Elternzeit: "Vorsicht bei Teilzeitanträgen"

Die wichtigsten Neuerungen des Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetzes (BEEG) wirken sich für Eltern aus, deren Kinder nach dem 1. Juli geboren werden. Was die Änderungen für Arbeitgeber bedeuten und wie diese sich darauf vorbereiten sollten, erklärt Rechtsanwalt Jan-Marcus Rossa.

Haufe Online-Redaktion: Was sind die wichtigsten Änderungen, die durch die neuen Regeln der Elternzeit auf Arbeitgeber zukommen?

Jan-Marcus Rossa: Erklärtes Ziel des Gesetzgebers ist die Stärkung der Zeitsouveränität der Eltern. Diese können künftig eine nicht beanspruchte Elternzeit von bis zu 24 Monaten zwischen dem dritten Geburtstag und dem vollendeten achten Lebensjahr des Kindes in Anspruch nehmen, ohne dass hierfür eine Zustimmung des Arbeitgebers erforderlich ist. Bisher galt für die Übertragung der Elternzeit nach § 15 Abs. 2 Satz 4 BEEG in der alten Fassung, dass ein Anteil von zwölf Monaten nur mit Zustimmung des Arbeitgebers übertragen werden konnte. Künftig können Eltern zudem ihre Elternzeit ohne Zustimmung des Arbeitgebers in bis zu drei Abschnitte aufteilen. Bislang waren es zwei Abschnitte nach § 16 Abs. 1 Satz 5 BEEG in der alten Fassung.

Haufe Online-Redaktion: Keine Zustimmung, drei statt zwei Zeitabschnitte: Ändert sich auch der Zeitraum, innerhalb dessen die Mitarbeiter die Elternzeit spätestens ankündigen müssen?

Rossa: Ja, es wird eine neue Mindestankündigungsfrist für den Fall geschaffen, dass ein Elternteil Elternzeit für die Zeit nach dem dritten Geburtstag des Kindes verlangt. Diese beträgt künftig 13 Wochen, § 16 Abs. 1 Satz 1 BEEG. Für den Elternzeitanspruch vor dem dritten Lebensjahr des Kindes gilt unverändert die siebenwöchige Ankündigungsfrist. Diese Fristen für den Elternzeitanspruch als solchen gelten künftig analog auch für die Geltendmachung von Teilzeitansprüchen während der Elternzeit; diese müssen also sieben beziehungsweise 13 Wochen vor Antritt beim Arbeitgeber beantragt worden sein, § 15 Abs. 7 Satz 1 Nr. 5 BEEG.

Haufe Online-Redaktion: Worauf sollten Arbeitgeber nun besonderes Augenmerk legen?

Rossa: Die Änderungen des BEEG stellen Unternehmen vor weitere Herausforderungen: Mitarbeiter können nun erhebliche Teile ihrer Elternzeit flexibel in den Zeitraum ab der Geburt des Kindes bis zur Vollendung von dessen achtem Lebensjahr legen. Besondere Vorsicht ist künftig bei der Prüfung von Teilzeitanträgen geboten: Beantragt ein Elternteil während der laufenden Elternzeit die Verringerung der Arbeitszeit auf nicht weniger als 15 und nicht mehr als 30 Wochenstunden, fingiert das Gesetz nun die Zustimmung des Arbeitgebers zu diesem Antrag, wenn dieser die Verringerung der Arbeitszeit nicht innerhalb der genannten Fristen schriftlich ablehnt (§ 15 Abs. 7 Satz 5 BEEG). Arbeitgeber, die über ein betriebliches Organisationskonzept verfügen, welches Teilzeittätigkeiten in der konkreten Abteilung entgegensteht, müssen daher sorgfältig darauf achten, dass dieses Konzept ohne Ausnahme in der Praxis umgesetzt wird und nicht durch gesetzlich fingierte Teilzeitarbeitsverhältnisse während laufender Elternzeit konterkariert werden.

Haufe Online-Redaktion: Wie können Arbeitgeber insbesondere mit dem Anspruch auf Elternzeit umgehen, der bei einem Arbeitgeberwechsel erhalten bleibt und eventuell zu einem Kündigungsschutz bereits in der Probezeit führen kann?

Rossa: Die Neufassung des BEEG sieht vor, dass das Elternteil nach einem Arbeitgeberwechsel bei Inanspruchnahme von Elternzeit auf Verlangen des neuen Arbeitgebers eine Bescheinigung des früheren Arbeitgebers vorlegen muss, die die bislang in Anspruch genommenen Elternzeiträume ausweist, § 16 Abs. 1 Satz 9 BEEG. Der neue Arbeitgeber erfährt auf diese Weise also, ob und wenn, welche Elternzeiträume dem neuen Arbeitnehmer noch zur Verfügung stehen. Das Gesetz regelt indes nicht die Rechtsgrundlage für den Anspruch des Arbeitnehmers gegenüber seinem bisherigen Arbeitgeber auf Ausstellung eines solchen Dokuments; dieser dürfte sich jedoch unproblematisch aus vertraglichen oder nachvertraglichen Treue- und Rücksichtnahmepflichten, § 241 Abs. 2 BGB, ergeben.

Kündigungsschutz nach dem BEEG besteht auch in einem Neu-Arbeitsverhältnis sofort ab dem Zeitpunkt, zu dem Elternzeit verlangt wird, allerdings frühestens acht beziehungsweise 14 Wochen vor Beginn der beantragten Elternzeit. Diesem Sonderkündigungsschutz kann ein Arbeitgeber nur sehr eingeschränkt durch den Abschluss sachgrundlos befristeter Verträge mit relativ kurzen Laufzeiten begegnen.  

 

Jan-Marcus Rossa ist Rechtsanwalt und Partner bei Esche Schümann Commichau Rechtsanwälte Wirtschaftsprüfer Steuerberater Partnerschaftsgesellschaft mbB in Hamburg.

 

Das Interview führte Michael Miller, Redaktion Personal.

Schlagworte zum Thema:  Elternzeit, Elterngeld, BEEG, Teilzeit