Erste Tätigkeitsstätte bei vollzeitiger Bildungsmaßnahme

Bei einer Bildungseinrichtung, die außerhalb eines Dienstverhältnisses vollzeitig aufgesucht wird, handelt es sich um eine sogenannte erste Tätigkeitsstätte. Dies gilt nach einem aktuellen Urteil auch für kurzzeitige Bildungsmaßnahmen. 

Seit der Reisekostenreform 2014 werden Auszubildende und Studierende, die eine Bildungseinrichtung dauerhaft aufsuchen, einem Arbeitnehmer steuerlich gleichgestellt, der eine erste Tätigkeitsstätte dauerhaft aufsucht.

Erste Tätigkeitsstätte: nur Ansatz der Entfernungspauschale möglich

In diesen Fällen kann der Auszubildende oder Studierende Aufwendungen für die Fahrten zur Bildungseinrichtung nur mit der Entfernungspauschale (0,30 Euro/Entfernungskilometer) und nicht in tatsächlicher Höhe als Werbungskosten ansetzen. Auch der Abzug von Übernachtungskosten und Verpflegungsmehraufwendungen kommt nicht nach Dienstreisegrundsätzen in Betracht, sondern nur dann, wenn der Betroffene am Lehrgangsort einen durch die Bildungsmaßnahme veranlassten doppelten Haushalt führt.

Unterkunftskosten und Verpflegungsmehraufwendungen nicht anerkannt

Der Kläger im Urteilsfall, der nicht in einem Arbeitsverhältnis stand, besuchte einen viermonatigen Schweißtechnikerlehrgang in Vollzeit. In Zusammenhang mit dem Lehrgang machte er unter anderem Kosten für eine Unterkunft am Lehrgangsort sowie Verpflegungsmehraufwendungen für drei Monate nach Dienstreisegrundsätzen als Werbungskosten geltend. Er verneinte die Gleichstellung mit einem Arbeitnehmer angesichts der Kürze der Lehrgangsdauer.

Erste Tätigkeitsstätte: Dauer der Bildungsmaßnahme ist nicht entscheidend

Dieser Auffassung folgte der Bundesfinanzhof nicht (BFH, Urteil v. 14. Mai 2020, VI R 24/18), wie schon zuvor das Finanzamt und das Finanzgericht. Die Dauer einer vollzeitigen Bildungsmaßnahme sei für die Einordnung einer Bildungseinrichtung als erste Tätigkeitsstätte unerheblich. Das Gesetz verlange keine zeitliche Mindestdauer der Bildungsmaßnahme. Erforderlich, aber auch ausreichend sei, dass der Steuerpflichtige die Bildungseinrichtung anlässlich der regelmäßig ohnehin zeitlich befristeten Bildungsmaßnahme nicht nur gelegentlich, sondern mit einer gewissen Nachhaltigkeit, d. h. fortdauernd und immer wieder (dauerhaft) aufsuche. Der Auszubildende / Studierende werde mit einem befristet beschäftigten Arbeitnehmer gleichgestellt. 


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