Problematisch war schon immer, ob es sich bei der Aufzählung in § 2 Abs. 1 Satz 2 NachwG um eine abschließende Aufzählung der wesentlichen Arbeitsbedingungen handelte, über die der Arbeitgeber einen Nachweis zu erstellen hat. Hieran hat sich auch durch die Neufassung des NachwG nichts geändert. Dabei bereitet die Bestimmung des gesetzgeberischen Willens Schwierigkeiten, da die Kombination der Begriffe "wesentlich" und "mindestens" keine genauen Ergebnisse liefert. Richtigerweise kann mit Wortlaut, Sinn und Zweck der Nachweis-Richtlinie, der RL 2019/1152/EU und dem NachwG angenommen werden, dass der Katalog des § 2 Abs. 1 Satz 2 NachwG nicht abschließend ist. So hätte der Begriff "wesentlich" in den Richtlinien- bzw. Gesetzeswortlaut nicht aufgenommen werden müssen, wenn bereits die Katalogbedingungen als abschließend anzusehen wären. Daneben würde die restriktive Auslegung zu einer nicht gerechtfertigten Ungleichbehandlung der geschützten Vertragsverhältnisse führen. Die für ein Arbeitsverhältnis wesentlichen Bedingungen können nicht unabhängig von den Besonderheiten des individuellen Vertragsverhältnisses bestimmt werden. So können insbesondere bestimmte Vereinbarungen der Vertragsparteien von diesen als wesentlich angesehen werden. Diese wären dann – folgt man der restriktiven Auffassung – für die Vertragsparteien bedeutsam, nicht aber von der Nachweispflicht des Arbeitgebers erfasst. Zwar könnte sich eine Entscheidung des BAG dahingehend verstehen lassen, dass der Katalog des § 2 NachwG abschließend verstanden werden muss.[1] So hat das BAG entschieden, dass es Sache des Arbeitnehmers sei, sich über die steuerlichen Rahmenbedingungen des Staates, in den er entsandt wird, zu informieren. Hierbei argumentiert das BAG auch damit, dass das NachwG eine solche Verpflichtung des Arbeitgebers schließlich nicht enthalte. Gleichwohl bleibt bis zu einer endgültigen Klärung durch die Rechtsprechung der Praxis anzuraten, auch über die in § 2 NachwG niedergelegten Vertragsbestandteile hinaus einen Nachweis zu erteilen, sofern dies für das Arbeitsverhältnis wesentlich sein könnte.

Die Auffassung, die in § 2 NachwG keinen abschließenden Katalog sehen will, wird noch zusätzlich durch die Gesetzesgeschichte zum Schuldrechtsmodernisierungsgesetz gestützt. Der Gesetzgeber hat nämlich die Nichtanwendung der Vorschriften über die Einbeziehungskontrolle[2] von Allgemeinen Geschäftsbedingungen in Arbeitsverträge ausdrücklich damit begründet, dass der Arbeitgeber nach dem NachwG verpflichtet sei, die für das Arbeitsverhältnis geltenden wesentlichen Vertragsbedingungen in den schriftlichen Nachweis aufzunehmen. Die Aufnahme der weiteren, für das Arbeitsverhältnis bedeutsamen Vereinbarungen ist daher dem Arbeitgeber zur Vermeidung von Rechtsnachteilen unbedingt zu empfehlen.

Als wesentliche Vertragsbedingungen, die auch ohne entsprechenden Tatbestand im Katalog stets in den Nachweis aufzunehmen sind, kommen in Betracht

  • Konkurrenzverbote,
  • Vertragsstrafen,
  • Nebentätigkeiten,
  • Verwertungsrechte aus Arbeitnehmererfindungen,
  • Rückzahlungsklauseln von Fortbildungs- oder Umzugskosten[3] sowie
  • Ausschlussfristen.

Oftmals dürfte ein gesonderter Nachweis des Arbeitgebers bereits dann entbehrlich sein, wenn die Vertragsbedingungen im schriftlichen Arbeitsvertrag der Parteien bereits enthalten sind (§ 2 Abs. 4 NachwG). Werden diese aber gesondert oder erst nach Vertragsschluss getroffen, so bleibt die Nachweispflicht des Arbeitgebers bestehen.

[3] LAG Hamm, Urteil v. 2.6.2003, 17 Sa 40/03.

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