2.7.1 Überblick

 

Rz. 24

Eine Arbeitsunfähigkeit ist der Krankenkasse durch den Versicherten zu melden. Meldet der Versicherte die Arbeitsunfähigkeit der Krankenkasse nicht innerhalb von einer Woche nach ihrem Beginn, ruht der Anspruch auf Krankengeld, solange die Meldung der Krankenkasse nicht vorliegt (§ 49 Abs. 1 Nr. 5). Dadurch will der Gesetzgeber Leistungsmissbräuchen entgegentreten.

Die Verpflichtung zur rechtzeitigen Meldung bezieht sich nicht nur auf die Erstbescheinigung einer Arbeitsunfähigkeit, sondern gilt auch für alle Folgebescheinigungen (BSG, Urteil v. 8.11.2005, B 1 KR 30/04 R).

Die Ruhenswirkung trifft jedoch gemäß § 49 Abs. 1 Nr. 5 nicht ein, wenn die Übermittlung der Arbeitsunfähigkeitsdaten im elektronischen Verfahren nach § 295 Abs. 1 Satz 10 erfolgt. Die Vertrags(zahn)ärzte und Vertragskrankenhäuser haben seit dem 1.1.2021 die Verpflichtung, den Krankenkassen die Arbeitsunfähigkeitsdaten nicht mehr in Papierform, sondern elektronisch zu übermitteln. Wenn die Verpflichtung zur elektronischen Datenübermittlung besteht, aber der Arzt etc. diese nicht wie vorgeschrieben durchführt und den Versicherten auch nicht darauf hinweist, kann dem Versicherten daraus kein Nachteil entstehen (LSG Nordrhein-Westfalen, Urteil v. 16.11.2022, L 10 KR 245/22. Näheres hierzu vgl. Rz. 29 ff.

Für Zeiten, in der der Vertrags(zahn)arzt bzw. das Vertragskrankenhaus noch kein elektronisches Meldeverfahren durchführen mussten, also für Zeiten bis 31.12.2020, wird auf die Ausführungen zu Rz. 25 bis 28 verwiesen.

2.7.2 Meldepflichten des Versicherten, wenn der Arzt bzw. die Einrichtung die Arbeitsunfähigkeit nicht elektronisch an die Krankenkasse übermitteln muss

 

Rz. 25

Der Versicherte hat seine Arbeitsunfähigkeit der Krankenkasse innerhalb von einer Woche zu melden, wenn sein Arzt bzw. die von ihm aufgesuchte Einrichtung nicht am elektronischen Mitteilungsverfahren nach § 295 teilnimmt (vgl. auch Rz. 29). § 49 Abs. 1 Nr. 5 hat deshalb Wirkung

  • bei allen bis zum 31.12.2020 ausgestellten Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen

und darüber hinaus

  • bei ab dem 1.1.2021 ausgestellten Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen

    • von Vorsorge- und Rehabilitationseinrichtungen, die nicht an die Telematikinfrastruktur angeschlossen sind (§ 295 Abs. 1 Satz 10) oder
    • von Privat(zahn)ärzten oder
    • von im Ausland tätigen Ärzten oder Zahnärzten.

§ 49 Abs. 1 Nr. 5 will verhindern, dass ein Versicherter seiner Krankenkasse das Vorliegen seiner Arbeitsunfähigkeit zunächst verschweigt. Damit keine negativen Folgen für den Versicherten eintreten, lässt der Gesetzgeber dem Versicherten eine Woche (7 Tage) Zeit, der Krankenkasse die Arbeitsunfähigkeit anzuzeigen; andernfalls ruht der Anspruch auf Krankengeld bis zu dem Tag, an die Arbeitsunfähigkeit der Krankenkasse gemeldet wird.

Nach dem Urteil des SG Stralsund v. 28.2.2020 (S 3 KR 183/18), welches sich auf die ständige Rechtsprechung des BSG bezieht (u. a. Urteile v. 25.10.2018, B 3 KR 23/17 R, v. 8.8.2019, B 3 KR 6/18 R, v. 26.9.2019, B 3 KR 1/19 R, v. 8.11.2005, B 1 KR 30/04 R), ist bei der Anwendung des § 49 Abs. 1 Nr. 5, erster Halbsatz, Folgendes zu beachten:

  • Die Arbeitsunfähigkeit ist der Krankenkasse vor jeder erneuten Inanspruchnahme des Krankengeldes anzuzeigen, – und zwar auch dann, wenn die Arbeitsunfähigkeit seit Beginn ununterbrochen bestanden hat und wegen der Befristung der bisherigen ärztlichen Arbeitsunfähigkeitsfeststellung über die Weitergewährung von Krankengeld neu zu befinden ist.
  • Die Meldung der Arbeitsunfähigkeit ist eine Tatsachenmitteilung, die telefonisch, schriftlich, mündlich oder auch in elektronischer Form erfolgen kann. Sie ist in entsprechender Anwendung von § 130 Abs. 1 und 3 BGB erst dann erfolgt, wenn sie der Krankenkasse zugegangen ist.
  • Der rechtzeitige Zugang ist ein anspruchsbegründendes Tatbestandsmerkmal, das der Versicherte im Sinne des Vollbeweises nachweisen muss. Dieses gilt auch bei einer vom Versicherten rechtzeitig zur Post aufgegebenen, aber auf dem Postweg verloren gegangenen Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung. Hier kann der Eintritt der Ruhenswirkung des Krankengeldes selbst dann nicht verhindert werden, wenn die Meldung unverzüglich nachgeholt wird; das bedeutet, dass der Versicherte grundsätzlich das Risiko der nicht rechtzeitigen Übermittlung der ihm ausgehändigten Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung an die Krankenkasse trägt – und zwar auch dann, wenn diese Mitteilung auf dem Postweg erfolgte.
  • Das nach § 49 Abs. 1 Nr. 5 regelmäßige Ruhen des Krankengeldanspruchs knüpft grundsätzlich an den negativen Tatbestand ("solange ... nicht gemeldet wird") an und bewirkt mit der im nachfolgenden Halbsatz 2 geregelten "Heilungsmöglichkeit" mittelbar eine Meldefrist von einer Woche (Noftz, in: Hauck/Noftz, Sozialgesetzbuch Gesamtkommentar, SGB V, Stand August 2015, § 49 Rz. 63).
  • Aus dem Zusammenspiel der Regelungen in §§ 44 Abs. 1, 46 Satz 1 Nr. 2 und Satz 2, § 49 Abs. 1 Nr. 5 folgt, dass das in Halbsatz 2 des § 49 Abs. 1 Nr. 5 verwendete Tatbestandsmerkmal "Beginn der Arbeitsunfähigkeit" entgegen dem Wortlaut so zu verstehen ist, dass hiermit tatsächlich der Tag der ärztlichen Feststellung gemeint ist; d. h., dass zur Berechnung der Meldefr...

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