Für jedes Kind wird immer nur einer Person Kindergeld gewährt (§ 64 Abs. 1 EStG). Doppelzahlungen sollen dadurch vermieden werden. Erheben mehrere Personen Anspruch auf Kindergeld für dasselbe Kind – besteht also eine sog. Anspruchskonkurrenz –, bestimmt § 64 Abs. 2 EStG, wer vorrangig berechtigt ist und damit das Kindergeld erhält. Bei den nachrangigen Berechtigten wird das Kind nur als "Zählkind" berücksichtigt, was zu einem höheren Anspruch auf Kindergeld für andere Kinder führen kann.

  • Obhutsprinzip bei Haushaltsaufnahme

    Vorrangig berechtigt ist, wer das Kind in seinen Haushalt aufgenommen hat (§ 64 Abs. 2 S. 1 EStG).

 
Praxis-Beispiel

Lebt ein Kind bei Pflegeeltern, so sind diese vorrangig berechtigt vor den leiblichen Eltern. Der "Stiefvater", der das Kind in seinen Haushalt aufgenommen hat, hat Vorrang vor dem leiblichen Vater.

  • Berechtigtenbestimmung

Lebt ein Kind im gemeinsamen Haushalt von Eltern bzw. einem Elternteil und dessen Ehegatten ( "Stiefelternteil"), so bestimmen diese untereinander den Berechtigten ( Berechtigtenbestimmung). Gleiches gilt für Pflegeeltern oder Großeltern, die ein Kind in ihren Haushalt aufgenommen haben. Nicht mehr entscheidungserheblich ist, wer das alleinige Sorge- oder Erziehungsrecht innehat.

 
Praxis-Tipp

Nach den Vorschriften im EStG können nunmehr auch ledige oder geschiedene Eltern eine Berechtigtenbestimmung treffen, vorausgesetzt, die Eltern des nichtehelich geborenen Kindes führen einen gemeinsamen Haushalt.

Dies entspricht der früheren Regelung im BKGG. Für die Zeit vom 1.1.1994 bis 31.12.1995 war die Möglichkeit der Berechtigtenbestimmung dagegen eingeschränkt auf Ehegatten, die nicht ständig getrennt lebten.

Aufgrund dieser Neuregelung kann sich bei nicht verheirateten Eltern in Folge einer entsprechender Änderung der Berechtigtenbestimmung die Höhe des Gesamtkindergeldes verändern.

 
Praxis-Beispiel

Die Eltern eines Kindes leben in eheähnlicher Gemeinschaft. Der Kindesvater ist geschieden und hat drei Kinder aus einer früheren Ehe, die bei ihrer Mutter leben. Bisher musste das Kindergeld für das gemeinsame Kind zwingend an die Kindesmutter gezahlt werden, wenn sie das alleinige Sorgerecht für das nicht-ehelich geborene Kind innehat. Aufgrund der Neuregelung können die Eltern nun den Vater zum Kindergeldberechtigten für das gemeinsame Kind bestimmen. Da die drei Kinder aus der früheren Ehe bei ihm als Zählkinder Berücksichtigung finden, gilt das zuletzt geborene Kind als "viertes Kind", so dass Anspruch auf Kindergeld in Höhe von 179,- Euro besteht (Einzelheiten siehe unter "Höhe des Kindergeldes ").

Bitte beachten Sie, dass eine Berechtigtenbestimmung nur bei Führung eines gemeinsamen Haushalts zulässig ist. Eltern, die dauerhaft getrennt leben, können – unabhängig vom Familienstand – eine Berechtigtenbestimmung nicht treffen. Die Berechtigtenbestimmung ist jederzeit widerruflich. Ein Widerruf wirkt allerdings nur für die Zukunft. Wird eine Berechtigtenbestimmung nicht getroffen, so entscheidet auf Antrag das Vormundschaftsgericht. Den Antrag kann jede Person oder Einrichtung stellen, die ein berechtigtes Interesse an der Zahlung des Kindergeldes hat. Lebt ein Kind im gemeinsamen Haushalt von Eltern undGroßeltern, so wird das Kindergeld vorrangig einem Elternteil gezahlt. Verzichtet der Elternteil schriftlich auf seinen Vorrang, so wird das Kindergeld an einen Großelternteil gezahlt.

 
Praxis-Beispiel

Die in Ausbildung stehende Anna, Mutter eines neugeborenen Kindes, führt mit ihren Eltern (= den Großeltern des Kindes) und ihren kleineren Schwestern Berta und Cäcilie einen gemeinsamen Haushalt. Das Kindergeld für das Neugeborene ist vorrangig der Kindesmutter Anna auszuzahlen. Sie erhält 154,- EUR.

Bezieht der Großvater – von der Großmutter zum "Kindergeldberechtigten" bestimmt – selbst noch Kindergeld für seine Töchter Anna, Berta und Cäcilie, so ist es vorteilhaft, wenn Anna, die junge Kindesmutter, auf ihren Kindergeldanspruch für das Neugeborene zugunsten des Großvaters verzichtet. Er erhält dann je 154 EUR,– für seine Töchter Anna, Berta und Cäcilie sowie 179,- EUR für sein Enkelkind, das nunmehr bei ihm als "viertes Kind" berücksichtigt werden kann.

  • Nicht in den Haushalt aufgenommene Kinder

Ist das Kind nicht in den Haushalt eines Berechtigten aufgenommen – führt es z.B. während des Studiums einen eigenen Haushalt –, so erhält derjenige das Kindergeld, der dem Kind eine Unterhaltsrente zahlt. Nicht entscheidend ist, wer bei Minderjährigen das Sorgerecht innehat.

Zahlen mehrere Berechtigte dem Kind Unterhalt, so ist derjenige vorrangig, der die höchste Unterhaltsrente zahlt (§ 64 Abs. 3 Satz 1 und 2 EStG).

Werden gleich hohe Unterhaltsrenten gezahlt oder zahlt keiner der Berechtigten dem Kind Unterhalt, so bestimmen die Berechtigten untereinander, wer das Kindergeld erhalten soll. Wird eine Berechtigtenbestimmung nicht getroffen, so bestimmt das Vormundschaftsgericht den Berechtigten (§ 64 Abs. 3 Satz 3 und 4 EStG).

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