4.3.1 Voraussetzungen

Die Gewährung von Prozesskostenhilfe setzt weitergehend als die Beiordnung eines Rechtsanwaltes voraus, dass die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder -verteidigung hinreichend Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint.[1]

Das Gericht hat daher materiell zu prüfen, ob in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht zum Zeitpunkt der Entscheidung über den Prozesskostenhilfeantrag eine gewisse Aussicht auf Erfolg besteht.[2] Hierzu kann das Gericht Ermittlungen anstellen.[3] Unter engen Voraussetzungen können Zeugen oder Sachverständige gehört werden.

Eine Erfolgsaussicht besteht nicht, wenn eine Klage unschlüssig oder eine Verteidigung gegen eine Klage nicht erheblich ist.

Ist eine Beweisaufnahme erforderlich, wird in der Regel von einer gewissen Erfolgsaussicht ausgegangen. Das kann auch der Fall sein, wenn eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung noch nicht abschließend geklärt ist.

Mutwillig ist eine Rechtsverfolgung oder -verteidigung, wenn eine Partei mit ihrem prozessualen Verhalten von dem Verhalten einer verständigen und ausreichend bemittelten Partei in der gleichen Situation abweicht. Zudem muss derjenige, der Prozesskostenhilfe in Anspruch nehmen will, den billigsten Weg zur Verfolgung seiner Ziele wählen.

 
Praxis-Beispiel

Mutwillige Inanspruchnahme: Geltendmachung eines Weiterbeschäftigungsanspruchs, obwohl der Arbeitnehmer einen neuen Arbeitsplatz gefunden hat.

4.3.2 Umfang der Bewilligung

Die Prozesskostenhilfe kann auch schon vor Durchführung eines Hauptsachverfahrens beantragt werden, indem zunächst nur Prozesskostenhilfe beantragt wird, ohne dass bereits eine Klage eingereicht wird.

Mit dem KostRÄG gilt seit dem 1.1.2021, dass sich die Beiordnung des Rechtsanwalts im Fall eines Mehrvergleichs gemäß § 48 RVG n. F. auch auf alle mitgeregelten, nicht anhängigen Gegenstände erstreckt, wie z. B. die Differenzverfahrensgebühr und auch eine Differenztermingebühr.

Das Gericht kann dann zur Entscheidungsfindung Beweiserhebungen anstellen, die Vorlage von Urkunden anordnen und Auskünfte einholen.[1]

Die Bewilligung der Prozesskostenhilfe bewirkt neben der Befreiung von den Kosten des Rechtsanwaltes auch die Befreiung von der Zahlung der Gerichts- und Gerichtsvollzieherkosten.[2]

Monatsraten sind in Höhe der Hälfte des einzusetzenden Einkommens (auf volle EUR aufgerundet) festzusetzen. Ist das einzusetzende Einkommen höher als 600 EUR, beträgt die Rate monatlich 300 EUR zuzüglich des Teils des Einkommens, das 600 EUR übersteigt. Wie bisher sind maximal 48 Monatsraten zu leisten.

In der ersten Instanz besteht auch hier keine Erstattungspflicht für die Kosten des gegnerischen Anwaltes.[3]

Ist die Bewilligung von Prozesskostenhilfe abgelehnt oder ist sie unter Anordnung von Ratenzahlungen oder Zahlungen aus Vermögen bewilligt worden, steht dem Antragsteller nach Maßgabe von § 127 Abs. 2 Satz 2 ZPO die sofortige Beschwerde zu.[4] Es kommt darauf an, dass der Beschluss ungünstig für den Antragsteller ist.

Wird der sofortigen Beschwerde stattgegeben, wird Prozesskostenhilfe rückwirkend auf den Zeitpunkt der Antragstellung gewährt.

Die sofortige Beschwerde ist gemäß § 127 Abs. 2 Satz 3 ZPO, der eine "andere Frist" i. S. v. § 569 Abs. 1 Satz 1 ZPO bestimmt, binnen einer Notfrist von 1 Monat bei dem Gericht, dessen Entscheidung angefochten wird, oder beim Beschwerdegericht einzulegen. Diese Notfrist beginnt mit der Zustellung der ablehnenden Entscheidung oder – in Ermangelung einer Zustellung – spätestens mit Ablauf von 5 Monaten nach der Verkündung des Beschlusses im Termin.[5]

Die Beschwerdeschrift muss die Bezeichnung der angefochtenen Entscheidung und die Erklärung, dass Beschwerde eingelegt wird, enthalten.[6]

Für die sofortige Beschwerde gegen die Ablehnung der Prozesskostenhilfe besteht kein Anwaltszwang.[7] Es entstehen Gerichtskosten gemäß GKG KV Nr. 1811, wenn die sofortige Beschwerde verworfen oder zurückgewiesen wird.

Die Rechtsanwaltskosten berechnen sich nach RVG VV 3335. Ein Kostenerstattungsanspruch besteht nicht.[8]

Haben sich die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse einer Partei geändert, kann das Gericht die Entscheidung über zu leistende Zahlungen ändern.[9] Zuständig ist das jeweilige Prozessgericht.

Die Partei wird regelmäßig bei Verschlechterung ihrer maßgeblichen Verhältnisse ein Interesse an einer solchen Änderung, z. B. auf Änderung der Ratenzahlungsanordnung haben. Die Fortdauer der Ratenzahlung soll nicht das Existenzminimum der Partei gefährden.

Die wirtschaftliche Situation muss sich nach Stellung des Antrags so verändert haben, dass nach der Tabelle eine geringere Rate zu zahlen ist. Dies ist vom Antragsteller entweder durch eine neue Erklärung über seine persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse oder durch entsprechende Belege für die geänderte wirtschaftliche Situation nachzuweisen. Die bisherige Regelung des § 120 Abs. 4 ZPO ist durch die eigenständige Regelung des § 120a ZPO neu und strenger gefasst worden. Neu ist, dass der Ant...

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