriebsbezogenen Handlung annehmen – auch wenn diese Handlung der Abwendung einer arbeitsvertraglichen oder deliktischen Haftung des Beschäftigten dienen soll.[8]

Besondere Probleme stellen sich in diesem Zusammenhang mit den zunehmenden Formen des Arbeitens im Homeoffice, weil hier strukturell privater und betrieblicher Bereich schwerer zu trennen sind – dies betrifft dann auch Fragen der Darlegungs- und Beweislastverteilung.[9] Zu denken ist an entsprechend angepasste vertragliche Vereinbarungen – Beweislastverschärfungen zulasten des Arbeitnehmers dürften jedoch regelmäßig am Klauselverbot des § 309 Nr. 12 BGB scheitern.

[4] BAG, Urteil v. 28.10.2010, 8 AZR 418/09: BAG, Urteil v. 18.4.2002, 8 AZR 348/01; vgl. SG Hamburg, Urteil v. 4.9.2020, S 40 U 50/19, zum Fahren auf dem Hinterrad (Wheelie) bei einer betrieblich veranlassten Fahrt.
[7] OLG Hamm, Urteil v. 25.6.1998, 6 U 146–96: gefährliche Abbrucharbeiten im Vertrauen auf nachfolgende Sicherungsmaßnahmen durch den Arbeitgeber.
[8] LSG Baden-Württemberg, Urteil v. 4.5.2020, L 1 3920/18.
[9] Einschlägige Rechtsprechung fehlt derzeit (Stand Mitte 2022) noch.

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