Entscheidungsstichwort (Thema)

Beitragspflicht in der freiwilligen Krankenversicherung nach erklärtem Beitritt. Verwaltungsakt ohne Unterschrift. Elektronische Datenverarbeitung. Sozialrechtlicher Herstellungsanspruch

 

Orientierungssatz

1. Für die Rechtswirksamkeit eines Verwaltungsaktes, der mit Hilfe automatischer Einrichtungen erlassen wird, ist abweichend von § 33 Abs. 3 S. 1 SGB 10 nach Abs. 5 S. 1 Unterschrift und Namenswiedergabe nicht erforderlich.

2. Ein Rechtsreferendar ist während der Zeit des juristischen Vorbereitungsdienstes pflichtversichert in der gesetzlichen Kranken- und Pflegeversicherung. Tritt er im Anschluss daran schriftlich der freiwilligen Krankenversicherung nach § 188 Abs. 3 SGB 5 bei, so beginnt nach Abs. 2 die Mitgliedschaft mit dem Tag des Ausscheidens aus dem juristischen Vorbereitungsdienst. Die Höhe der Beitragsverpflichtung bestimmt sich nach § 240 SGB 5 und ist nicht verhandelbar.

3. Folge der Weiterversicherung in der freiwilligen Krankenversicherung ist die Beitragslast nach der Mindestbemessungsgrundlage des § 240 Abs. 4 S. 1 SGB 5.

 

Normenkette

SGB V § 188 Abs. 2-3, § 5 Abs. 1 Nr. 9, § 240 Abs. 4 S. 1; SGB IV § 76; SGB X § 33 Abs. 3 S. 1, Abs. 5 S. 1, § 44 Abs. 1 S. 1

 

Nachgehend

BSG (Beschluss vom 08.03.2018; Aktenzeichen B 12 KR 42/17 B)

 

Tenor

Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Köln vom 27.10.2015 wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Die Klägerin wendet sich gegen die Verpflichtung zur Zahlung von Beiträgen zur freiwilligen Krankenversicherung sowie zur Pflegeversicherung im Zeitraum September 2010 bis März 2011 und bestreitet eine zur Beitragserhebung berechtigende freiwillige Mitgliedschaft.

Die 1979 geborene Klägerin, die zwischenzeitlich als Rechtsanwältin zugelassen ist, stand als Rechtsreferendarin im Zeitraum von Januar 2009 bis August 2010 und April 2011 bis September 2011 beim Land Nordrhein-Westfalen im juristischen Vorbereitungsdienst. In dieser Zeit war sie pflichtversichert in der gesetzlichen Krankenversicherung und der gesetzlichen Pflegeversicherung. Auf einem Fragebogen erklärte sie unter dem 20.09.2010, dass sie nach dem Ende der Versicherungspflicht freiwilliges Mitglied der Beklagten bleiben wolle als Studentin. Sie sei seit dem 01.10.2010 Promotionsstudentin. Handschriftlich ergänzte sie, dass sie den Studentenbeitrag von 64,00 EUR monatlich zahlen werde. Die Verlängerung der Versicherungspflicht beantragte sie nicht.

Bereits unter dem 03.09.2010 hatte die Beklagte die Klägerin unter Verweis auf die beabsichtigte freiwillige Weiterversicherung nach Ende der Beschäftigung um Übersendung von Einkommensnachweisen sowie Rückübersendung des Fragebogens zur Ermittlung des aktuellen Beitrages zur Kranken- und Pflegeversicherung gebeten. Unter dem 23.10.2010 übersandte die Klägerin einen Fragebogen, auf dem sie erklärte, auch weiterhin Mitglied der Beklagten bleiben zu wollen. Auf dem Vordruck änderte sie den Beginn des Versicherungsverhältnisses vom 01.09.2010 auf den 01.11.2010. Sie bestreite ihren Lebensunterhalt aus einer Ersparnis.

Mit Bescheid vom 15.11.2010 setzte die Beklagte die Beiträge zur Krankenversicherung auf monatlich 121,79 EUR und zur weiterhin bestehenden Pflegeversicherung mit 18,74 EUR nach der gesetzlichen Mindestgrenze von 851,67 EUR als Einnahmen fest. Dieser Bescheid nennt keinen Sachbearbeiter und keine Unterschrift ("mit freundlichem Gruß Ihre Techniker Krankenkasse"). Mit weiterem Bescheid vom 15.11.2010 teilte die Beklagte der Klägerin mit, Krankenversicherungspflicht als Student liege nicht vor. Man freue sich, dass sie sich für eine freiwillige Mitgliedschaft entschieden habe.

Unter dem 12.12.2010 widersprach die Klägerin dem Angebot bezüglich einer freiwilligen Mitgliedschaft bei der Beklagten.

Mit Schreiben vom 07.01.2011 erstellte die Beklagte eine Beitragsinformation zum 01.01.2011 und teilte eine Beitragshöhe von sodann insgesamt 145,64 EUR mit. Telefonisch wurde die Klägerin unter dem 18.01.2011 darauf hingewiesen, dass ein Nachweis über eine anderweitige Versicherung ab dem 01.09.2010 benötigt werde, damit die Versicherung storniert werden könne.

Die Klägerin übersandte eine Mitgliedsbescheinigung der AOK Rheinland/Hamburg bezüglich einer ab dem 01.04.2011 bestehenden Mitgliedschaft und berief sich in der Folge darauf, die Mitgliedschaft bei der Beklagten habe mit dem 31.08.2010 geendet, sie habe keine Leistungen in Anspruch genommen und sei auch nicht mehr zahlungsverpflichtet. Sie sei nicht verpflichtet gewesen, auf ein Vertragsangebot zu antworten. Sie habe dem Vertragsschluss aber widersprochen. Eine Rechtsgrundlage für die der Beitragsberechnung zugrundegelegte gesetzliche Mindesteinnahme von 851,67 EUR bestehe nicht.

Mit Schreiben vom 22.02.2011 erläuterte die Beklagte die Rechtslage wie folgt: Nach Ende der Beschäftigung sei ein Fragebogen für die weitere Klärung der Versicherung zugesandt wo...

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