2.1 Unmittelbare Kontrolle

Tarifverträge und Betriebsvereinbarungen selbst sind nach § 310 Abs. 4 Satz 1 BGB von der Inhaltskontrolle ausgenommen. Davon zu unterscheiden ist die Frage nach einer Inhaltskontrolle bei einer arbeitsvertraglichen Inbezugnahme des Tarifvertrags – sei es als Ganzes oder nur in einzelnen Bestandteilen.

2.2 Kontrolle bei arbeitsvertraglicher Inbezugnahme oder Verweisung

2.2.1 Inbezugnahme des ganzen Tarifvertrags (Globalverweisung)

Wird ein bestimmter Tarifvertrag insgesamt in Bezug genommen (Globalverweisung), unterliegt dieser bei einzelvertraglicher Einbeziehung bei fehlender normativen Geltung nicht der Inhaltskontrolle.[1] In einen vollständig in Bezug genommenen für den Betrieb fachlich und räumlich anwendbaren Tarifvertrag, für den an sich die Vermutung gilt, dass er eine ausgewogene Regelung darstellt, soll nicht über den Weg einer Inhaltskontrolle eingegriffen werden. Weil diese Vermutung der Ausgewogenheit nicht mehr gilt, wenn ein branchenfremder Tarifvertrag in Bezug genommen wird, entfällt die Inhaltskontrolle nicht von vornherein.[2] Ein branchenfremder Tarifvertrag legt ganz andere ökonomische und betriebliche Bedingungen zugrunde als in der Branche gelten, in der die Verweisung vorgenommen wird, weshalb bei Bezugnahmen auf einen fremden Tarifvertrag die Angemessenheit der Regelungen nicht mehr vermutet werden kann.

In Zweifelsfällen wird der für den Betrieb einschlägige Tarifvertrag in Bezug genommen sein. Ebenso wird im Zweifelsfall der ganze Tarifvertrag – also auch für den Arbeitnehmer nachteilige Regelungen wie Ausschlussfristen – global in Bezug genommen sein.[3]

2.2.2 Inbezugnahme eines Teiles oder einzelner Regelungen des Tarifvertrags

Anders ist die Rechtslage bei Einzel- oder Teilverweisungen auf Tarifnormen.

Im Gegensatz zur Globalverweisung wird bei der Einzelverweisung nicht ein von gleichstarken Parteien ausgehandeltes Vertragswerk in Bezug genommen, sondern nur einzelne Passagen. In solchen Fällen besteht die Gefahr der einseitigen Benachteiligung des Arbeitnehmers, denn in aller Regel wird der Arbeitgeber lediglich auf für ihn vorteilhafte Regelungen verweisen. Aus diesem Grund kann der in Bezug genommenen Tarifregelung nicht die Angemessenheits- und Richtigkeitsgewähr zukommen wie bei Globalverweisungen. Nur durch eine volle Inhaltskontrolle ist gewährleistet, dass eine einseitige Benachteiligung des Arbeitnehmers vermieden wird.[1]

Bei Teilverweisungen werden bestimmte inhaltlich zusammenhängende Regelungen des Tarifvertrages (Regelungskomplexe) in Bezug genommen. Umstritten ist, ob auch hier eine Inhaltskontrolle erfolgt. Das Gesetz eröffnet an verschiedenen Stellen ausdrücklich die Möglichkeit, auf tarifliche Regelungen Bezug zu nehmen, z. B. § 622 Abs. 4 Satz 2 BGB, § 13 Abs. 1 Satz 2 BUrlG, § 7 Abs. 3 ArbZG, § 4 Abs. 4 Satz 2 EFZG – und zwar auch dann, wenn sie von der gesetzlichen Regelung zulasten des Arbeitnehmers abweichen. Das zeigt, dass der Gesetzgeber tarifliche Regelungskomplexe unter bestimmten Umständen für so ausgewogen hält, dass der Schutz des Arbeitnehmers auch bei einer Abweichung des Tarifvertrags von den gesetzlichen Vorschriften ausreichend gewährleistet ist.[2] Für diesen Fall nehmen die Arbeitsgerichte keine Inhaltskontrolle der tariflichen Regelungen vor. Es muss allerdings auf den einschlägigen Tarifvertrag verwiesen werden und der gesamte Regelungskomplex in Bezug genommen werden. Das BAG geht entgegen der Gesetzesbegründung davon aus, dass bei einer vollständigen Übernahme abgrenzbarer Sachverhalte keine Inhaltskontrolle stattfindet.[3]

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