Dürfen Arbeitgeber vor ehemaligen Mitarbeitenden warnen?

Arbeitgeber können ein berechtigtes Interesse daran haben, andere Arbeitgeber vor ehemaligen Beschäftigten zu warnen. Allerdings gilt hier ein strenger Maßstab,  zeigt ein Urteil des LAG Rheinland-Pfalz. In dem Fall hätte der Arbeitgeber nicht über das Fehlverhalten einer Ex-Mitarbeiterin informieren dürfen.

Unentschuldigtes Fehlen, falsche Angaben im Lebenslauf, Überschreiten der Befugnisse. Die Liste des Fehlverhaltens einer Mitarbeiterin während des kurzen Arbeitsverhältnisses war lang. Nach dessen Ende war es dem Geschäftsführer eines Pflegedienstes wichtig, den neuen Arbeitgeber über dieses Verhalten zu informieren. In dem Rechtsstreit, der folgte, stellte das LAG Rheinland-Pfalz fest: Arbeitgeber dürfen einander Auskünfte über Verhalten und Leistung von Beschäftigten geben. Allerdings nur unter sehr engen Voraussetzungen.

Arbeitgeber warnt neuen Arbeitgeber vor einer Mitarbeiterin

Die Mitarbeiterin war in der Zeit von Februar bis Mai 2021 als "Leitende Fachkraft Gesundheitswesen" für den "Geschäftsbereich Alltagspaten" beschäftigt. Ihre Aufgabe waren Dienstleistungen im Rahmen der Alltagsbegleitung. Nachdem sie im April gekündigt hatte, kam es zu finanziellen Auseinandersetzungen mit dem Arbeitgeber und einer nachträglichen Anfechtung des Arbeitsvertrages. Als die Mitarbeiterin ab Juni 2021 eine neue Anstellung hatte, griff der Geschäftsführer zum Telefon und informierte den neuen Arbeitgeber über die  zahlreichen Pflichtverletzungen der Mitarbeiterin. Darunter falsche Behauptungen bei der Anbahnung des Arbeitsverhältnisses, womit sie sich das Arbeitsverhältnis erschlichen habe, Datenschutzverstöße, unentschuldigtes Fernbleiben vom Dienst sowie das Überschreiten ihrer Befugnisse.

Mitarbeiterin verlangt Unterlassen – dürfen Arbeitgeber Kontakt mit neuen Arbeitgebern aufnehmen?

Der ehemalige Arbeitgeber war der Ansicht, dass er ein berechtigtes Interesse hatte, dieses Verhalten der Ex-Mitarbeiterin offen zu legen. Dem Geschäftsführer sei es einzig darum gegangen, den neuen Arbeitgeber und dessen Kunden vor Schaden zu bewahren, nachdem die Mitarbeiterin durch dieses Verhalten den Ruf des Arbeitgebers in Gefahr gebracht habe. Die ehemalige Mitarbeiterin bestritt die Vorwürfe. Unabhängig davon habe der Arbeitgeber den neuen Arbeitgeber nicht ohne ihr Wissen und Einverständnis kontaktieren und informieren dürfen. Vor Gericht verlangte sie vom ehemaligen Arbeitgeber das Unterlassen der diffamierenden Äußerungen gegenüber möglichen neuen Arbeitgebern – mit Erfolg.

LAG Rheinland-Pfalz: Auskünfte des ehemaligen Arbeitgebers waren unberechtigt

Wie schon die Vorinstanz bestätigte das LAG Rheinland-Pfalz den Unterlassungsanspruch der ehemaligen Mitarbeiterin. Das Landesarbeitsgericht betonte zwar, dass Arbeitgeber nicht grundsätzlich daran gehindert seien, Auskünfte über die Leistung und das Verhalten der Beschäftigten während des Arbeitsverhältnisses zu erteilen. Dies könne auch unabhängig von einem Einverständnis des ausgeschiedenen Mitarbeitenden gelten, vorausgesetzt es gehe darum, andere Arbeitgeber in ihrer Interessenswahrung zu unterstützen.

Weitergabe verletzt Persönlichkeitsrecht der ehemaligen Mitarbeiterin

Vor einer Weitergabe muss jedoch immer eine Abwägung im Hinblick auf das allgemeine Persönlichkeitsrecht des Arbeitnehmenden erfolgen. Dieses umfasst auch den Schutz vor der Offenlegung personenbezogener Daten, auch wenn der Arbeitgeber von ihnen in zulässiger Weise Kenntnis erlangt habe, stellte das Gericht fest.  

Vorliegend habe der Arbeitgeber das Persönlichkeitsrecht der ehemaligen Mitarbeiterin verletzt. Auch wenn man unterstelle, dass die Vorwürfe richtig seien, habe er kein überwiegendes Interesse an der Weitergabe der Informationen gehabt. Diese Entscheidung begründete das Gericht damit, dass es sich bei den angeblich falschen Angaben im Lebenslauf gerade nicht um Auskünfte über Leistung oder Verhalten im Arbeitsverhältnis handele. Da die anderen Vorwürfe wie das unentschuldigte Fehlen oder der Datenverstoß keine Abmahnung zur Folge hatten, sondern erst im Nachgang des Arbeitsverhältnisses zur Sprache gekommen seien, war der Eindruck des Gerichts, dass es dem Arbeitgeber bei der Weitergabe der Informationen offensichtlich insbesondere darum gegangen sei, der Arbeitnehmerin zu schaden.


Hinweis: Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz, Urteil vom 5. Juli 2022, Az.: 6 Sa 54/22


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Schlagworte zum Thema:  Unterlassungsanspruch, Urteil, Arbeitgeber