Arbeitgeber ist an dynamische Bezugnahmeklausel gebunden

Die Übernahme von Gesellschaftsanteilen eines anderen Unternehmens ist kein Betriebsübergang im Sinne des Europarechts. Daher bleibt ein Arbeitgeber an eine arbeitsvertraglich vereinbarte dynamische Bezugnahmeklausel gebunden, entschied nun das Bundesarbeitsgericht. 

Der selbst nichttarifgebundene Arbeitgeber fühlte sich einem Arbeitnehmer gegenüber nicht an die dynamische Bezugnahmeklausel in dessen Arbeitsvertrag gebunden. Vor Gericht berief er sich daher auf die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs, jedoch ohne Erfolg.

Der Fall: Dynamische Bezugnahmeklausel im Arbeitsvertrag

Der Arbeitnehmer forderte von seinem Arbeitgeber, eine Rehabilitationsklinik, die Zahlung von ausstehendem Gehalt für die Monate Januar bis November 2013 auf der Grundlage einer im Jahr 2013 geltenden Entgelttabelle des Tarifvertrags für den öffentlichen Dienst (TVöD). Zur Begründung berief er sich auf ein rechtskräftige Urteil des Arbeitsgerichts Essen. Nach jahrelangem Rechtsstreit hatte dies im Jahr 2007 festgestellt, dass auf das Arbeitsverhältnis die Vorschriften des TVöD einschließlich der diese Vorschriften ergänzenden, ändernden und ersetzenden Tarifverträge in ihrer jeweils gültigen Fassung Anwendung finden. Hintergrund war eine dynamische Bezugnahmeklausel im Arbeitsvertrag des Arbeitnehmers aus dem Jahr 1984, wonach für das Arbeitsverhältnis die Vorschriften des Bundesangestelltentarifvertrages (BAT) in der jeweils gültigen Fassung gelten sollten.

Betriebsübergang: Arbeitgeber an Bezugnahmeklausel gebunden?

Der Arbeitgeber bezweifelte die Dynamik der Klausel und war der Auffassung, er müsse nur das Entgelt nach BAT mit dem Stand 2003 zahlen. Da im Jahr 2002 eine neue Gesellschafterin Anteile erworben hat, läge ein Betriebsübergang im Sinne des Europarechts vor. Dies führe seiner Meinung nach zu einer Durchbrechung der Rechtskraft des arbeitsgerichtlichen Urteils in dem Vorprozess. Im Jahr 2013 hatte der EuGH in der englischen Rechtssache "Alemo-Herron" entschieden, dass Art. 3 der Betriebsübergangs-Richtlinie 2001/23/EG zu dynamischen Bezugnahmeklauseln nicht durchsetzbar ist, wenn der Erwerber nicht die Möglichkeit hat, an den Verhandlungen über diese nach dem Betriebsübergang abgeschlossenen Kollektivverträge teilzunehmen (EuGH, Urteil vom 18.7.2013, C-426/11). 

BAG: Erwerb von Unternehmensanteilen ist kein Betriebsübergang

Die Frage, inwiefern der erwerbende Arbeitgeber nach einem Betriebsübergang vertraglich an eine dynamische Bezugsklausel gebunden ist, hat das Bundesarbeitsgericht (BAG) selbst erst kürzlich dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) zur Entscheidung vorgelegt. Nach Auffassung des BAG betrifft der konkrete Fall allerdings einen anderen Anwendungsbereich. Denn der bloße Erwerb von Anteilen an einem Unternehmen stelle nach der Rechtsprechung des EuGH keinen Übergang von Unternehmen, Betrieben oder Unternehmens- oder Betriebsteilen im Sinne der Richtlinie 2001/23/EG dar.

Unabhängig vom Betriebsübergang: BAG verweist an LAG zurück

Das Bundesarbeitsgericht (BAG) hat das Urteil des LAG aufgehoben und zur erneuten Verhandlung zurück verwiesen. Die Erfurter Richter entschieden, das angefochtene Urteil sei rechtsfehlerhaft, da das Landesarbeitsgericht nicht geprüft habe, ob dem Mitarbeiter Entgelt nach der von ihm reklamierten Entgeltgruppe zusteht. Aufgrund der vom Landgericht getroffenen Feststellungen konnte der Senat nicht abschließend beurteilen, nach welcher Entgeltgruppe und welcher Stufe welcher Tabelle sich das monatliche Entgelt des Arbeitnehmers exakt bemesse.

Hinweis: BAG, Urteil vom 23.3.2017, Az: 8 AZR 89/15); Vorinstanz: LAG Düsseldorf, Urteil vom 27. 11. 2014, Az: 15 Sa 740/14 

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