Anspruch auf bezahlten Jahresurlaub bleibt bei rechtswidriger Entlassung erhalten
Was passiert mit dem Anspruch auf bezahlten Jahresurlaub nach einer rechtswidrigen Entlassung? Der EuGH hat sich in zwei ähnlich gelagerten Fällen mit Fragen zum bezahlten Jahresurlaub nach einer rechtswidrigen Entlassung beschäftigt. Eine an einer bulgarischen Schule beschäftigte Angestellte klagte auf Vergütung ihres Jahresurlaubs, den sie im Zeitraum zwischen ihrer rechtswidrigen Entlassung und ihrer Wiedereinstellung nicht genommen hatte, ebenso eine ehemalige Mitarbeiterin einer italienischen Bank. Sowohl das bulgarische als auch das italienische Gericht beschlossen, den europäischen Gerichtshof um Vorabentscheidung zu ersuchen.
EuGH soll über Urlaubsanspruch nach rechtswidriger Kündigung entscheiden
In beiden Fällen wurden die Angestellten vom Arbeitgeber entlassen und nahmen zunächst ihre Beschäftigung wieder auf, nachdem ihre Entlassung durch eine Gerichtsentscheidung für rechtswidrig erklärt wurde. In der Folge wurden beide dann ein zweites Mal entlassen. Aufgrund der Vorlage der nationalen Gerichte hatte der europäische Gerichtshof zu klären, ob Unionsrecht dahin auszulegen ist, dass ein Arbeitnehmer Anspruch auf bezahlten Jahresurlaub für den Zeitraum zwischen der rechtswidrigen Entlassung und der Wiederaufnahme seiner Beschäftigung hat, auch wenn er während dieses Zeitraums keine tatsächliche Arbeitsleistung für den Arbeitgeber erbracht hat.
Mögliche Urlaubsabgeltung bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses?
Zudem sollte er prüfen, ob das Unionsrecht dahin auszulegen ist, dass ein Arbeitnehmer unter den beschriebenen Umständen Anspruch auf eine finanzielle Vergütung als Ersatz für den während des Zeitraums zwischen der rechtswidrigen Entlassung und der Wiederaufnahme seiner Beschäftigung nicht genommenen bezahlten Jahresurlaub hat.
EuGH: Anspruch auf bezahlten Jahresurlaub oder Urlaubsabgeltung besteht
Mit seinem Urteil hat der Gerichtshof bestätigt, dass ein Arbeitnehmer für den Zeitraum zwischen seiner rechtswidrigen Entlassung und der Wiederaufnahme seiner früheren Beschäftigung Anspruch auf bezahlten Jahresurlaub hat. Falls das Arbeitsverhältnis beendet wurde, habe er Anspruch auf eine Vergütung als Ersatz für nicht genommenen bezahlten Jahresurlaub.
Arbeitnehmer wurde Arbeitsleistung rechtswidrig verwehrt
Der EuGH verwies zur Begründung auf seine Rechtsprechung zum Urlaubsanspruch bei krankheitsbedingter Arbeitsunfähigkeit. Danach darf der Anspruch auf bezahlten Jahresurlaub nicht von der Verpflichtung, eine tatsächliche Arbeitsleistung erbracht zu haben, abhängig gemacht werden, wenn der Arbeitnehmer aus einem nicht vorhersehbaren und von seinem Willen unabhängigem Grund, wie etwa einer Erkrankung, seine Aufgaben nicht erfüllen kann.
Diese Situation sei vergleichbar mit der Konstellation nach einer rechtswidrigen Entlassung, da der Umstand, dass dem Arbeitnehmer die Möglichkeit zu arbeiten aufgrund einer anschließend als rechtswidrig eingestuften Entlassung verwehrt wurde, ebenso wie das Eintreten einer krankheitsbedingten Arbeitsunfähigkeit grundsätzlich nicht vorhersehbar und vom Willen des betreffenden Arbeitnehmers unabhängig seien.
Zeit zwischen rechtswidriger Entlassung und Wiedereinstellung zählt
Nach Auffassung des Gerichtshofs muss danach der Zeitraum zwischen der rechtswidrigen Entlassung und der Wiederaufnahme der Beschäftigung des Arbeitnehmers für die Beurteilung seiner Urlaubsansprüche einem tatsächlichen Arbeitszeitraum gleichgestellt werden. Ein rechtswidrig entlassener Arbeitnehmer habe folglich Anspruch auf den bezahlten Jahresurlaub, den er während dieses Zeitraums erworben hat.
Urlaubsanspruch muss neuem Arbeitgeber gegenüber geltend gemacht werden
Die Luxemburger Richter stellten in dem Urteil klar, dass dies nur gelte, solange der Arbeitnehmer keiner neuen Beschäftigung nachgegangen sei. Für den Fall, dass der Arbeitnehmer während dieses Zeitraums bereits eine neue Beschäftigung gehabt habe, könne er die Urlaubsansprüche für diesen Beschäftigungszeitraum nur gegenüber dem neuen Arbeitgeber geltend machen.
Hinweis: EuGH, Urteil vom 25. Juni 2020 in den Rechtssachen C-762/18 und C-37/19
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