Echte Mitbestimmung bedeutet nicht nur, dass Arbeitgeber und Betriebsrat die mitbestimmungspflichtige Angelegenheiten übereinstimmend regeln können, sondern sie bedeutet auch, dass beide Seiten, also auch der Betriebsrat, die Initiative ergreifen können, um eine Regelung in einer mitbestimmungspflichtigen Angelegenheit herbeizuführen.

 
Praxis-Beispiel

So kann zum Beispiel der Betriebsrat verlangen, dass eine Betriebsvereinbarung über Alkohol im Betrieb erarbeitet wird oder dass der Arbeitgeber zur Vermeidung von Kündigungen Kurzarbeit einführt, die Aufstellung allgemeiner Urlaubsgrundsätze oder auch die Einführung eines betrieblichen Lohngruppensystems bzw. die Regelung der Verteilungsgrundsätze für übertarifliche Zulagen.

Für dieses sog. Initiativrecht des Betriebsrats gilt das gleiche wie für Angelegenheiten, in denen der Arbeitgeber eine Regelung wünscht. Arbeitgeber und Betriebsrat können diese Regelung nur miteinander treffen, nicht gegeneinander. Werden sie sich nicht einig, scheitern z.B. die Verhandlungen über eine Betriebsvereinbarung, so kann jede Seite zur Herbeiführung einer Regelung in dieser Angelegenheit nach § 87 Abs. 2 die Einigungsstelle anrufen.

Wie weit das Initiativrecht des Betriebsrats in den einzelnen Angelegenheiten nach § 87 Abs. 1 Nr. 1-13 geht, hängt der jeweiligen mitbestimmungspflichtigen Angelegenheit ab. Dabei sind zwei Grundregeln zu beachten:

  1. Das Initiativrecht geht immer nur so weit, wie das Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats reicht.

     
    Praxis-Beispiel

    Der Betriebsrat hat mitzubestimmen bei der Verteilung übertariflicher Zulagen, aber er kann nicht erzwingen, dass überhaupt übertarifliche Zulagen gezahlt werden. Das Mitbestimmungsrecht betrifft nicht die Einführung von übertariflichen Zulagen an sich. Diese Entscheidung verbleibt beim Arbeitgeber, denn § 87 Abs. 1 Nr. 10 gibt dem Betriebsrat ein echtes Mitbestimmungsrecht nur für die betriebliche Lohngestaltung.

  2. Zum zweiten steht dem Betriebsrat nur ein Initiativrecht zum Schutze der Arbeitnehmer zu, denn die einzelnen Mitbestimmungsrechte nach § 87 wurden ihm gewährt, um die Arbeitnehmer vor einseitigen Anordnungen des Arbeitgebers zu schützen.

     
    Praxis-Beispiel

    So kann der Betriebsrat nicht die Einführung von Überstunden oder die Einführung bestimmter technischer Überwachungseinrichtungen verlangen.

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