Fristlose Kündigung bei erlaubter Nebentätigkeit unwirksam

Im konkreten Fall warf die Arbeitgeberin der Geschäftsführerin unter anderem vor, ihre Ressourcen für die Nebentätigkeiten in unzulässiger Weise in Anspruch genommen zu haben. Deshalb kündigte sie das Arbeitsverhältnis mit Schreiben vom 5. November 2015 fristlos und hilfsweise fristgerecht zum 30. Juni 2016.
Arbeitsvertrag mit Klausel zur Nebentätigkeit
Der Hintergrund zum Fall: Die Geschäftsführerin der Rechtsanwaltskammer war dort seit dem 1. Mai 2004 beschäftigt. Ihr Arbeitsvertrag enthielt eine Klausel über Nebentätigkeiten. Danach war ihr explizit gestattet, eine Rechtsanwaltskanzlei zu führen und Veröffentlichungen und Vorträge mit Zustimmung der Rechtsanwaltskammer zu tätigen.
Nebentätigkeit als Rechtsanwältin offen ausgeübt
Die Kündigungsschutzklage der Geschäftsführerin hatte vor dem Landesarbeitsgericht Düsseldorf, wie schon in der Vorinstanz Erfolg. Die Richter befanden, dass nach der vom Arbeitsgericht durchgeführten Beweisaufnahme die Arbeitgeberin den von der Geschäftsführerin behaupteten Rechtfertigungsgrund nicht habe ausräumen können: Die Geschäftsführerin hatte erklärt, ihr sei seitens der Rechtsanwaltskammer erlaubt gewesen, deren Arbeitskräfte für Vorträge und Veröffentlichungen zu nutzen. Für das Gericht hatte sich an diesem Ergebnis der Beweiswürdigung auch in der zweiten Instanz nichts geändert.
Zudem war es für die Richter entscheidend, dass sie ihre umfangreiche Nebentätigkeit als Anwältin offen und transparent ausgeübt hatte. Diese bezog sich auch auf berufsspezifische Themen, die Teil ihrer Tätigkeit als Hauptgeschäftsführerin waren.
Erlaubte Nebentätigkeit: Abmahnung vor Kündigung erforderlich
Nach Auffassung des Gerichts bedurfte es in diesem Fall – weil der Geschäftsführerin die Nebentätigkeit erlaubt war – vor der Kündigung einer Abmahnung. Dies gelte auch für den Fall, dass sie in einem zu großen Umfang auf die Ressourcen der Arbeitgeberin zurückgegriffen haben sollte.
Auch bei einer Gesamtbetrachtung rechtfertigten die übrigen Vorwürfe der Rechtsanwaltskammer in den Augen des Gerichts die Kündigung nicht. Die Berufung der Kammer blieb deshalb erfolglos.
Annahmeverzugslohn wegen fristloser Kündigung
Die Berufung der gekündigten Geschäftsführerin hatte daher Erfolg. Anders als das Arbeitsgericht sprach das LAG Düsseldorf ihr aufgrund der unwirksamen fristlosen Kündigung Annahmeverzugslohn in Höhe von 126.755,69 Euro brutto für die Zeit von November 2015 bis Juli 2016 zu. Die Auskunft zu anderweitigem Verdienst hatte sie erteilt. Diese war ausreichend und führte zu keinem anzurechnenden Zwischenverdienst.
Der ursprünglich anhängige Weiterbeschäftigungsanspruch wurde im Hinblick auf eine Folgekündigung von den Parteien übereinstimmend für erledigt erklärt.
Das Landesarbeitsgericht hat die Revision nicht zugelassen.
Hinweis: LAG Düsseldorf, Urteil vom 21.06.2017, Az: 4 Sa 869/16; Vorinstanz: ArbG Düsseldorf, Urteil vom 12.08.2016, Az: 14 Ca 6964/15
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