Die Haftung für Personenschäden bei Arbeitnehmern wird durch § 104 SGB VII beschränkt. Nach allgemeinem Haftungsrecht würde der Arbeitgeber an sich für jeden Personenschaden eines Arbeitnehmers, den er fahrlässig oder vorsätzlich herbeiführt, haften. § 104 SGB VII verlagert die Haftung jedoch ganz überwiegend auf die gesetzliche Unfallversicherung.

Personenschäden sind Verletzungen des Arbeitnehmers oder die Tötung des Arbeitnehmers.

Voraussetzungen für die Haftungsprivilegierung des § 104 SGB VII sind:

  1. Eintritt des Schadens aufgrund eines Versicherungsfalls der gesetzlichen Unfallversicherung.
  2. Keine vorsätzliche Schädigung durch den Arbeitgeber.
  3. Kein Schadenseintritt auf versichertem Weg nach § 8 Abs. 2 Nrn. 1–4 SGB VII.

1. Versicherungsfall – betriebliche Tätigkeit des Arbeitnehmers

§ 104 SGB VII setzt voraus, dass der Schaden als Arbeitsunfall, also bei betrieblicher Tätigkeit des Arbeitnehmers entstanden ist. Das Verlassen der Arbeitsstelle einschließlich des Weges auf dem Werksgelände bis zur Werksgrenze gehört noch dazu.[1] Private, außerbetriebliche Schädigungen sind aber nicht erfasst. Gemäß § 108 Abs. 1 SGB VII ist das Arbeitsgericht an unanfechtbare Entscheidungen des Sozialversicherungsträgers oder Sozialgerichts gebunden, wenn diese die Frage betreffen, ob ein Versicherungsfall vorliegt. Die Frage, ob ein sog. Wegeunfall vorliegt und ob der Haftungsausschluss (Vorsatz) vorliegt, wird dagegen im arbeitsgerichtlichen Verfahren geprüft.[2]

Infektionen mit dem Coronavirus (SARS-CoV-2) können als Arbeitsunfall bewertet werden, wenn sie bei der betrieblichen Tätigkeit stattfanden. Dies festzustellen kann im Einzelfall schwierig sein und obliegt dem zuständigen Unfallversicherungsträger. Unklar ist auch, ob es sich bei bundesweitem massiven Infektionsgeschehen um eine "Allgemeingefahr" handelt, und deshalb die Haftungsbeschränkung nicht gilt. Dann bestünden für den Arbeitgeber auch bei fahrlässiger Schädigung, z. B. durch unzureichende Infektionsschutzmaßnahmen im Betrieb, Haftungsrisiken bei Personenschäden. In Anbetracht der zugelassenen und empfohlenen Impfstoffe ist aber auch an erhebliches Mitverschulden[3] ungeimpfter Mitarbeiter zu denken.

2. Kein Vorsatz des Arbeitgebers

Der Personenschaden beim Arbeitgeber darf nicht durch den Arbeitgeber vorsätzlich herbeigeführt worden sein. Im Fall von Vorsatz gilt keine Haftungsbeschränkung gegenüber dem Arbeitnehmer. Gegenüber der Berufsgenossenschaft als gesetzlichem Träger der Unfallversicherung droht allerdings auch im Falle grob fahrlässigen Handelns eine Regresshaftung.

 
Hinweis

Vorsatz für Verletzungshandlung und Verletzungserfolg

Der Arbeitgeber haftet für Personenschäden gegenüber dem Arbeitnehmer nur, wenn er (zumindest bedingten) Verletzungsvorsatz hatte. Nicht ausreichend ist (nur) Handlungsvorsatz im Hinblick auf die Verletzungshandlung.[4]

Hat z. B. der Arbeitgeber einen Personenschaden beim Arbeitnehmer dadurch verursacht, dass er billigend in Kauf genommen hat, dass eine beschädigte oder unsichere Maschine zum Einsatz kam, ist das alleine nicht ausreichend. Hinzukommen muss der Vorsatz hinsichtlich des Verletzungserfolgs. Der Arbeitgeber muss also auch mindestens billigend in Kauf genommen haben, dass sich Arbeitnehmer an der Maschine verletzen.

3. Unfall ist nicht auf versichertem Weg eingetreten[5]

Die Haftungsbefreiung greift schließlich auch dann nicht, wenn der Schaden als Wegeunfall eingetreten ist. Nach der Rechtsprechung ist entgegen dem Wortlaut des § 8 Abs. 2 Nr. 1 SGB VII ein Unfall, der sich bei einem vom Arbeitgeber durchgeführten Sammeltransport von Arbeitnehmern mittels eines betriebseigenen Fahrzeugs von der Wohnung zu einer Arbeitsstelle oder zurück, ereignet, als Arbeitsunfall anzusehen.[6]

Umfang des Haftungsausschlusses

Der Haftungsausschluss erfasst sämtliche Ansprüche des Arbeitnehmers wegen Personenschäden. Schmerzensgeldansprüche sind ebenfalls ausgeschlossen, obwohl die gesetzliche Unfallversicherung nur die materiellen Schäden ausgleicht.

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