Diskriminierende Kündigung auch in Kleinbetrieben unwirksam
Auf kleine Betriebe sind die Vorgaben des Kündigungsschutzgesetzes nach § 23 Abs. 1 nicht anzuwenden. Dennoch kann eine Entlassung unwirksam sein, zum Beispiel, wenn der Beschäftigte dabei wegen seines Alters diskriminiert wird. Das hat der sechste Senat des Bundesarbeitsgerichts in einem Fall aus Sachsen entschieden. Trägt ein Arbeitnehmer Indizien vor, die – bei der Kündigung – eine unmittelbare Benachteiligung wegen des Lebensalters vermuten lassen, hat der Arbeitgeber diese Vermutung gemäß § 22 des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes (AGG) zu widerlegen. Gelingt dies nicht, ist die Kündigung auch im Kleinbetrieb unwirksam, entschied das BAG.
"Pensionsberechtigt" als Hinweis auf AGG-Diskriminierung
Im konkreten Fall hatte der Arbeitgeber eine Arzthelferin gekündigt. Sie war bis dahin mit vier jüngeren Kolleginnen in der Gemeinschaftspraxis beschäftigt, die ihren Job behielten. Das Kündigungsschreiben enthielt jedoch den Hinweis, dass die 63-jährige "inzwischen pensionsberechtigt" sei. Darin sah die Arzthelferin ein Indiz für eine Benachteiligung wegen ihres Alters, ging gegen die Kündigung vor und verlangte eine Entschädigung wegen Altersdiskriminierung.
Der Arbeitgeber argumentierte dagegen, das Kündigungsschreiben sollte lediglich freundlich und verbindlich formuliert werden. Vielmehr sei zu erwarten, dass 70 bis 80 Prozent der abrechenbaren Laborleistungen in der Gemeinschaftspraxis künftig entfallen. Die Veränderungen im Laborbereich und die daraus folgenden Umstrukturierungen seien der einzige Grund für die Entlassung der Mitarbeiterin. Diese habe zuletzt überwiegend im Labor gearbeitet und sei im Übrigen auch nicht mit den übrigen Arzthelferinnen vergleichbar, weil sie schlechter qualifiziert sei.
Kein Beweis, keine Kündigung
Im Ergebnis folgte sowohl das Arbeits- wie auch Landesarbeitsgericht dem Arbeitgeber und wies die Klage jeweils ab. Das BAG urteilte nun ganz anders. Die Kündigung verstoße gegen das Benachteiligungsverbot des § 7 Abs.1 AGG und sei deswegen unwirksam, entschieden die Richter. Die "Pensionsberechtigung" im Kündigungsschreiben genüge als Indiz für die Vermutung einer Altersdiskriminierung. Dagegen hat der Arbeitgeber keinen ausreichenden Beweis angeboten, die Vermutung also nicht widerlegt.
Ob die Arzthelferin einen Entschädigungsanspruch zu Recht geltend gemacht hatte, konnte das BAG nicht feststellen. Insoweit muss das Landesarbeitsgericht erneut verhandeln und entscheiden.
Hinweis: BAG, Urteil vom 23. Juli 2015, Az. 6 AZR 457/14; Vorinstanz: Sächsisches Landesarbeitsgericht, Urteil vom 9. Mai 2014, Az. 3 Sa 695/13
-
Wann Urlaubsverfall und Urlaubsübertragung möglich sind
4.5245
-
Entgeltfortzahlung: Wenn unterschiedliche Krankheiten aufeinander folgen
4.167
-
Zusatzurlaub bei Schwerbehinderung von Arbeitnehmenden
2.962
-
Wann müssen Arbeitgeber eine Abfindung zahlen?
1.7612
-
Wie Arbeitgeber in der Probezeit kündigen können
1.624
-
Mindesttemperatur am Arbeitsplatz: Wie kalt darf es sein?
1.574
-
Arbeiten über die Regelaltersgrenze hinaus
1.407
-
Nebenjob: Was arbeitsrechtlich erlaubt ist
1.400
-
Urlaubsanspruch bei Arbeitgeberwechsel richtig berechnen
1.33116
-
Arbeitszeitkonto: Diese rechtlichen Vorgaben gelten für Arbeitgeber
1.225
-
Beim Ehrenamt sind arbeitsrechtliche Fehleinschätzungen vorprogrammiert
05.12.2025
-
Festgelegte Hin- und Rückfahrten zum Einsatzort sind Arbeitszeit
04.12.2025
-
Was Arbeitgeber bei Mitarbeiterfotos beachten müssen
03.12.2025
-
Wichtige Änderungen zum Jahreswechsel für HR
02.12.2025
-
Tarifliche Regelung zu Mehrarbeitszuschlägen diskriminiert Teilzeitbeschäftigte
01.12.2025
-
Paketboten-Schutz-Gesetz gilt dauerhaft
28.11.2025
-
Mindestlohn für Azubis erhöht sich 2026
26.11.20257
-
Unwirksame Kündigung wegen Beleidigung
26.11.2025
-
EU-Kommission will zentrale Regelungen des AI Acts verschieben
24.11.2025
-
Tarifnorm diskriminiert befristet Beschäftigte
20.11.2025