Es muss deshalb ein anderer Weg beschritten werden, um zu einem die Mitarbeiter motivierenden Tarif- und Lohnsystem zu gelangen. Die Privatwirtschaft weist den Weg: Outsourcing heißt das aktuelle Stichwort, Auslagern von Firmenteilen auf Subunternehmen, die nicht tarifgebunden sind.

 
Praxis-Tipp

VW ist an einen Tarifvertrag gebunden, der wesentlich höhere Lohnkosten erfordert als die Tarifverträge der Konkurrenz. Man gliedert ganze Bereiche aus auf Subunternehmen, die nicht diesem teuren Tarifvertrag unterliegen und deshalb erheblich kostengünstiger produzieren können. Und zwar werden nicht nur Sekundärbereiche ausgelagert wie Transport und Lagerhaltung – "just in time-Anlieferung" heißt hier das Zauberwort – sondern auch sog. Primärbereiche. Ganze Baugruppen eines Fahrzeugs werden von Subunternehmen gefertigt. Nur so kann VW zu konkurrenzfähigen Preisen produzieren.

Nun muss der öffentliche Dienst nicht in aller Konsequenz den Weg der Privatindustrie über eine völlige Abkehr der neuen Firma vom Tarifvertrag beschreiten. Es sind durchaus ausgewogene Lösungen BAT-naher Vergü-tungssysteme denkbar. Auf das Vergütungsmodell für nicht normativ tarifgebundene Arbeitgeber (vgl. Struktur) wird verwiesen. Das dort geschilderte Modell kann identisch in der ausgelagerten Firma – GmbH, AG usw. – Anwendung finden, soweit diese Firma dem Arbeitgeberverband nicht beitritt.

6.3.1 Rechtswirkungen der Auslagerung

Die Überführung in eine privatrechtliche Unternehmensform wird anhand der Ausgliederung eines kommunalen Krankenhauses in eine Krankenhaus-GmbH dargestellt.

  • Übernimmt die neugegründete GmbH die Aufgaben des Krankenhauses, die bisher vom Landkreis/von der Stadt wahrgenommen wurden, sowie deren Betriebsmittel, so liegt ein Betriebsübergang nach § 613a BGB[1] vor. Dies bedeutet, dass die Arbeitsverhältnisse aller betroffenen Mitarbeiter in ihrem Bestand auf die GmbH übergehen. Aus Anlass des Betriebsüberganges darf nicht gekündigtwerden.
  • Der Mitarbeiter hat nach der Rechtsprechung das Recht, dem Übergang seines Arbeitsverhältnisses zu widersprechen.[2] Er bliebe demnach Arbeitnehmer des Landkreises/der Stadt, liefe allerdings Gefahr, betriebsbedingt gekündigt zu werden, da die Aufgabe "Krankenversorgung" bei der Kommune nicht mehr vorhanden ist.
  • Bestandteil der Arbeitsverträge der Kommune war der BAT. Der Tarifvertrag wirkte, soweit der Mitarbeiter Gewerkschaftsmitglied ist, normativ Nach § 613a BGB gilt der Tarifvertrag für die übernommenen Arbeitsverhältnisse für die Dauer eines Jahres weiter. Die normative Wirkung ist allerdings beseitigt, wenn die GmbH keinem Arbeitgeberverband beitritt. Der BAT wirkt dann nur schuldrechtlich, d.h. als Bestandteil des Arbeitsvertrages (§ 4 Abs. 5 TVG), für dieses eine Jahr nach. Nach Ablauf dieses einen Jahres bleibt der Tarifvertrag Bestandteil des Arbeitsvertrages, allerdingseingefroren auf dem Stand des Übernahmezeitpunktes. An den Tariferhöhungen der folgenden Jahre nimmt der Mitarbeiter nicht mehr teil.

    Bei Kenntnis dieser Situation sind viele Mitarbeiter durchaus offen für eine einverständliche Vertragsänderung, die auf die Geltung des Lohnsystems des BAT verzichtet. Dies insbesondere, wenn man den Mitarbeitern weitere jährliche Tariferhöhungen in Aussicht stellt.

    Es bleibt jedoch festzuhalten, dass die Vertragsänderung nicht erzwungen werden kann, da ein Kündigungsgrund für eine mögliche Änderungskündigung nicht ersichtlich ist.

  • Wurde in den Arbeitsverträgen der nicht organisierten Mitarbeiter nicht auf eine bestimmte Fassung des Tarifvertrages Bezug genommen, sondern "die jeweils gültige Fassung des Tarifvertrages" vereinbart (sog. dynamische Verweisungsklausel), so hat der Mitarbeiter Anspruch auch auf alle folgenden Tariferhöhungen des BAT.
  • In der Phase der einjährigen Nachwirkung des Tarifvertrages ist der neue Arbeitgeber – die nicht im Arbeitgeberverband befindliche GmbH – gehalten, ein neues Lohnsystem zu erarbeiten. Nach § 87 Abs. 1 Ziffer 10 und 11 BetrVG bzw. § 75 Abs. 3 Ziffer 4 BPersVG ist die Entwicklung eines solchen Lohnsystems mitbestimmungspflichtig, d.h., das System muss gemeinsam mit dem Betriebsrat entwickelt werden.

    Es hat sich erwiesen, dass in dieser Nachwirkungsphase des Tarifvertrages zum Teil von seiten der Gewerkschaft mit Hinweis auf § 77 Abs. 3 BetrVG versucht wird, den Arbeitgeber zum Abschluss eines Haustarifvertrages zu bewegen. Nach § 77 Abs. 3 BetrVG können Arbeitsentgelte, "die üblicherweise durch Tarifvertrag geregelt werden", nicht Gegenstand einer Betriebsvereinbarung sein.

    Hier sei der Hinweis erlaubt, dass § 77 Abs. 3 BetrVG zwar gilt, wenn der Tarifvertrag normativ wirkt, nach der Rechtsprechung jedoch keine Anwendung in der lediglich schuldrechtlichen Nachwirkungsphase findet, vor allem dann nicht, wenn der Arbeitgeber es ablehnt, einen Tarifvertrag zu schließen.[3]

    Der Arbeitgeber kann also nicht gezwungen werden, einen Haustarifvertrag abzuschließen. Letztlich muss die GmbH selbst entscheiden, ob sie ein leistungsbezogenes Lohnsystem in Form eines Haustarifvertrages mit der zustän...

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt TVöD Office Professional. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge