In diesem Fall, den das LAG Berlin-Brandenburg im Juli 2017 entschied[1], warb ein Start-Up um Mitarbeiter mit der Phrase "junges Team mit flachen Hierarchien, das echte Gestaltungsräume bietet". Die Klage des nicht eingestellten Bewerbers wies das Gericht ab. Das begründeten das Arbeitsgericht und die darauffolgende Instanz des Landesarbeitsgerichts damit, wie die Stellenausschreibung insgesamt wirkt, und welchen Eindruck des Unternehmens sie vermittelt.

Prägend für die Entscheidung war ein Urteil des BAG vom November 2017.[2] In diesem erklärte das Gericht, eine Stellenausschreibung mit der Selbstbeschreibung "junges und dynamisches Unternehmen" müsse nicht zwingend heißen, dass der Ausschreibende junge Menschen suche. Es könne sich auch um einen Bezug darauf handeln, dass das Unternehmen bzw. das Team noch nicht lange besteht.

Daran anknüpfend entschied das LAG Berlin-Brandenburg, dass sich die Beschreibung "junges Team mit flachen Hierarchien" auf das relativ junge Unternehmensalter des Start-Ups beziehe. Ausschlaggebend sei, wie ein durchschnittlicher, redlicher und verständiger Bewerber die Stellenausschreibung verstehe. Aus diesem Winkel blickend erkannte das Gericht keine Indizien, die eine Vermutung gemäß § 22 AGG auslösen würden. Vielmehr verstand es die Passage so, dass es dem ausschreibenden Unternehmen darum ging, darauf hinzuweisen, dass die Arbeitsabläufe noch keine völlige Routine seien. Unterstützend kam für das beklagte Unternehmen hinzu, dass es in der Stellenausschreibung als Anforderung "erste Berufserfahrung" aufstellte. Mindestens erste Berufserfahrung weisen tendenziell ältere Bewerber auf.

 
Hinweis

Würdigung aller Umstände

Mithilfe von Anforderungen, die einem diskriminierenden Anschein widersprechen, können sich Arbeitgeber also vor Entschädigungsansprüchen schützen. Der Fall zeigt aber auch, dass es sich nicht vorhersagen lässt, wie Gerichte eine Phrase verstehen werden. Dass das LAG hier "erste Berufserfahrung" als Argument gegen eine Bevorzugung jüngerer Mitarbeiter angeführt hat, muss niemanden überzeugen. Zwar mag es sein, dass Menschen mit erster Berufserfahrung älter sind als solche ohne Berufserfahrung. Trotzdem kann man den Zusatz "erste …" gerade so verstehen, dass etwas Berufserfahrung gewünscht ist, aber nicht zu viel, was die Phrase jedenfalls in den Verdacht der mittelbaren Benachteiligung älterer Bewerber rückt.

Außerdem zeigt der Fall, dass es keine eindeutige Liste an Phrasen gibt, die mit Sicherheit Entschädigungsansprüche auslösen. Es kommt immer auf den Gesamtkontext und eine umfassende Würdigung aller dem Bewerber verfügbaren Informationen an.

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