Gegen diese Entscheidung ist kein Rechtsmittel gegeben (§ 92 Abs. 1 S. 3 i. V. m. § 85 Abs. 2 ArbGG).

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

einstweilige Verfügung. Beschlussverfahren. Zutritt. Gewerkschaft. Gewerkschaftbeauftragter. Betrieb. Hausrecht. Arbeitgeber

 

Leitsatz (redaktionell)

Einem Gewerkschaftssekretär kann ausnahmsweise aus dem Gesichtspunkt des Rechtsmissbrauches das Zutrittsrecht nach § 2 Abs. 2 BetrVG verwehrt werden. Dies setzt aber voraus, dass der betreffende Gewerkschaftssekretär den Betriebsfrieden nachhaltig gestört oder den Arbeitgeber grob beleidigt hat und eine Wiederholung des Verhaltens zu befürchten steht.

 

Normenkette

ArbGG § 85 Abs. 2; ZPO §§ 935, 940; BetrVG § 2 Abs. 2, §§ 31, 46 Abs. 1 S. 1

 

Verfahrensgang

ArbG Bocholt (Beschluss vom 24.02.2005; Aktenzeichen 3 BVGa 1/05)

 

Tenor

Die Beschwerde der Arbeitgeberin gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Bocholt vom 24.02.2005 – 3 BVGa 1/05 wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass der Tenor folgende Fassung erhält:

Die Arbeitgeberin wird im Wege der einstweiligen Verfügung verpflichtet, den Zutritt der Gewerkschaftssekretärin A1xx P2xxxxx zu den Betriebsgeländen und Räumen der Filialen G4xxxxxxxxxxxxxxx und B4xxxxxx und der Gewerkschaftssekretärin B5xxx R2xxx zu den Betriebsgeländen und Räumen der Filialen N2xxxxxxxxxx und H4xxxxx zwecks Beratung der Betriebsräte einschließlich der Teilnahme an Betriebsratssitzungen unter den Voraussetzungen des § 31 BetrVG und der Teilnahme an Betriebsversammlungen nach § 46 Absatz 1 Satz 1 BetrVG zu dulden.

Der Arbeitgeberin wird für den Fall der Zuwiderhandlung ein Ordnungsgeld bis zu 10.000,00 EUR angedroht.

 

Tatbestand

I.

Von der Darstellung des Tatbestandes wird abgesehen (§ 313 a Abs. 1 S. 1 ZPO).

 

Entscheidungsgründe

II.

Die zulässige Beschwerde der Arbeitgeberin ist unbegründet.

Der antragstellenden Gewerkschaft steht sowohl ein Verfügungsanspruch wie auch ein Verfügungsgrund zu, um von der Arbeitgeberin im Wege des Erlasses einer einstweiligen Verfügung (§ 85 Abs. 2 ArbGG) die Duldung des Zutritts zweier Gewerkschaftssekretärinnen zum Betrieb in dem sich aus dem Tenor ergebenden Umfang verlangen zu können.

1. Der Verfügungsanspruch folgt aus § 2 Abs. 2 BetrVG sowie aus § 31 und § 46 Abs. 1 S. 1 BetrVG.

Nach § 2 Abs. 2 BetrVG hat der Arbeitgeber Zutritt zu gewähren, wenn eine im Betrieb vertretene Gewerkschaft zur Wahrnehmung ihrer betriebsverfassungsrechtlichen Aufgaben, die in § 31 und § 46 Abs.1 S. 1 BetrVG hinsichtlich der Teilnahme an Betriebsratssitzungen und Betriebsversammlungen spezialgesetzliche Ausformungen erfahren haben, Beauftragte in den Betrieb senden. In dem Zusammenhang obliegt ausschließlich der Gewerkschaft die Auswahlentscheidung (z. B. BAG AP Nr. 1 zu § 45 BetrVG; ErfK/ Eisemann, 5. Aufl., § 2 BetrVG Rdnr. 6; Fitting, BetrVG, 22. Aufl., § 2 Rdnr. 69). Allerdings kann der Arbeitgeber ausnahmsweise unter dem Gesichtspunkt des Rechtsmissbrauchs (§ 242 BGB) einem bestimmten Gewerkschaftsbeauftragten aus Gründen in dessen Person den Zutritt verweigern, wenn dieser in der Vergangenheit den Betriebsfrieden nachhaltig gestört oder den Arbeitgeber grob beleidigt hat und eine Wiederholung des Verhaltens zu befürchten steht (BAG AP Nr. 1 und Nr. 2 zu § 45 BetrVG; DKK/Berg, BetrVG, 9. Aufl., § 2 Rdnr. 38; ErfK/Eisemann a.a.O.; Fitting, a.a.O.; GK-BetrVG/Kraft, Bd. I, 7. Aufl., § 2 Rdnr. 74, jeweils mit weiteren Nachweisen).

Diese Voraussetzungen sind hier im Falle der beiden Gewerkschaftssekretärinnen R2xxx und P2xxxxx nicht erfüllt.

Dagegen spricht schon entscheidend, dass sie bei der Abfassung und Verbreitung der Schreiben vom 16. und 22.11.2004 gar nicht im betriebsverfassungsrechtlichen Rahmen tätig geworden sind. Vielmehr haben sie sich, gestützt auf Artikel 9 Abs. 3 GG, außerhalb des Betriebs der Arbeitgeberin direkt an „alle ver.di – Mitglieder” im Münsterland bzw. im Bezirk Osnabrück – Emsland gewandt und in dem Schreiben – zugegebenermaßen teilweise sehr pointiert – als Gewerkschaftsvertreterinnen ihre Sicht der Dinge zum vorangegangenen Rundschreiben der Arbeitgeberin vom 12.11.2004 ausschließlich gegenüber ihren Mitgliedern zum Ausdruck gebracht. Wenn sich die Arbeitgeberseite namentlich in Person des Mitgeschäftsführers R1xx K2xxx dadurch unter anderem diffamiert bzw. verleumdet gefühlt hat, kann er dagegen mit den rechtsstaatlich gebotenen Mitteln vorgehen (siehe Schreiben vom 25. und 30. 11 2004, jeweils am Ende). Es ist aber nicht gerechtfertigt, den beiden Gewerkschaftssekretärinnen zugleich zu versagen, ihre betriebsverfassungsrechtlichen Aufgaben wahrzunehmen; denn sie haben zu keinem Zeitpunkt das Haus- bzw. Gastrecht des Arbeitgebers missachtet (vgl. LAG Hamm DB 1978, 844).

In dem Zusammenhang darf auch nicht unerwähnt bleiben, dass es die Arbeitgeberin war, die durch ihrer Mitteilung vom 12.11.2004, gerichtet an die Betriebsöffentlichkeit, Veranlassung gegeben hat zur Abfassung der hier streitrelevanten Schreiben der beiden Gewerkschaftssekretärinnen. Statt beispielsweise mit dem Ge...

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