Stellt das Arbeitsgericht das Vorliegen eines Arbeitsverhältnisses fest, hat dies erhebliche Konsequenzen.

2.10.1 Sozialversicherungsrechtliche Konsequenzen

Sozialversicherungsrechtlich wird dann vom Vorliegen eines Beschäftigungsverhältnisses im Sinne des § 7 SGB IV ausgegangen. Schließlich ist der sozialversicherungsrechtliche Arbeitnehmerbegriff weiter als der arbeitsrechtliche. Damit entsteht rückwirkend die Sozialversicherungspflicht. Dieser Pflicht unterliegt wegen der Regelung des § 28e SGB IV der Arbeitgeber mit der allgemeinen Beitragspflicht. Deshalb muß er die vollen Beiträge zur Kranken-, Renten-, Arbeitslosen- und Pflegeversicherung entrichten. Die Nachzahlungspflicht besteht für das laufende und die vier vorangegangenenKalenderjahre (§ 25 SGB IV), es sei denn, dem Arbeitgeber kann Vorsatz vorgeworfen werden (dann 30 Jahre). Höhenmäßig geht es um ca. 40 % der gezahlten Entgelte.[1] Zurückfordern kann er vom Arbeitnehmer allenfalls einen kleinen Teilbetrag (§ 28g SGB IV). Denn er kann seinen Anspruch nur durch Abzug vom Arbeitsentgelt durchsetzen. Ein unterbliebener Abzug darf nur bei den nächsten drei Gehaltszahlungen nachgeholt werden, danach nur, wenn der Abzug ohne Verschulden des Arbeitgebers unterblieben ist. Ist das Arbeitsverhältnis mittlerweile beendet, kommt ein Abzugüberhaupt nicht mehr in Betracht. Ausnahmen können hier nur gelten, wenn dem Arbeitnehmer eine zum Schadenersatz verpflichtende vorsätzliche sittenwidrige Handlung nach § 626 vorgeworfen werden kann.[2]

[1] Diller/Schuster, FA 1998, 138.

2.10.2 Arbeitsrechtliche Konsequenzen

Dem Arbeitnehmer stehen jetzt sämtliche Arbeitnehmerschutzrechte zu, z.B. Kündigungsschutz nach dem KSchG, besonderer Kündigungsschutz nach § 9 MuSchG, § 2 ArbPlSchG, § 85 SGB IX; Anspruch auf Urlaub, Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall, auch Gleichbehandlung mit anderen Arbeitnehmern. Der zu Unrecht als Selbständiger betrachtete Vertragspartner wird rückwirkend als Arbeitnehmer behandelt.

Der Arbeitgeber kann dies auch nicht durch eine Anfechtung nach § 119 BGB verhindern, da es sich um einen unbeachtlichen Motivirrtum handelt.

Soweit aus der Vergangenheit noch besondere Ansprüche zustehen, können allerdings Verjährung oder tarifvertragliche Ausschlußfristen greifen.

Probleme bereitet in solchen Fällen die Höhe der Vergütung, die brutto zu leisten ist.

Gingen beide Vertragspartner ursprünglich davon aus, dass kein Arbeitsverhältnis, sondern ein freies Mitarbeiterverhältnis vorliege, haben sie sich bei der Festsetzung der Höhe der Vergütung im Irrtum befunden. In der Regel erhält ein freier Mitarbeiter/eine Honorarkraft eine höhere Vergütung. Man wird davon ausgehen können, dass die Parteien, hätten sie gewusst, dass es sich in Wirklichkeit um ein Arbeitsverhältnis handelt, eine andere Vergütungsvereinbarung getroffen hätten.

In seiner Entscheidung vom 21.1.1998 führte das BAG[1] aus, daraus, dass der klagende Arbeitnehmer Honorare als freier Mitarbeiter/Honorarkraft erhalten habe, sei nicht zu folgern, dass die Parteien vereinbart hätten, es solle bei Bestehen eines Arbeitsverhältnisses das gleiche gezahlt werden. Für eine solche Annahme müssten weitere Umstände aufgeführt werden. Da es für die Wirksamkeit des Vertrages nicht erforderlich sei, dass eine Vergütungsvereinbarung vorliege, entstehe mangels Vereinbarung (nur) ein Anspruch auf die übliche Vergütunggem. § 612 Abs. 2 BGB . Der übliche Lohn sei nicht ohne weiteres identisch mit der tarifvertraglichen Vergütung, sondern könne je nach den Umständen höher oder tiefer liegen.

Auf diese Weise werden die noch offenen Vergütungsansprüche des Arbeitnehmers aus der Vergangenheit und für die Zukunft angepaßt werden können.

Allerdings werden Rückforderungsansprüche des Arbeitgebers aus "Überzahlung" in der Vergangenheit zu verneinen sein (so zu Recht Preis, Erfurter Kommentar zum Arbeitsrecht – Preis Nr. 230 BGB Rz. 123, S. 1337).

2.10.3 Steuerrechtliche Konsequenzen

Der Arbeitgeber haftet neben dem Arbeitnehmer als Gesamtschuldner gem. § 44d Abs. 3 EStG auf Abführung der Steuer, wenn er keine Steuern abgeführt hat. Die Finanzbehörde wird sich grundsätzlich an den Arbeitgeber wenden, weil es Zweck des Lohnsteuerverfahrens ist, die Steuer an der Quelle schnell und billig abzuschöpfen. Dies ist nur dann unbillig, wenn die Steuer ebenso schnell und einfach beim Arbeitnehmer beigetrieben werden kann.[1]

Wurde der Arbeitgeber tatsächlich in Anspruch genommen, kann er vom Arbeitnehmer Ersatz verlangen.[2]

Keine Probleme dürften entstehen, wenn der Arbeitnehmer ordnungsgemäß Einkommensteuer entrichtet hat.

Hat der Arbeitgeber an den vermeintlich Selbständigen Umsatzsteuer geleistet und diese als Vorsteuer abgezogen, war der Abzug unzulässig und muß nachentrichtet werden.[3]

[1] Diller/Schuster FA 134.
[3] Diller/Schuster FA 1998, 140.

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