Unternehmensmitbestimmung: An Leiharbeiter vergebene Arbeitsplätze zählen mit
Nach dem Gesetz hängt es von der Beschäftigtenzahl ab, ob Arbeitnehmer eines Unternehmens gleichberechtigt im Aufsichtsrat vertreten sind. Bis zum Schwellenwert von 2.000 Beschäftigten steht ihnen nur ein Drittel der Sitze zu, in größeren Unternehmen die Hälfte. Daher ist nach § 1 Abs. 1 in Verbindung mit §§ 6, 7 Mitbestimmungsgesetz in Unternehmen, die als GmbH betrieben werden und in der Regel mehr als 2.000 Arbeitnehmer beschäftigen, ein paritätisch besetzter Aufsichtsrat zu bilden.
Das Arbeitnehmerüberlassungsgesetz (AÜG), § 14 Abs. 2 Satz 6, ergänzt diese Regelung insofern, als dass Leiharbeitnehmer zu berücksichtigen sind, wenn „die Einsatzdauer sechs Monate übersteigt.“
Unternehmensmitbestimmung: Besetzter Arbeitsplatz oder einzelner Leiharbeitnehmer entscheidend?
Diese Regelung des AÜG hat der Bundesgerichtshof (BGH) nun ausgelegt und die Mitbestimmung der Arbeitnehmer in Unternehmen mit vielen Leiharbeitern gestärkt. So sei damit nicht gemeint, wie lange der einzelne Leiharbeiter in dem Unternehmen bleibt. Maßgeblich sei vielmehr, entschieden die obersten Zivilrichter in Karlsruhe nun, wie viele Arbeitsplätze länger als sechs Monate mit Leiharbeitern besetzt sind - auch wenn die einzelnen Zeitarbeiter wechseln.
Der Fall: Beschäftigt Unternehmen tatsächlich mehr als 2.000 Mitarbeiter?
Im konkreten Fall wollte der Gesamtbetriebsrat eines Logistikunternehmens – eine GmbH – durchsetzen, dass der Aufsichtsrat paritätisch besetzt wird. Ungefähr ein Drittel der Belegschaft machten Leiharbeiter aus, je nach Auftragslage. Würden nun zusätzlich zu den fest angestellten Arbeitnehmern alle Arbeitsplätze eingerechnet, die länger als sechs Monate mit (verschiedenen) Leiharbeitnehmern besetzt waren, hätte das Unternehmen im fraglichen Zeitraum ständig mehr als 2.000 Beschäftigte. Zählte man nur die einzelnen Leiharbeiter mit, die länger als sechs Monate eingesetzt wurden, läge die Beschäftigtenzahl unter 2.000.
BGH: Dauerhafter Einsatz von Leiharbeitnehmern als solcher entscheidend
Nach der BGH-Entscheidung steht den Arbeitnehmern nun jeder zweite Sitz im Aufsichtsrat zu. Es sei unerheblich, auf welchem konkreten Arbeitsplatz die Leiharbeitnehmer in dieser Zeit eingesetzt werden, argumentierten die BGH-Richter. Entscheidend sei nicht der einzelne Leiharbeiter, sondern „ob der Einsatz von Leiharbeitnehmern als solcher so dauerhaft erfolgt, dass er für die ständige Größe des Unternehmens ebenso prägend ist wie ein Stammarbeitsplatz“.
Damit hat der BGH einen Beschluss des Oberlandesgerichts Celle bestätigt. Dieses hatte bereits die Mindesteinsatzdauer zutreffend nicht arbeitnehmerbezogen, sondern arbeitsplatzbezogen bestimmt.
Hinweis: BGH, Beschluss vom 25. Juni 2019, Az. II ZB 21/18; Vorinstanz: OLG Celle, Entscheidung vom 7. September 2018, Az. 9 W 31/18
Mehr zum Thema "Unternehmensmitbestimmung":
Kommentar: "Reformen im Mitbestimmungsrecht sind dringend nötig"
EuGH billigt deutsches Mitbestimmungsrecht
Aufsichtsrat: Das Mitbestimmungsgesetz wird 40 - und gilt bald auch für kleinere Unternehmen?
-
Wann Urlaubsverfall und Urlaubsübertragung möglich sind
4.5245
-
Entgeltfortzahlung: Wenn unterschiedliche Krankheiten aufeinander folgen
4.167
-
Zusatzurlaub bei Schwerbehinderung von Arbeitnehmenden
2.962
-
Wann müssen Arbeitgeber eine Abfindung zahlen?
1.7612
-
Wie Arbeitgeber in der Probezeit kündigen können
1.624
-
Mindesttemperatur am Arbeitsplatz: Wie kalt darf es sein?
1.574
-
Arbeiten über die Regelaltersgrenze hinaus
1.407
-
Nebenjob: Was arbeitsrechtlich erlaubt ist
1.400
-
Urlaubsanspruch bei Arbeitgeberwechsel richtig berechnen
1.33116
-
Arbeitszeitkonto: Diese rechtlichen Vorgaben gelten für Arbeitgeber
1.225
-
Beim Ehrenamt sind arbeitsrechtliche Fehleinschätzungen vorprogrammiert
05.12.2025
-
Festgelegte Hin- und Rückfahrten zum Einsatzort sind Arbeitszeit
04.12.2025
-
Was Arbeitgeber bei Mitarbeiterfotos beachten müssen
03.12.2025
-
Wichtige Änderungen zum Jahreswechsel für HR
02.12.2025
-
Tarifliche Regelung zu Mehrarbeitszuschlägen diskriminiert Teilzeitbeschäftigte
01.12.2025
-
Paketboten-Schutz-Gesetz gilt dauerhaft
28.11.2025
-
Mindestlohn für Azubis erhöht sich 2026
26.11.20257
-
Unwirksame Kündigung wegen Beleidigung
26.11.2025
-
EU-Kommission will zentrale Regelungen des AI Acts verschieben
24.11.2025
-
Tarifnorm diskriminiert befristet Beschäftigte
20.11.2025