Rz. 30

Der Betriebsrat ist vom Unternehmer rechtzeitig in der Planungsphase zu unterrichten. Insoweit unterscheidet sich der Unterrichtungsanspruch des Betriebsrats vom Anspruch des Arbeitnehmers auf Nachteilsausgleich nach § 113 BetrVG. Der Unterrichtungsanspruch beginnt, wenn der Arbeitgeber sich zu einer Betriebsänderung entschlossen hat, und zwar bereits dann, wenn die Einzelheiten und die genau Durchführung noch nicht feststehen (BAG, Urteil vom 14.09.1976, 1 AZR 784/75[1]). Es entspricht gerade dem Sinn des Informationsrechtes, dass der Betriebsrat nicht mit einer unverrückbaren Planung konfrontiert wird, sondern dass er auf die Entscheidung durch die folgende Beratung Einfluss nehmen kann. Das entspricht auch der Wertung des § 90 Abs. 2 BetrVG zum Zeitpunkt einer rechtzeitigen Unterrichtung. Das bedeutet nicht, dass schon im Zeitpunkt der ersten Überlegungen eine Information stattfinden muss. Der Unternehmer kann zunächst einmal die ersten Überlegungen intern anstellen. Erst wenn die Planungen eine gewisse Reife erlangt haben, hat er den Betriebsrat zu informieren.

Demgegenüber wird der Nachteilsausgleichsanspruch des Arbeitnehmers nach § 113 BetrVG erst dadurch ausgelöst, dass der Arbeitgeber mit der Umsetzung einer Betriebsänderung ohne vorherige Verhandlungen mit dem Betriebsrat beginnt.

Diese beiden Zeitpunkte werden nicht hinreichend getrennt. Wenn in der Fachliteratur[2] teilweise darauf abgestellt wird, dass der Arbeitgeber seine Informationspflichten nicht verletzte, wenn bereits ein Gesellschafterbeschluss über die Stilllegung vor der Beratung mit dem Betriebsrat gefasst wurde, so betrifft das die Frage, ob der Arbeitgeber einen Nachteilsausgleich schuldet. Das ist nicht der Fall (siehe BAG, Urteil vom 30.5.2006, 1 AZR 25/05[3]). Gleichwohl hat er den Betriebsrat nicht rechtzeitig informiert, weil seine Entscheidung über die Betriebsänderung bereits feststeht und vom Betriebsrat nicht mehr beeinflusst werden kann.

Eine besondere Form ist für die Unterrichtung nicht vorgesehen. Der Betriebsrat muss in die Lage versetzt werden, auf das Ob und Wie der Betriebsänderung noch Einfluss nehmen zu können (BAG, Urteil v. 14.9.1976, 1 AZR 784/75) und sobald sich der Unternehmer entschlossen hat, vorbehaltlich der Besprechungen mit dem Betriebsrat eine Betriebsänderung durchzuführen, ist der Betriebsrat zu informieren[4] (LAG Baden-Württemberg, Beschluss v. 27.9.2004, 4 TaBV 3/04[5]).

 

Rz. 31

Der Betriebsrat muss umfassend informiert werden. Sie umfasst Folgendes:

  • genauer Inhalt der Betriebsänderung
  • mögliche Alternativen
  • Darlegung der Gründe
  • Auswirkungen auf die Arbeitnehmer
  • soziale Folgen der Betriebsänderung – insbesondere wegen § 118 BetrVG in Tendenzbetrieben (BAG, Urteil v. 30.4.2004, 1 AZR 7/03[6]).

Er muss die Informationen erhalten, die er benötigt, um eigene Vorstellungen hinsichtlich eines Sozialplans entwickeln zu können (BAG, Urteil v. 30.3.2004, 1 AZR 7/03[7]).

Der Unternehmer muss dem Betriebsrat auch die erforderlichen Unterlagen zur Verfügung zustellen, die er selbst hat; zusätzliche braucht er nicht anfertigen zu lassen[8]. Der Anspruch ergibt sich aus § 80 Abs. 2 BetrVG. Der Unternehmer erfüllt seine Unterrichtungspflicht gegenüber dem Betriebsrat nicht durch die Unterrichtung des Wirtschaftsausschusses: Diese zusätzliche Pflicht steht selbstständig neben den Pflichten aus § 111 Satz 1 BetrVG, ebenso wie die Konsultationspflichten nach § 17 Abs. 2 KSchG.

[1] DB 1977, 309.
[2] Fitting, § 111 Rz. 109; Richardi/Annuß, § 111 BetrVG Rz 147.
[3] NZA 2006, 1122.
[4] Fitting, § 111 BetrVG Rz. 108.
[5] NZA-RR 2005, 195.
[6] NZA 2004, 931.
[7] NZA 2004, 931.
[8] Fitting, § 111 BetrVG Rz. 113.

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