Entscheidungsstichwort (Thema)

Wirksamkeit einer betriebsbedingten Kündigung aufgrund Interessenausgleichs mit Namensliste bei Einsatz von Leiharbeitnehmern

 

Leitsatz (amtlich)

Auch beim Interessenausgleich mit Namensliste hat der Arbeitgeber das Auskunftsverlangen zur Sozialauswahl in gleicher Weise zu erfüllen, wie bei einer Kündigung nach § 1 Abs. 1 KSchG. Werden Leiharbeitnehmer nicht nur für Auftragsspitzen eingesetzt, sondern gelingt es dem Arbeitnehmer darzulegen, dass ein Dauerarbeitsplatz durch Leiharbeitnehmer besetzt ist, ist die Vermutung des § 1 Abs. 5 KschG widerlegt, wenn der Interessenausgleich keine Regelung zum Abbau der durch Leiharbeitnehmer besetzten Arbeitsplätze enthält.

 

Normenkette

KSchG § 1 Abs. 5

 

Verfahrensgang

ArbG Aachen (Entscheidung vom 16.12.2014; Aktenzeichen 4 Ca 2384/14)

 

Tenor

Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Aachen vom 16.12.2014 - 4 Ca 2384/14 - wird auf deren Kosten zurückgewiesen.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten um die Wirksamkeit einer betriebsbedingten Kündigung aufgrund Interessenausgleichs mit Namensliste.

Der am geborene, geschiedene Kläger, Vater von vier Kindern, von denen er noch zweien gegenüber zum Unterhalt verpflichtet ist, ist seit dem 09.06.1980 bei der Beklagten als Betriebsschlosser zu einer monatlichen Bruttovergütung von ca. 3.500 EUR beschäftigt. Die Beklagte kündigte das Arbeitsverhältnis mit Schreiben vom 25.06.2014 zum 31.03.2015. Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des erstinstanzlichen Sach- und Streitstandes wird gemäß § 69 Abs. 2 ArbGG auf den Tatbestand des erstinstanzlichen Urteils Bezug genommen.

Das Arbeitsgericht hat die Kündigungsschutzklage aus zwei Gründen für begründet erachtet. Es hat ausgeführt, dass die Vermutungswirkung des § 1 Abs. 5 S. 1 KSchG deshalb widerlegt sei, weil der Kläger substantiiert dargestellt habe, dass Arbeitsplätze für die Tätigkeit als Betriebsschlosser dauerhaft mit Leiharbeitnehmern besetzt seien. Die Beklagte habe diesen Vortrag des Klägers nicht hinreichend substantiiert bestritten.

Zudem sei die Beklagte verpflichtet gewesen, dem Kläger Auskunft über die Auswahlüberlegungen zur sozialen Auswahl zu geben. Da eine solche nicht erteilt wurde, sei auch die grobe Fehlerhaftigkeit der Sozialauswahl gegeben.

Mit der Berufung vertritt die Beklagte erneut ihre Rechtsansicht, sie müsse zu dem Vortrag des Klägers hinsichtlich des namentlich benannten Leiharbeitnehmers und dessen Einsatz auf einem dauerhaft zu besetzenden Arbeitsplatz nicht substantiiert Stellung nehmen. Der Einsatz von Leiharbeitnehmern zur Abdeckung von Auftragsspitzen sei erlaubt. Weiterhin vertritt die Beklagte die Ansicht, sie müsse im Falle der Kündigung aufgrund Interessenausgleich mit Namensliste keine Auskünfte zur Sozialauswahl geben, insbesondere dem Kläger gegenüber nicht darstellen, welche Arbeitnehmer sie für vergleichbar gehalten habe und welche Kriterien mit welchem Gewicht sie zu Grunde gelegt habe, die zur Auswahl gerade des Klägers geführt haben. Die Beklagte legt ihrer Berufungsbegründung unkommentiert eine Liste sämtlicher Arbeitnehmer, die bei Kündigungsausspruch im Arbeitsverhältnis zur Beklagten standen, bei. Diese Liste enthält u.a. das Geburtsdatum, den Familienstand, die auf der Steuerkarte eingetragene Kinderfreibeträge sowie den Beginn des Arbeitsverhältnisses und gegebenenfalls einen vorhandenen Grad der Behinderung in Prozent.

Die Beklagte beantragt,

das Urteil des Arbeitsgerichts Aachen vom 16.12.2014 -Az. 4 Ca 2384/14- abzuändern und die Klage abzuweisen.

Der Kläger beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Mit der Berufungserwiderung trägt der Kläger vor, dass die Beklagte in der Zwischenzeit entschieden hat, den Produktionsstandort zum 31.03.2016 vollständig einzustellen und sie deshalb dem Kläger unter dem 06.05.2015 den Abschluss eines Abwicklungsvertrages zum 28.02.2016 angeboten hat. Eine weitere Kündigung wurde bisher nicht ausgesprochen.

Weiter trägt der Kläger vor, dass die Beklagte den Betriebsschlosser B , der als Leiharbeitnehmer dauerhaft eingesetzt wurde, auch über den 31.03.2015 hinaus weiterbeschäftigt. Der Kläger rügt weiterhin, dass die überreichte Liste mit den Sozialdaten und Namen sämtlicher Mitarbeiter nicht den Auskunftsanspruch des Klägers erfülle. Die Betriebsschlosser P und U seien jedenfalls erheblich weniger schutzwürdig als er. Weiterhin bleibe es dabei, dass die unstreitig gegebene Besetzung der Pförtnerposition mit Leiharbeitnehmern die Kündigung des Klägers unwirksam mache, da die Beklagte eine Änderungskündigung hätte aussprechen müssen.

In der mündlichen Verhandlung hat die Beklagte eingeräumt, dass vom Ausspruch der Kündigung bis zum 31.03.2015 unstreitig ein Leiharbeitnehmer dauerhaft als Betriebsschlosser eingesetzt war. Dies sei wegen der zunächst beabsichtigten teilweisen Verlagerung von Maschinen erforderlich gewesen. Es sei ursprünglich beabsichtigt gewesen, die Tätigkeit dieses Leiharbeitnehmers mit Verlagerung der Maschinen z...

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